Städtische Hilfen für die Innenstadt gefordert

Stadtmarketingverein und Gemeinderat wünschen sich mehr Engagement, um ein Ausbluten zu verhindern.

Während des Lockdowns blieb die Innenstadt oft gähnend leer. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Während des Lockdowns blieb die Innenstadt oft gähnend leer. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Nach den Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch herrscht auch in Backnang die Hoffnung, dass Einzelhändler und Gastronomen bald wieder öffnen dürfen. Doch die monatelangen Zwangsschließungen haben Spuren hinterlassen, und selbst nach dem Ende des Lockdowns werden die Kunden wohl nur langsam in die Läden zurückkehren. Massenveranstaltungen wie etwa der Tulpenfrühling sind auf absehbare Zeit ohnehin utopisch.

Im Gemeinderat mehren sich deshalb die Stimmen, die von der Stadt Backnang mehr Unterstützung für die Gewerbetreibenden fordern. „Ich mache mir große Sorgen um die Innenstadthändler“, sagt etwa SPD-Stadträtin Siglinde Lohrmann. Wenn die Stadt den Geschäftsleuten jetzt nicht unter die Arme greife, werde mancher womöglich gar nicht mehr öffnen. Ähnlich sieht es Rolf Hettich, der selbst lange Jahre ein Sportgeschäft in Backnang geführt hat: „Da muss viel mehr gemacht werden“, fordert der CDU-Stadtrat und verweist auf das Beispiel Schorndorf: Dort hat der Gemeinderat kürzlich ein 350000 Euro teures Maßnahmenpaket beschlossen, um den örtlichen Handel zu stützen. So überweist die Stadt Schorndorf zum Beispiel Zuschüsse an Vermieter, die Einzelhändlern oder Gastronomiebetrieben einen Mietnachlass gewähren. Außerdem vergibt sie zinslose Darlehen und hat einen Härtefallfonds gegründet, der Betriebe finanziell unterstützt, deren Existenz akut bedroht ist. Auch Städte wie Tübingen oder Esslingen haben eigene Unterstützungsfonds gegründet, um den lokalen Gewerbetreibenden in der Krise unter die Arme zu greifen.

In Backnang gab es eine ähnliche Idee bereits vor einem Jahr: Auf Initiative von Oberbürgermeister Frank Nopper wurde damals zusammen mit der Bürgerstiftung ein Coronahilfsfonds eingerichtet, der insgesamt 52000 Euro an Unternehmen und Vereine ausschüttete. 15 Gewerbetreibende kamen damals zum Zug. Darüber hinaus verzichtet die Stadt seit einem Jahr auf die sonst üblichen Sondernutzungsgebühren für die Außengastronomie und gewährt Schuldnern zinslose Stundungen.

Einzelhändler Martin Windmüller vom Vorstand des Stadtmarketingvereins würde sich allerdings ein noch weiter gehendes Engagement der Stadt wünschen. Vor allem Mode- und Schuhgeschäfte, die überwiegend saisonale Ware anbieten, hätten massive Liquiditätsprobleme. „Wenn sich die Vielfalt in der Innenstadt nicht noch weiter reduzieren soll, brauchen wir Unterstützung“, sagt Windmüller. Konkrete Ideen, wie die Stadt den Gewerbetreibenden helfen könnte, will der Vorstand des Stadtmarketingvereins Mitte März bei einem Gespräch mit der Verwaltung vorbringen.

Erster Bürgermeister Siegfried Janocha bremst allerdings die Erwartungen: „Der städtische Haushalt ist defizitär. Da haben wir keine Möglichkeit, Riesenbeträge zur Verfügung zu stellen.“ Das sieht auch Stadtmarketing-Manager Simon Köder so: „Wir können die Händler unterstützen, aber wir können sie nicht strukturell retten.“ Das Einzige, was Handel und Gastronomie jetzt wirklich helfe, sei eine rasche Öffnung.

Köder und seine Kollegin Nadine Thoman machen sich bereits intensiv Gedanken darüber, wie man den Neustart der Händler nach dem Lockdown nach Kräften unterstützen kann. So plane man zum Beispiel ein coronagerechtes Alternativprogramm zum Tulpenfrühling, verrät Köder. Außerdem wolle man ein neues, digitales Gutscheinsystem einführen – auch weil die Backnanger Einkaufsgutscheine aus Papier einen hohen Verwaltungsaufwand verursachen.

Einen weiteren Ausbau der digitalen Angebote fordern auch mehrere Stadträte: Die Stadt solle den Händler eine Plattform zur Verfügung stellen, über die sie ihre Produkte online anbieten können, schlägt CDU-Stadtrat Gerhard Ketterer vor. Auch ein System, über das Kunden individuelle Termine für Einkauf oder Beratung vereinbaren können, würde den Händlern helfen, glaubt die CDU-Fraktionsvorsitzende Ute Ulfert.

Neue Wege müsse die Stadt auch bei den Events gehen, findet Rolf Hettich. Weil Großveranstaltungen auf absehbare Zeit nicht möglich seien, müsse man viele kleine Events auf die Beine stellen, um die Stadt zu beleben. Außerdem würde er sich als Ausgleich nach dem langen Lockdown mehr verkaufsoffene Sonntage wünschen. Die Rechtslage gibt das laut Simon Köder allerdings nicht her: Verkaufsoffene Sonntage erlaubt der Gesetzgeber bislang nur in Kombination mit größeren Veranstaltungen. Die sind wegen der Coronabeschränkungen momentan aber nicht möglich.

Städtische Hilfen für die Innenstadt gefordert

© Edgar Layher

„Wir können die Händler unterstützen, aber wir können sie nicht strukturell retten.“

Simon Köder,

Stadtmarketing-Manager

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Erstellt:
5. März 2021, 06:00 Uhr

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