Startschwierigkeiten mit der Quarantäne

Weil manche Bewohner des Asylbewerberheims in Großaspach trotz Anordnung die Container verlassen haben, überwacht nun ein Security-Dienst die Einhaltung der Quarantäne. Auch in Backnang hat es in einer Unterkunft einen Coronafall gegeben.

Alle Bewohner der Asylbewerberunterkunft in der Marbacher Straße sind unter Quarantäne gestellt worden. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Alle Bewohner der Asylbewerberunterkunft in der Marbacher Straße sind unter Quarantäne gestellt worden. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

ASPACH/BACKNANG. Nachdem in der Flüchtlingsunterkunft in der Marbacher Straße drei Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet worden sind, steht derzeit die gesamte Einrichtung unter Quarantäne. Auf großes Verständnis sind die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung allerdings nicht gestoßen, als sie den Bewohnern am Freitag den Quarantänebescheid ausstellten und übermittelten. „Die betreffenden Personen haben geäußert, dass sie es nicht verstehen“, erklärt Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. Sie hätten in ihrem Heimatland mit Ebola und anderen Schwierigkeiten zu tun gehabt und sähen Corona daher nicht als größere Bedrohung an, hieß es. Nach Angaben des Landratsamts wohnen in der Unterkunft insgesamt derzeit 48 Männer. „Der Großteil der Unterkunft hat die Quarantäne bereitwillig akzeptiert.“ Am Freitag hätten sich Einzelne jedoch zunächst nicht an die Quarantäne gehalten.

Die Bürgermeisterin weiß um die Probleme, die sich daraus ergeben haben: „Manche sind am gleichen Tag noch einkaufen gegangen oder standen an der Bushaltestelle.“ Die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und des Sozialdienstes hätten daraufhin versucht, auf die Menschen einzuwirken und sie wieder in ihre Unterkunft zu schicken. Am Abend sei sogar die Polizei dazu bemüht worden: „Wir haben dringend an das Landratsamt appelliert, dass wir in dieser Sache Hilfe brauchen“, erklärt Welte-Hauff. Am Samstagabend sei daraufhin auch ein Security-Dienst zum Einsatz gekommen. Dieser ist seitdem rund um die Uhr an der Unterkunft stationiert und überwacht, dass die Quarantäne eingehalten wird. Das Vorgehen sei mit der Polizei abgestimmt, sagt die Sprecherin des Landratsamts. Auf einen Bauzaun rund um die Einrichtung, wie er in einer ähnlichen Situation im September von der Asylbewerberunterkunft in der Hohenheimer Straße in Backnang errichtet wurde, wurde hingegen verzichtet.

Keine Umquartierung nach Althütte-Sechselberg.

Dass die Situation für die Bewohner der Unterkunft nicht leicht ist, weiß auch Sabine Welte-Hauff. Sie habe Verständnis für deren Wunsch, sich auch außerhalb des Heims aufhalten zu können. „Aber hier gilt es, die Bevölkerung in Aspach zu schützen“, macht sie klar. Gerade in dieser Gegend seien viele ältere Menschen unterwegs, die als besondere Risikogruppe gelten. „Wir erwarten schon, dass sich die Personen in Quarantäne genauso verhalten wie alle anderen auch, denen der Bescheid erteilt wird.“ Eine Unterbringung von Infizierten in einer getrennten Unterkunft sei hingegen nicht möglich.

Für die Bewohner der Unterkunft bedeutet die Quarantäne laut Landratsamt, dass für sie die gleichen Regeln wie bei der „häuslichen Quarantäne“ für Menschen in privatem Wohnraum gelten. „Die Infizierten sind dabei innerhalb der Unterkunft von den Kontaktpersonen getrennt – wie es auch für Privathaushalte empfohlen wird. Dabei geht es vor allem um zeitliche und räumliche Trennung, vor allem was die Gemeinschaftsräume angeht.“ Die Caritas stelle eine Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen Einkäufen sicher. In der Praxis werde das von den Bewohnern nicht so streng gehandhabt, weiß Welte-Hauff. „Sie bewegen sich übergreifend in den Zimmern.“ Die drei bestätigten Coronafälle seien in beiden Geschossen aufgetreten, aufgrund der beengten Situation könne man den drei positiv Getesteten nicht ein gesamtes Geschoss zuweisen. Die Aspacher Bürgermeisterin hat auch nachgefragt, ob die Infizierten womöglich in der Isolierunterkunft für an Covid-19 erkrankte Flüchtlinge in Althütte-Sechselberg unterkommen könnten. „Vom Land haben wir die Rückmeldung bekommen, dass keine passende Einrichtung greifbar ist.“

Die Stadt Backnang hatte Ende Oktober in der Hohenheimer Straße Container aufgestellt, die in solchen Fällen als Schutzunterkünfte dienen sollen (wir berichteten). Diese sind „fertig eingerichtet und stehen zur Verfügung, wie die städtische Pressesprecherin Christine Wolff bestätigt. In sieben Wohncontainern mit zwei Sanitär- und einem Küchencontainer können bis zu 14 Personen untergebracht werden. „Bislang sind die Container aber zum Glück nicht gebraucht worden“, so Wolff. Die Unterkunft bleibt daher leer. Nach einem aktuell aufgetretenen Coronafall in einer städtischen Unterkunft in der Gartenstraße sei die betroffene Familie sofort in ein anderes Gebäude verlegt worden. Dieses sei zur Verfügung gestanden und habe sich besser geeignet als die Schutzunterkunft in der Hohenheimer Straße. Alle anderen Bewohner wurden vorerst in Quarantäne gestellt. „Wir klären jetzt mit dem Gesundheitsamt ab, ob wir dort eine Reihentestung durchführen“, erklärt Wolff.

Ein weiterer Todesfall in Zusammenhang mit Corona

Insgesamt 49 Neuinfektionen mit dem Coronavirus hat das Landratsamt Rems-Murr bis zum gestrigen Nachmittag verzeichnet. Damit steigt die Gesamtzahl aller Infizierten seit Beginn der Pandemie auf 6690 an. Aktuell befinden sich kreisweit noch 646 Infizierte in Quarantäne. Die meisten Infizierten weisen die Städte Waiblingen (109) und Fellbach (79) auf, ohne aktive, registrierte Coronafälle sind derzeit die Gemeinden Großerlach und Kaisersbach.

Ein weiterer Todesfall im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung wurde zudem gestern bestätigt, womit die Zahl der Todesfälle auf 122 gestiegen ist. Die Sieben-Tage-Inzidenz des Landkreises liegt derzeit bei einem Wert von 155. Der Rems-Murr-Kreis bleibt somit Risikogebiet, die Coronaampel zeigt noch immer Rot.

An Schulen und Kitas im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung gab es in den vergangenen Tagen mehrere neue Fälle: In Allmersbach im Tal ist im Kinderhaus Mozartweg ein Kind positiv getestet worden, weswegen zwei Gruppen geschlossen wurden. In der Gemeinschaftsschule am Bildungszentrum in Weissach im Tal wurde ein Schüler positiv getestet. Wegen eines Coronafalls im Umfeld der Kindertagesstätte Weinstraße in Aspach wurde eine Gruppe für den Rest der Woche geschlossen. Nach Angaben der Gemeinde lassen sich die betroffenen Personen aktuell testen. Bei negativem Ergebnis werde die Gruppe umgehend wieder geöffnet, heißt es.

Im stationären Hospiz in Backnang gab es – Stand gestern Nachmittag – ebenfalls einen bestätigten Coronafall.

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Erstellt:
1. Dezember 2020, 06:00 Uhr

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