Tag X lässt noch etwas auf sich warten

Entwickelt sich der Inzidenzwert weiter günstig, dürfen die Beherbergungsbetriebe im Rems-Murr-Kreis bald auch wieder private Gäste bei sich aufnehmen, wenn diese die notwendigen Voraussetzungen erfüllen.

Dagmar Gruber hat zu ihrer im Grünen gelegenen Ferienwohnung in Germannsweiler schon viele Anfragen für den Sommer. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Dagmar Gruber hat zu ihrer im Grünen gelegenen Ferienwohnung in Germannsweiler schon viele Anfragen für den Sommer. Foto: J. Fiedler

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG/MURRHARDT. „Jeder freut sich und hofft, dass es losgeht“, sagt Michael Matzke mit Blick auf die sinkende 7-Tage-Inzidenz im Rems-Murr-Kreis. Sollte sie weiter sinken und fünf Tage lang nicht die 100er-Marke überschreiten, könnten die Betriebe der Beherbergungsbranche bald ihre Tore öffnen für alle Gäste, die entweder geimpft oder genesen sind oder aber ein negatives Testergebnis vorweisen können. In einigen Landkreisen sei das bereits der Fall, so Matzke, der als Kreischef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) freilich froh wäre, wenn das für die Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze in seinem Geschäftsgebiet auch bald möglich würde.

Dass der Zeitpunkt noch nicht feststeht, wann genau es wieder mit der Beherbergung privater Gäste losgehen kann, sieht Matzke durchaus als Schwierigkeit für so manchen Betrieb. „Wie schnell geht das, und wie schnell muss es dann gehen?“, spricht er die Unwägbarkeiten an, denen die Unternehmer gegenüberstehen, wenn sie ihre Logistik planen wollen. Für eine kleine Kneipe sei das sicher leichter als für ein Restaurant mit einer aufwendigen Karte aus frischen Waren. Auch für die Lieferanten stelle die Situation eine Herausforderung dar. „Wenn ich als Betreiber erst am Mittwoch erführe, dass ich Samstag aufmachen kann, wäre das zu kurzfristig“, so Matzke weiter. Das pandemische Geschehen mache es aber eben auch der Politik nicht leicht, die Vorgaben einfach und für jeden nachvollziehbar zu halten.

In den Beherbergungsbetrieben muss nun auf die drei Gs bei den Gästen geachtet werden.

Die Dehoga empfiehlt ihren Mitgliedern, technische Lösungen wie die Apps Luca und Cosima in Anspruch zu nehmen. „Allein schon, um von der Zettelwirtschaft wie im letzten Jahr wegzukommen“, erinnert Matzke an die Listen, die im vergangenen Sommer in vielen gastronomischen Betrieben auslagen, damit die Gäste ihre Kontaktdaten zur Nachverfolgung einer möglichen Infektion eintragen konnten. Dass seine Branchenkollegen fortan auch „die drei Gs“ bei ihren Gästen kontrollieren sollen, nämlich ob sie geimpft, getestet oder genesen sind, sieht Matzke durchaus kritisch: „Die Authentizität der Dokumente zu überprüfen, dürfte schwierig werden.“ Selbst Tests für die Gäste im eigenen Betrieb anzubieten, sei möglich, aber nicht für jeden Betrieb sinnvoll. Das lohne sich wahrscheinlich erst für ein Hotel ab 100 Betten, schätzt Matzke.

„Bis Oktober sind bei uns alle Buchungen für die Wochenenden storniert“, berichtet Hendrik Wahl vom Hotel Gerberhof in Backnang. Da bis dato keine größeren Feiern mehr stattfinden konnten, reduzierte sich eben auch die Zahl der Leute, die nach einer Hochzeit oder Geburtstagsfeier ein Hotel in Anspruch nehmen, auf null. In der Woche halten sich aber sehr wohl Gäste im Hotel Gerberhof auf. Dabei handelt es sich um Geschäftsreisende, die im Zusammenhang mit den umliegenden Firmen häufig auch aus dem Ausland nach Backnang kommen. „In der Woche war hier also noch einigermaßen Betrieb“, erzählt Wahl weiter. Die entsprechenden Hygienekonzepte liegen vor und werden ordnungsgemäß erfüllt. So gab es immer wieder auch Gäste, beispielsweise aus England, die ihre vorgeschriebene Quarantänezeit auf dem Zimmer absolvierten, schildert der Backnanger Hotelier. „Die wurden von ihrer Firma mit allem Nötigen versorgt. Dinge wie Wasserkocher und dergleichen stellen wir ihnen zur Verfügung.“

Einen großen Vorlauf für die bevorstehende Öffnung wird man im Gerberhof nicht haben. „Wir sind nicht betriebsmäßig runtergefahren und hatten nicht geschlossen. Kaffee, Butter, Müsli – die Dinge, die wir für unser Frühstück vorhalten müssen, haben wir da oder kaufen sie kurzfristig im Einzelhandel ein. Das geht in der Gastronomie nicht so einfach“, lenkt Wahl den Blick auf jene Branchenakteure, die „sich zum Teil sehr durchstrampeln mussten“, wie er sagt. Auch er selbst ist dankbar, dass es diverse Hilfen durch den Staat gab, etwa in Form von Überbrückungsgeld und der Möglichkeit zur Kurzarbeit für die Beschäftigten. Das habe seinem Betrieb sehr geholfen, um den Wegfall der Einnahmen durch die privaten Gäste halbwegs aufzufangen. Der Januar sei für ihn ein besonders schlechter Monat gewesen, der März hingegen gut, der April nur durchwachsen. Jetzt, im Mai, sehe es auch eher schlecht aus, wie er aufzählt.

Dass sein Haus nach der anstehenden Öffnung an den Wochenenden wieder voll mit Privatgästen sein wird wie ehedem, hofft er zwar, aber er sagt auch: „Ich bin skeptisch, dass die verlorenen Buchungen nachgeholt werden.“ Gespräche mit Gästen, die bei ihm storniert haben und die ihre Feiern aufgrund der Pandemie und der damit zusammenhängenden Verordnungen mitunter mehrfach verschieben mussten, verstärken seine Skepsis. Wahl: „Aber grundsätzlich sind wir startklar.“

Stephanie Zeh sieht einer baldigen Öffnung in ihrem Geschäftsfeld indessen mit Zuversicht entgegen, auch wenn sie sich zwischenzeitlich „ziemlich alleingelassen“ fühlte. Sie betreibt den Campingplatz Waldsee in Fornsbach im Stadtgebiet Murrhardt. Das Geschäft hat sie Ende 2019 von ihrer Mutter übernommen, als sie von der Coronakrise noch nichts ahnen konnte.

Stephanie Zeh ist froh,

dass sich mit der Murrhardter Verwaltung reden lässt.

Vergangenes Jahr hatte sie einigen Ärger mit dem Ordnungsamt aufgrund einiger Unstimmigkeiten über die damals aktuellen Coronabestimmungen. Immer auf dem Laufenden zu sein, was die gerade gültige Rechtslage betrifft, sei sehr schwierig. „Ich bin echt froh, dass wir so eine nette Gemeindeverwaltung haben“, so Zeh weiter. Mit deren Mitarbeitern habe sie reden können. Nur seien die Verwaltungsleute teilweise auch überfordert gewesen mit den oft ganz kurzfristigen Änderungen der Verordnungen. Derzeit hat sie nur einen Monteur auf ihrem Platz. Mit den Buchungen für Pfingsten, die sie vorliegen hat, wird es nun leider doch nichts werden. Bis die 7-Tage-Inzidenz im Rems-Murr-Kreis fünf Tage lang unter 100 gelegen haben wird, sodass sie ihren Platz für die geimpften, genesenen oder getesteten Gäste öffnen kann, werde Pfingsten wohl schon vorbei sein, so Zeh am Mittwoch. Sie müsse den Leuten also leider absagen. Bei den jüngsten Buchungen fiel ihr übrigens auf, dass die Leute vorwiegend Zweier-, Dreier- und auch Viererplätze suchen. Das Bedürfnis, mit mehreren Menschen zusammen zu sein und die Campingzeit zu genießen, sei also deutlich spürbar. Überhaupt ist Zeh zuversichtlich, dass es auch in diesem Jahr nicht an Gästen auf ihrem Terrain in Fornsbach mangeln wird. Schon vergangenes Jahr sei der Platz gut besucht gewesen. Auch mit Blick auf ihre Stammkunden und das Sommernachtsfest am Waldsee geht sie davon aus, dass es dieses Jahr wieder voll wird bei ihr.

Ausgebucht ist derweil die Ferienwohnung, die Dagmar Gruber in Germannsweiler seit Februar 2020 anbietet. Das Landhaus Gruber wird zurzeit von Geschäftsreisenden der umliegenden Firmen genutzt. Sie hat für den kommenden Sommer bereits eine ganze Reihe privater Anfragen für das im Grünen gelegene Domizil vorliegen. Aus den Buchungsportalen im Internet, wo sie mit ihrer Ferienwohnung vertreten ist, hat sie ihr Angebot zeitweilig herausgenommen, damit nicht noch mehr Buchungsanfragen kommen. „Die Leute buchen nicht mehr so langfristig im Voraus. Das geht oft von einer Woche auf die nächste, von einem Tag auf den nächsten“, hat sie zuletzt beobachtet. Zudem seien es meist Gäste, die Familie oder Freunde im Raum Backnang haben und in die Region kommen, um ihre Leute zu besuchen und vielleicht nebenher auch noch etwas in der Region zu unternehmen. Rein touristische Besuche seien eher selten.

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Erstellt:
21. Mai 2021, 06:00 Uhr

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