Testpflicht wird kaum kontrolliert

Ungeimpfte Beschäftigte müssen sich zweimal pro Woche testen, falls sie Kundenkontakt haben. Bei Hinweisen darauf, dass Coronaregelungen missachtet werden, führen örtliche Behörden Kontrollen durch. Eine Kontrolle der Testpflicht ist bislang jedoch nicht umsetzbar.

Rosalia Moriello (rechts) beaufsichtigt ihre Mitarbeiterin dabei, wie sie einen Corona-Schnelltest durchführt. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Rosalia Moriello (rechts) beaufsichtigt ihre Mitarbeiterin dabei, wie sie einen Corona-Schnelltest durchführt. Foto: A. Becher

Von Anja La Roche

Backnang. Rosalia Moriello ist eine Expertin, wenn es um Espresso, Bedienung und Personal geht — Kompetenzen, die sie als Inhaberin des Backnanger Eiscafés „Dolomiti“ braucht. Neuerdings hat Moriello aber noch eine neue, ganz andere Aufgabe: Sie beaufsichtigt ihre zwei ungeimpften Mitarbeiter dabei, wenn sie sich auf das Coronavirus testen. Denn seit dem 15. Oktober ist von der Landesregierung vorgeschrieben, dass sich Beschäftigte mit Kundenkontakt zweimal die Woche testen, wenn sie weder geimpft noch genesen sind.

Die Arbeitnehmer haben zwei Möglichkeiten sich zu testen: Entweder vor einer Person, welche die Befugnis zur Testaufsicht hat; oft sind das Kollegen oder Vorgesetzte. Oder sie lassen sich extern testen, zum Beispiel bei einem Testcenter. Moriello beaufsichtigt die Testung der betroffenen Mitarbeiter immer montags und donnerstags. Für ihr Team stelle das kein Problem dar, sagt sie. Neben all den anderen Regelungen sei das keine große Umstellung.

Nachdem es den ungeimpften Angestellten des Eiscafés zuvor selbst überlassen war, ob sie sich testen oder nicht, müssen sie nun ihre Testergebnisse vier Wochen lang aufheben, um sie auf Nachfrage den Behörden vorlegen zu können. Das ist die Vorgabe des Sozialministeriums, wie Pascal Murmann Sprecher des Ministeriums, bestätigen kann. Die Gesundheitsämter sind zuständig für stichprobenartige Kontrollen.

Bei einem Verstoß gegen die Testpflicht drohen keine Konsequenzen

Das Ordnungsamt in Backnang ist für Kontrollen zuständig, bei denen ein konkreter Verdacht vorliegt. Kontrollen der Testpflicht für Beschäftigte führe das Ordnungsamt bislang jedoch nicht durch, sagt Gisela Blumer, Leiterin des Ordnungsamts in Backnang. Dies habe arbeitsrechtliche Gründe, erklärt sie. Wegen des Datenschutzes der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber sei es bislang nicht möglich, die dokumentierten Tests zu prüfen. Kommt ein Verstoß gegen die Testpflicht dennoch ans Licht, so drohen dem Betroffenen auch keine Konsequenzen.

Bei schwerpunktmäßigen Kontrollen vergangene Woche musste das Ordnungsamt bei 11 von 42 Gastronomiebetrieben ein Verfahren einleiten, weil sie nicht alle Maßnahmen des Sozialministeriums eingehalten haben. „Das ist ein gutes Ergebnis“, so Blumer. Die Testpflicht wurde dabei aus erwähnten Gründen nicht kontrolliert.

Lara Kolloch ist selbst von der Testpflicht betroffen, denn sie hat bisher noch kein Interesse an einer Impfung gehabt, wie sie selbst sagt. Die junge Verkäuferin in der Filiale von Binder Optik in Backnang muss sich deshalb zweimal die Woche testen und die Tests dokumentieren. Das stört sie aber nicht. „Getestet hat man sich vorher auch schon“, sagt Kolloch. Daher macht sich die Testpflicht für sie nicht wirklich bemerkbar.

Hört man sich bei den Betrieben um, hat anscheinend niemand ein Problem mit der Testpflicht, zumal die meisten inzwischen geimpft seien. Zudem seien die Tests inzwischen viel günstiger als noch vor fünf Monaten. „Damals hat ein Test etwa sechs Euro gekostet, jetzt sind es nur etwa 1,15 bis 1,30 Euro, wenn man schaut, wo man sie einkauft“, sagt Andrea Kaiser-Pfeil von „Kasies Frisuren“ in Weissach im Tal.

Einen größeren Blick auf die neu eingeführte Testpflicht hat Michael Matzke, der Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands im Rems-Murr-Kreis. Kontrollen hält er für wichtig: „Das soll ja motivieren, damit die Testpflicht komplett eingehalten wird.“ Und wenn die Coronamaßnahmen missachtet werden, solle auch rigoros durchgegriffen werden, so Matzke.

Matzke hält die Testpflicht für richtig. Insgesamt genügen ihm die Coronamaßnahmen allerdings nicht. „Es kann nicht sein, dass man von Kunden verlangt, die drei Gs zu haben und zeitgleich ungetestete Mitarbeiter auf die Gäste loslässt“, sagt er. Damit spielt er auf diejenigen Beschäftigten an, die sich womöglich nicht an die Testpflicht halten. „Es ist komisch als Kunde, wenn man nicht weiß, ob der Angestellte eines der Gs hat oder nicht“, sagt er. Zudem bemängelt Matzke, dass die Schnelltests nicht aussagekräftig seien. Das Wichtigste bleibe daher das stetige Bemühen um eine hohe Impfquote. Matzke geht sogar noch weiter: „Eine Impfpflicht wäre das Beste, um die Zahlen in den Griff zu kriegen.“

Rund um die Testpflicht

Testpflicht Geimpft, genesen oder getestet — das gilt seit dem 16. August für Kunden von Dienstleistungen. Personen, die nicht geimpft oder nicht genesen sind, brauchen ein gültiges Testzertifikat. Seit dem 15. Oktober gilt die Testpflicht auch für Beschäftigte, die eine kontaktnahe Dienstleistung ausführen, wie Verkäufer und Friseure. Diese müssen sich zweimal pro Woche testen und die Ergebnisse vier Wochen lang aufheben.

Testkosten Seit 11. Oktober trägt jeder selbst die Kosten für einen Test. Der Bund übernimmt die Kosten nur noch bei spezifischen Personengruppen. Seit 20. April müssen Unternehmen ihren Beschäftigten mindestens zweimal pro Woche kostenlose Tests zur Verfügung stellen.

Testaufseher Da die testpflichtigen Personen einen gültigen Testnachweis benötigen, müssen sie entweder zu einem professionellen Testanbieter gehen oder sich von einer entsprechend geschulten Person beaufsichtigen lassen. Das kann jeder sein — beispielsweise der Arbeitgeber oder ein Kollege. Um Tests beaufsichtigen zu dürfen, ist es allerdings notwendig, einen entsprechenden Kurs zu absolvieren.

Testaufkommen Seit die Coronatests etwas kosten, kamen zunächst viel weniger Kunden in die Testcenter. Vor allem die Kunden, die sich trotz Impfung testeten, seien weggefallen, so Noah Schästlmeier vom Testcenter-Betreiber Minessa Medical. Diese Tendenz kehre sich in den vergangenen Tagen wieder um: Korrelierend zu den steigenden Infektionszahlen nehme auch die Kundenzahl in den Testcentern wieder zu. Die neue Testpflicht für Beschäftigte habe sich hingegen nicht bemerkbar gemacht, so Schästlmeier.

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Erstellt:
27. Oktober 2021, 06:00 Uhr

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