Trauung mal anders und trotzdem schön

Viele Termine für Eheschließungen sind von der Coronakrise betroffen – Paare und Standesämter handhaben es unterschiedlich

Die einen trauen sich, die anderen trauen sich nicht. Ob so oder so, wer den Termin für seine Trauung so gewählt hat, dass er nun in die Coronakrise fällt, muss oftmals umdisponieren. Hochzeiten werden verschoben oder mit reduziertem Personenkreis abgehalten. Sowohl für die Brautpaare als auch die Standesämter ist vieles anders.

Ein geschmückter Schlepper und strahlende Gesichter beim Brautpaar Chris und Esther Rau: In Zeiten von Corona finden standesamtliche Trauungen zwar oft anders statt als ursprünglich geplant. Schön lässt sich der Hochzeitstag aber dennoch gestalten. Foto: privat

Ein geschmückter Schlepper und strahlende Gesichter beim Brautpaar Chris und Esther Rau: In Zeiten von Corona finden standesamtliche Trauungen zwar oft anders statt als ursprünglich geplant. Schön lässt sich der Hochzeitstag aber dennoch gestalten. Foto: privat

Von Nicola Scharpf

BACKNANG/ALTHÜTTE. „Heiraten wollten wir unbedingt.“ Das stand für Esther und Chris Rau fest – auch als klar wurde, dass ihre standesamtliche Trauung coronabedingt ganz anders ablaufen wird als geplant. Eigentlich wollten die Frischvermählten zusammen mit 25 Gästen ins Standesamt und danach zu Hause weiterfeiern. Es kam anders. „Das kann auch schön sein“, sagt Esther Rau. „Es war sehr schön“, bekräftigt Chris Rau. Das Standesamt Althütte hatte die Gästezahl zunächst auf acht Personen begrenzt und wenige Tage vor der Trauung dann weiter auf vier Personen reduziert.

Einen Tag vor der standesamtlichen Hochzeit haben die Familien des Paares einen Polterabend organisiert. Esther und Chris Rau waren mit dem Schmücken des Schleppers beschäftigt, der sie am nächsten Tag zum Standesamt fahren sollte. „Wir wussten nichts davon“, sagt Esther Rau. „Sie haben einen Plan gemacht, wer zu welcher Uhrzeit kommt. Alle 15 Minuten stand jemand anderes da, der etwas zum Poltern mitgebracht hat. Selbstverständlich wurde der Abstand eingehalten.“ Braut und Bräutigam haben sich gefreut über diese Überraschung, mit der sie nicht gerechnet hatten. Am nächsten Tag sind sie also mit dem Schlepper zum Standesamt gefahren in der Annahme: Braut, Bräutigam und die beiden Trauzeugen werden der Zeremonie beiwohnen. Aber vor dem Standesamt standen schon, in gebührendem Abstand zueinander freilich, die Eltern – Überraschung Nummer zwei. „Wir haben auch damit gar nicht gerechnet“, sagt Esther Rau.

Im Trauzimmer sitzen die Trauzeugen normalerweise links und rechts vom Brautpaar. Bei der Hochzeit der Raus standen sie, zwei Meter Abstand haltend, hinter dem Paar. Und auch der Standesbeamte, Bürgermeister Reinhold Sczuka, war auf Distanz. „Wir beide mussten aber keinen Abstand halten“, lachen Esther und Christ Rau. Damit die nicht anwesenden Gäste die Zeremonie nachverfolgen können, wurde gefilmt. Als die Frischvermählten das Standesamt wieder verlassen haben, wartete im Freien Überraschung Nummer drei in Form von weiteren Verwandten und Freunden, die sich zum Spalier aufstellten. „Das war schon bissle eine Reihe“, sagt Esther Rau im Hinblick auf die Abstand wahrenden Spaliersteher. Beim Sekttrinken hat die Feierrunde aufs Anstoßen verzichtet und nur die Gläser auf das Brautpaar gehoben. Abends, zu zweit zu Hause, haben sich Esther und Chris Rau ihr Essen vom Restaurant abgeholt. „Wir haben das Beste aus der Situation gemacht“, lassen sie den Tag Revue passieren. „Für uns war es perfekt und überhaupt nicht deprimierend.“ Die Angehörigen fanden es zwar schade, im Standesamt nicht dabei sein zu können, haben es aber akzeptiert. Schließlich kommt auch noch die kirchliche Trauung, die für den 30. Mai geplant ist, und mit ihr die Hoffnung, dass alle richtig miteinander feiern können.

Viele Paare verschieben den Termin auf den Herbst oder das nächste Jahr

Esther und Chris Rau sind eines von vielen Paaren, deren Hochzeitstermin in Zeiten von Corona liegt. Viele Trauungen werden verschoben, einige finden in geänderter Form statt. Beim Standesamt in Weissach im Tal zum Beispiel sind alle Trauungen im April vonseiten der Brautpaare verschoben worden. Nur eine Trauung hat jüngst stattgefunden, bei der Braut und Bräutigam nur zu zweit waren und lediglich ihre Unterschriften geleistet haben, so die Auskunft von Standesbeamtin Hilal Kasap. Ähnlich die Situation in Murrhardt: Seit die Coronaverordnung in Kraft getreten ist, hat es nur eine Trauung gegeben. Die übrigen Termine haben die Brautpaare auf den Herbst oder ins nächste Jahr verschoben. Anita Proppe, die Sachgebietsleiterin des Backnanger Standesamts, hat „keine große Verschiebungswelle festgestellt“. Der Tenor sei, dass im Monat April die meisten Paare an ihrem Termin festhalten. Mehrere Paare hätten sich, aus ganz verschiedenen Beweggründen, auch in den vergangenen zwei Wochen trauen lassen – darunter Paare, die ein Kind erwarten oder bei denen die Partner über 60 Jahre alt sind oder bei denen die Braut mit einem Visum zur Eheschließung aus dem Ausland eingereist ist. „Eheschließende haben die Möglichkeit, zu heiraten“, sagt Proppe. Es gebe keine Absagen seitens der Stadt. „Auch in diesen Zeiten ist es wichtig, die Ehe schließen zu können“, sagt die erfahrene Standesbeamtin, die ihren Beruf seit 31 Jahren ausübt. In dieser Zeit hat sie schon viel gesehen und erlebt. Als Backnang noch ein Krankenhaus hatte, hat sie beispielsweise auch Nottrauungen, bei denen ein Partner vom Tod bedroht ist, abgehalten. „Das prägt einen ein bisschen.“ Paare sollten daher die Sicherheit der Ehe haben können, wenn einem der beiden etwas passiert.

Längst ist eine standesamtliche Trauung kein reiner Verwaltungsakt mehr, so Proppe. Die Zeremonie werde heute durch eine individuelle Ansprache an das Paar oder auch durch Heirat in besonderen Räumen oder an besonderen Orten ausgeschmückt. Wobei die Stadt Backnang Hochzeiten in der Zeit von Corona nur im Trauzimmer abhält, auf Eheschließungen an anderen Lokalitäten wird verzichtet. Es gebe eine gesetzliche Vorgabe, dass die Trauung in einer der Bedeutung der Ehe entsprechenden würdigen Form stattfinden soll, und eine Verwaltungsvorschrift, die sich auf die Räumlichkeiten bezieht, sagt Proppe. „Wie die Trauung abgehalten wird, ist Hoheit der Gemeinde.“ Die Stadt Backnang traue daher nur mit dem Brautpaar und keinen weiteren Beteiligten. In Murrhardt dagegen können Trauzeugen und die Eltern des Brautpaars der Zeremonie beiwohnen – wobei sich das jederzeit ändern könne, verweist Standesbeamtin Iris Leib auf die sich schnell ändernden Vorschriften. In Kirchberg an der Murr liegt die Höchstzahl der teilnehmenden Personen sogar bei zehn, so Standesbeamtin Hanna Selig.

Von mieser Stimmung ob der widrigen Coronaumstände haben die Standesbeamtinnen bei den Eheschließungen der letzten Zeit jedenfalls nichts bemerkt. „Die waren nicht negativ gelaunt“, sagt Hilal Kasap von der Gemeinde Weissach im Tal. Im Gegenteil, so Anita Proppe über die Heiratswilligen in Backnang: „Die Paare waren so superglücklich, dass sie überhaupt heiraten durften. Sie waren sehr, sehr zufrieden. Die Paare kamen sogar schick angezogen und mit Sträußchen. Richtig schön.“

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Erstellt:
8. April 2020, 11:30 Uhr

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