Job-Wünsche
10.000 Euro netto für die GenZ?
Psychologin Ines Imdahl entlarvt unrealistische Gehaltsvorstellungen und Scheinwelten durch Social Media. Aber sind Generationen-Klischees überhaupt haltbar?

© IMAGO/Zoonar
Bloggen kann man auch per Smartphone auf Reisen – und so das ganze Leben verbringen?
Von Michael Maier
Die Generation Z, geboren zwischen 1997 und 2010, steht im Fokus vieler Diskussionen. Oft werden die jungen Leuten dafür kritisiert, unrealistische Erwartungen an Beruf und Gehalt zu haben. Doch was steckt wirklich hinter diesen Vorwürfen? Ein aktuelles Interview der FAZ (Paywall) mit der Psychologin Ines Imdahl, Expertin für die Generation Z, wirft ein differenziertes Licht auf die Thematik.
Gen Z: 10.000 Euro Gehalt oder sozialer Abstieg?
Imdahl, Gründerin der tiefenpsychologischen Forschungsagentur „Rheingold Salon“, betont im Gespräch mit der FAZ, dass viele junge Menschen tatsächlich hohe Gehaltsvorstellungen hätten: „Die Jugendlichen wollen zwischen 6000 und 10.000 Euro netto monatlich verdienen – und zwar nicht erst irgendwann, sondern möglichst bald nach dem Berufseinstieg.“
Diese Zahlen basieren auf einer repräsentativen Studie mit über 1000 Teilnehmern. Konkret werden bei jungen Frauen im Schnitt 6300 Euro netto genannt und bei jungen Männern 8000 Euro.
Doch woher kommen diese hohen Erwartungen? Imdahl sieht mehrere Ursachen. Zum einen gebe es einen gewissen Kontrollverlust: Die Gen Z wachse in einer Zeit globaler Krisen auf – Digitalisierung, Inflation, Kriege, Klimawandel. Das erzeuge ein Gefühle, denen mit dem Wunsch nach finanzieller Sicherheit begegnet wird.
Scheinwelt von TikTok und Instagram
Eine Rolle spielen offenbar aber auch Social-Media-Plattformen, denn Instagram und TikTok sind voll von „Psycho-Coaches“, die behaupten, dass man „mit dem richtigen Mindset“ alles erreichen könne. Das führt laut Imdahl dann zu unrealistischen Erwartungen und Vergleichen.
Allerdings geht es der Gen Z nicht nur ums Geld. Laut Rheingold-Salon wünschen sich 85 Prozent vor allem einen Job, der sie glücklich macht. Die Suche nach dem „Traumjob“, der dauerhafte Euphorie verspricht, ist demnach für manche sogar wichtiger als die Partnersuche.
Bis zu 40 Prozent der jungen Leute brechen ihre Ausbildung oder ihr Studium laut Rheingold wieder ab – aber vielleicht nicht aus Jux und Tollerei, sondern aufgrund einer neuen Ernsthaftigkeit und dem Wunsch nach einem erfüllten Leben?
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Auch im privaten Bereich sollen für die Gen Z traditionelle Werte zumindest teilweise eine gewisse Rolle spielen, heißt es. Und manch ein Boomer dürfte im Job inzwischen bemerkt haben, dass man sich von den jungen Digital Natives in mancher Hinsicht eine Scheibe abschneiden kann.
Das Wahlverhalten der Generation Z scheint indes instabil zu sein und vor allem auf die Extreme von Linken und AfD zu setzen, während die saturierten Grünen nicht mehr undifferenziert unterstützt werden.
Generation Z – was soll das sein?
Im Übrigen argumentiert der Sozialforscher Martin Schröder im Gespräch mit unserer Redaktion, dass Generationen-Klischees wenig aussagekräftig seien. Schröder stützt sich dabei auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und kommt zu dem Schluss: „Empirisch gibt es keine Generationen. Sie sind ein Mythos, kein messbarer Fakt.“
Der Wissenschaftler argumentiert, dass Unterschiede zwischen jungen und älteren Menschen oft auf den „Alterseffekt“ zurückzuführen seien: Jüngere Leute sehen Arbeit anders als ältere. Außerdem gibt es den „Periodeneffekt“: Wir denken heute alle anders als früher. Die Generationenzugehörigkeit spiele dabei aber eine untergeordnete Rolle.
GenZ, Unternehmen und Arbeitsmarkt
Psychologin Imdahl warnt Unternehmen trotzdem davor, sich zu sehr auf die Gen Z zu konzentrieren und ein Schlaraffenland bieten zu wollen (mehr Geld, 100 Prozent Homeoffice, schnelle Beförderungen). Das schaffe ein Ungleichgewicht in den Teams und sei nicht nachhaltig.
Stattdessen plädiert sie für eine vielfältige Altersstruktur und eine realistische Kommunikation mit jungen Mitarbeitern. Man solle vermitteln, dass Glück nicht nur aus Euphorie besteht, sondern auch aus Durchhaltevermögen und Zufriedenheit mit dem Erreichbaren.
Ines Imdahl ist Diplom-Psychologin, Buchautorin und Vortragsrednerin. Gemeinsam mit Jens Lönneker gründete sie 2011 die Rheingold Salon GmbH, eine Agentur für qualitative Markt- und Medienforschung mit Fokus auf tiefenpsychologische Analysen. Imdahl berät auch Unternehmen in Fragen der Mitarbeiterführung und -kommunikation.