„Miss Germany“ rückt junge Frauen in ein anderes Licht

dpa Rust. Selfies und Videobotschaften statt Bikini-Runden auf dem Laufsteg: Teilnehmerinnen von „Miss Germany“ sollen sich zeitgemäßer und digitaler präsentieren. Der traditionsreiche Schönheitswettbewerb erhofft sich dadurch ein besseres Image. Und holt mehr Bewerberinnen.

Die 16 Kandidatinnen für die Wahl der diesjährigen „Miss Germany“ stehen nebeneinander. Foto: Patrick Seeger/dpa

Die 16 Kandidatinnen für die Wahl der diesjährigen „Miss Germany“ stehen nebeneinander. Foto: Patrick Seeger/dpa

Im Bikini muss keine der Frauen mehr auf den Laufsteg, Schönheitsideale sollen weniger zählen als Social-Media-Kompetenzen. „Miss Germany“, laut Veranstalter der älteste und bedeutendste Schönheitswettbewerb in Deutschland, setzt sein neues Konzept um. Nach #MeToo-Debatten und jahrelanger Kritik bekommt der seit 93 Jahren laufende Wettbewerb ein moderneres Kleid. Und trägt so einem sich ändernden Frauenbild und Rollenverständnis Rechnung, wie die Organisatoren betonen. Gewählt wird die diesjährige „Miss Germany“ am 15. Februar im Europa-Park in Rust bei Freiburg. Dort haben nun, mit ersten Fotoaufnahmen, die Vorbereitungen begonnen.

„Ein klassischer Schönheitswettbewerb, bei dem sich junge Frauen in Badebekleidung den Blicken und dem Votum einer überwiegenden männlichen Jury stellen, ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Max Klemmer (24), Junior-Chef der Miss-Germany-Corporation, die den jährlichen und seit 1927 bestehenden Wettbewerb veranstaltet. Dieses Jahr läuft „Miss Germany“ daher den Angaben zufolge erstmals mit einem neuen Konzept, an dem vier Jahre gearbeitet worden sei.

„Wir wollen ein Model-Contest fürs digitale Zeitalter sein“, sagt Klemmer, der sich von der Kurskorrektur auch ein besseres Image für den Wettbewerb verspricht. „Miss Germany“ beschränke sich nicht mehr allein auf das Äußere. Nun stünden die Persönlichkeit, der Charakter und die Lebensgeschichte der Frauen im Mittelpunkt. Gespräche mit den Kandidatinnen, Foto- und Videopräsentationen sowie Showelemente sollen mehr Bedeutung bekommen.

„Miss Germany“ sieht sich damit auch als Gegenentwurf zu Heidi Klums umstrittener Fernseh- und Castingshow „Germany’s Next Topmodel“. So wurden die seit Jahrzehnten praktizierten Vorwahlen auf Städte-, Regional- und Bundesländerebene gestrichen. Junge Frauen, die bei „Miss Germany“ ins Finale wollen, mussten sich erstmals über Social Media und Videopräsentationen bewerben. „Optik alleine reichte nicht“, sagt eine Kandidatin: „Inhalte waren gefragt.“ So müssten Frauen ihre Kandidatur inhaltlich begründen, von ihrem Leben erzählen sowie Werte und Ziele benennen, für die sie sich engagierten.

Diese Form der Kandidatur sei gut angenommen worden, sagt Klemmer. Beworben um einen der 16 Plätze hätten sich diesmal deutschlandweit mehr als 7500 junge Frauen. In den Vorjahren waren es jeweils nur rund 5000 Frauen und damit deutlich weniger. Um sich für „Miss Germany“ zu qualifizieren, hatten sich junge Frauen bislang in Einkaufszentren, Hotels und früher auch in Diskotheken auf dem Laufsteg präsentieren müssen. Damit ist laut Klemmer nun Schluss.

Neu ist auch die Zusammensetzung der Jury. Erstmals wird sie komplett aus Frauen bestehen, Männer sind nicht dabei. Entscheiden, wer „Miss Germany“ wird, werden diesmal unter anderem RTL-Moderatorin Frauke Ludowig (56) sowie die frühere CSU-Politikerin Dagmar Wöhrl (65) aus der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“. Wöhrl war 1977 „Miss Germany“.

Eine wesentliche Änderung hatte es bereits vor einem Jahr gegeben. Die Vorstellungsrunde im Bikini oder anderer Bademode wurde nach Jahrzehnten ersatzlos gestrichen. Sie soll es auch künftig nicht mehr geben, sagt Klemmer. Zudem können in diesem Jahr neben der Jury erstmals auch Publikum und Online-Zuschauer abstimmen. Die Siegerin darf dann auf das Titelbild einer Modezeitschrift - auch das ist neu. Vor „Miss Germany“ hatte 2018 schon der US-Schönheitswettbewerb „Miss America“ auf die Bikini-Runde verzichtet.

Um den Titel der „Miss Germany“ bemühen sich laut Veranstalter in diesem Jahr Kandidatinnen im Alter von 18 bis 35 Jahren. Schülerinnen sind den Angaben zufolge ebenso mit dabei wie Studentinnen und Auszubildende. Hinzu kommen unter anderem eine Polizistin, eine Start-up-Unternehmerin sowie eine Flugbegleiterin. Am Donnerstag (30. Januar) starten die 16 Frauen zu einem einwöchigen Vorbereitungscamp nach Ägypten, um sich fit für die Wahl am 15. Februar zu machen.

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Erstellt:
28. Januar 2020, 05:19 Uhr

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