Emissions-Hotspot

24.000-mal schädlicher als CO2: Stärkstes Treibhausgas im Südwesten freigesetzt

In Süddeutschland haben Messungen eine zuvor unerkannte Quelle von Schwefelhexafluorid aufgedeckt, dem stärksten bisher bekannten Treibhausgas. Die neuentdeckte Emission kommt aus der Region um Heilbronn.

Schwefelhexafluorid (SF6) wurde bis zum Verbot 2006 als Füllgas für Sportschuhe und als Isoliergas in Schallschutzfenstern verwendet.

© Imago/Zoonar

Schwefelhexafluorid (SF6) wurde bis zum Verbot 2006 als Füllgas für Sportschuhe und als Isoliergas in Schallschutzfenstern verwendet.

Von Markus Brauer

Das Gas Schwefelhexafluorid (SF6) ist ungiftig, geruchlos, nicht brennbar und chemisch stabil. Deshalb galt es lange als harmlos. Das fluorierte Gas (eine Substanz mit Fluor versetzt oder angereichert ist) wurde bis zum Verbot im Jahr 2006 als Füllgas für Sportschuhe und als Isoliergas in Schallschutzfenstern verwendet. Heute findet sich SF6 vor allem als Isolier- und Schutzgas in elektrischen Schaltanlagen der Mittel- und Hochspannungstechnik.

Extrem klimaschädliches Treibhausgas

Schwefelhexafluorid ist allerdings das stärkste bekannte Treibhausgas: Ein Kilogramm davon trägt ebenso stark zur Erderwärmung bei wie rund 24 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2). Deshalb müssen alle Staaten ihre SF6-Emissionen regelmäßig an das UN-Klimasekretariat melden.

Deutschland meldete beispielsweise für das Jahr 2021 den Ausstoß von 88,6 Tonnen Schwefelhexafluorid, davon rund 68 Prozent aus der Entsorgung von alten Schallschutzfenstern.

„Allerdings beruht dies größtenteils auf den freiwilligen Angaben der Industrie und Schätzungen“, schreiben Katharina Meixner von der Goethe-Universität Frankfurt und ihre Kollegen, die im Fachjournal „ACS Environmental Science & Technology – Air (2025)“ veröffentlicht ist.

Emissionsquelle im Südwesten lokalisiert

Aus diesem Grund ist auch unsicher, wie verlässlich diese Daten sind. Unbemerkte und illegale Emissionen sind in der Statistik zudem nicht erfasst. Die Forscher haben mit Messungen und Computermodellen eine Emissionsquelle für das klimaschädliche Gas Schwefelhexafluorid (SF6) in Baden-Württemberg ausfindig gemacht, die bisher nicht in der deutschen Klimabilanz berücksichtigt wird.

Das Team um Andreas Engel vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität betreibt seit einigen Jahren die Messstation am Taunus Observatorium. „Von allen europäischen Messstationen des Netzwerkes registrieren wir am Taunus Observatorium die höchsten SF6-Konzentrationen“, berichtet Engel. „Das hat uns stutzig gemacht. Besonders, weil die höchsten Werte bei südlicher Anströmung auftreten.“

Region Heilbronn als SF6-Hotspot

Noch höhere Konzentrationen fanden die Forscher in Luftproben des ICOS - Netzwerkes (Integrated Carbon Observation System) aus Karlsruhe. Die höchsten Emissionen stammen den Analysen zufolge aus der Region Heilbronn mit rund 30 Tonnen pro Jahr. Das entspricht etwa einem Drittel der gesamten deutschen SF6-Emissionen.

Allerdings weisen die Wissenschaftler darauf hin, dass diese Mengen mit Blick auf die globalen SF6-Emissionen von rund 8000 Tonnen vergleichsweise gering sind – zu denen alleine China mit rund 5000 Tonnen pro Jahr beiträgt.

„Eine solche regionale Verteilung der Emissionen passt nicht zu den bisherigen Annahmen, wonach die Emissionen hauptsächlich aus der Entsorgung alter Schallschutzfenster stammen sollten“, erklärt Katharina Meixner. „Auffallend ist allerdings, dass sich in diesem Gebiet die einzige uns bekannte Produktions- und Recyclinganlage für SF6 in Europa befindet.“

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Erstellt:
4. Dezember 2025, 11:06 Uhr
Aktualisiert:
4. Dezember 2025, 11:24 Uhr

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