3:1 – auf die Pfiffe folgt der Pflichtsieg
Die DFB-Elf tut sich beim Erfolg im WM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland am Sonntagabend lange schwer, betreibt aber in Köln am Ende doch Wiedergutmachung für die blamable 0:2-Niederlage gegen die Slowakei. Serge Gnabry, Nadiem Amiri und Florian Wirtz treffen.
Von Carlos Ubina
Köln - Es hat zwischendurch Pfiffe gegeben am Sonntagabend in Köln, der Auftritt der DFB-Elf im zweiten WM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland geriet phasenweise erschreckend – am Ende aber stand ein 3:1-Sieg samt klarer Leistungssteigerung nach einer knappen Stunde: Das Team des Bundestrainers Julian Nagelsmann hat also nach der Blamage von Bratislava drei Tage zuvor einen Sieg gegen einen international allenfalls zweitklassigen Gegner gefeiert – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Nagelsmann hatte nach dem peinlichen 0:2 in der Slowakei auf fünf Positionen gewechselt. So rückten Waldemar Anton, David Raum, Robin Koch, Jamie Leweling vom VfB Stuttgart und Pascal Groß in die erste Elf. Dafür müssen Jonathan Tah, Maximilian Mittelstädt, Angelo Stiller (beide VfB) Nnamdi Collins und Leon Goretzka raus.
Für das frühe 1:0 und den so ersehnten ersten Befreiungsschlag auf dem Platz sorgten allerdings zwei Profis, die beim Offenbarungseid von Bratislava auch schon von Beginn an auf dem Platz gestanden hatten. Nick Woltemade eroberte in der siebten Minute an der Mittellinie den Ball – und mit diesem direkten Kontakt schickte er Serge Gnabry gegen weit aufgerückte Nordiren auf die Reise. Der Offensivmann des FC Bayern war qua seiner Geschwindigkeit frei durch und erzielte dann qua seiner Technik die Führung: Sein Lupfer geriet elegant, der Jubel danach war eine Mischung aus Erleichterung und Ekstase.
Von solch tollen Gefühlslagen allerdings waren die deutsche Elf und ihre Fans in Köln-Müngersdorf dann in der Folge weit entfernt. Denn im Spiel nach vorne lief längst nicht mehr alles so flüssig, schnell und begeisternd wie beim frühen 1:0. Eine große Chance gab es bis zur Pause nicht mehr – auch, weil die langen Diagonalbälle aus der Abwehrreihe selten ihr Ziel vorne fanden und dort allgemein Esprit, Mut sowie die letzte Durchschlagskraft fehlten.
Und hinten, in der Defensive? Da war das Nagelsmann-Team nach der Schmach von Bratislava darauf bedacht, wirklich jede Aktion des Gegners konzentriert und konsequent zu verteidigen – was angesichts der biederen Nordiren zunächst kein großes Kunststück war. Bis, ja bis das Unheil nach einer knappen halben Stunde seinen Lauf nahm. Innenverteidiger Antonio Rüdiger, schon beim 0:2 gegen die Slowakei ein Schwachpunkt der deutschen Elf, leistete sich einen unnötigen Ballverlust, und die in der Offensive bis dahin nicht in Erscheinung getretenen Nordiren bekamen Eckball. Die Kugel flog von rechts im hohen Bogen an den zweiten Pfosten zu Isaac Price, der in der 34. Minute freistehend gekonnt zum 1:1 vollenden konnte. Ein Schock, von dem sich die DFB-Elf zunächst nicht erholte.
Denn das Nagelsmann-Team brachte bis zur Halbzeit nach vorne nichts mehr zustande und war extrem verunsichert. Zur Pause gab es ein Pfeifkonzert von den Rängen. Sollte sich die Krise beim selbst ernannten Anwärter auf den WM-Titel 2026 also im Spätsommer anno 2025 weiter verschärfen?
Die ersten Minuten der zweiten Hälfte lieferten zunächst eine verheerende Antwort. Bieder, mutlos, kraftlos, das war der deutsche Auftritt nach dem Wiederanpfiff. Ein Querpass reihte sich an den nächsten – den bis dahin letzten deutschen Torschuss hatte es in Minute 23 gegeben.
Dann traute sich VfB-Rechtsaußen Leweling von außen nach innen und zog mit links ab, sein Schuss streifte in der 58. Minute knapp am langen Eck vorbei – es sollte eine Initialzündung sein. Denn danach schossen vier Minuten später nach einem Freistoß erst Raum und dann Groß aufs Tor, ehe Anton wenig später einen Kopfball drüber setzte. In der 67. Minute wiederum spielte Kimmich einen Steilpass auf Florian Wirtz, der an Keeper Bailey Peacock-Farrell scheiterte.
Es gab also wieder Dinge, die Hoffnung machten – und in der 69. Minute das, was man in Köln zwischendurch lange Zeit nicht mehr für möglich gehalten hatte: Ekstase. Eine Flanke aus dem hinteren linken Halbfeld von Raum flog an Freund und Feind vorbei und landete beim eingewechselten Torschützen Nadiem Amiri, der nur noch einschieben musste. Das Team nahm den Schwung nach dem 2:1 mit. Allen voran Wirtz, der drei Minuten nach der Führung mit einem wunderbaren Freistoß zum 3:1 traf – bei dem es bis zum Ende bleiben sollte.