32 Jugendliche leben eine Woche zusammen

Bei der „Woche gemeinsamen Lebens“ in Kirchberg an der Murr erleben junge Menschen, wie man zusammen das Leben organisiert, Probleme löst und über seinen persönlichen Glauben spricht.

Beim Abendessen mit selbst gekochtem Gulasch, Nudeln und Salat ist die Stimmung ausgelassen. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Beim Abendessen mit selbst gekochtem Gulasch, Nudeln und Salat ist die Stimmung ausgelassen. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Valentin Schmid

Kirchberg an der Murr. „Besuch ist immer willkommen“, sagt Jessica Weiler strahlend. Sie sitzt mit ein paar weiteren jungen Frauen im Esszimmer. Vorletzten Sonntag haben 32 junge Menschen das Vereinsheim des CVJM Kirchberg bezogen, um für eine Woche in einer großen Wohngemeinschaft (WG) zusammenzuleben. Die meisten kommen aus Kirchberg an der Murr, „es sind aber auch ein paar aus anderen Orten dabei“, erzählt Jessica Weiler und zählt neben Erbstetten und Backnang auch Steinheim an der Murr auf.

Am Anfang kannten sich nicht alle, mittlerweile sind fast nur noch Spitznamen zu hören. Die jüngste Mitbewohnerin ist 14, der älteste Mitbewohner 21 Jahre alt. Es gebe aber nicht unbedingt eine feste Aufteilung in Mitarbeiter und Teilnehmer, meint Charlotta Weber: „Es ist ja auch kein Kinderprogramm.“ Auch der Jugendreferent des EC (Entschieden für Christus) Kirchberg, Lucas Hain, ist dabei. Die Aktion finde bewusst während der Schulzeit statt, erläutert der 29-jährige Lucas Hain, der zu dieser Aktion eingeladen hatte. Jeder gehe seinen normalen Arbeits- und Freizeitaktivitäten nach. Mindestens fünf Bewohner seien aber immer vor Ort. Hain: „Das Coolste daran ist es, das Leben miteinander zu teilen, mit allen Höhen und Tiefen.“

Beim Lernen und Kochen muss man auf die Bedürfnisse aller achten

Am Vormittag gebe es immer auch produktive Phasen, erklärt Lotta Holwein. Jeder der nicht zu Schule, Uni oder Arbeit muss, arbeite dann für sich und sei trotzdem in guter Gemeinschaft. Was für den einen eine gewisse Ablenkungsgefahr darstellt, kann für den anderen eine große Hilfe sein. Ein Schüler hatte Schwierigkeiten mit Wahrscheinlichkeitsrechnung, erinnert sich Lotta Holwein. Da wären ihm gleich sechs andere zur Hilfe geeilt, inklusive alten Unterrichtsmaterialien und lebensnahen Beispielen zum Mathethema.

Zuhause auf Zeit: das CVJM-Vereinsheim

© Tobias Sellmaier

Zuhause auf Zeit: das CVJM-Vereinsheim

Die meiste Zeit geht es in der WG aber doch eher entspannt zu. In der großen Küche neben dem Esszimmer kann man sich jederzeit ein Müsli oder Snack zubereiten. Der Einfachheit halber falle die Wahl meistens auf Sandwich, so Lotta Holwein. Im geräumigen Wohnzimmer, normalerweise der Veranstaltungssaal des CVJM, fand am Montag ein Spieleabend statt. Ansonsten wird dort Gitarre gespielt oder auch einfach zusammengesessen. In der Mitte des Raums sammelt eine Spielekonsole, eingerahmt von mehreren Sofas, eifrig ihre Betriebsstunden.

„Die Menge ist schwer einzuschätzen“

Aus der Küche ist mittlerweile lautstarker Gesang zu hören, was wohl daran liegt, dass der Abwasch mit musikalischer Untermalung deutlich mehr Spaß macht. Damit sich während der Aktionswoche niemand nur von Sandwichs und Süßigkeiten ernähren muss, ist jeden Tag ein kleines Team für die Küche zuständig. „Es wird immer abends gekocht, weil da alle da sind“, erklärt die 21-jährige Jessica Weiler. An einem Abend gab es Maultaschen, erzählt sie weiter, doch leider hätten nicht mal 15 Packungen ausgereicht, um alle Bewohner satt zu machen. „Die Menge ist schwer einzuschätzen“, resümiert Lotta Holwein. Auch sei Rücksicht gefragt, wenn es um die Planung der Mahlzeiten geht. So gebe es zum Beispiel meistens zwei getrennt zubereitete Gerichte, weil gleich fünf der Bewohner eine Glutenunverträglichkeit haben. „Man achtet halt auf alle“, sagt Jessica Weiler. Daraus könnten jedoch auch neue Ideen entstehen wie die Salatbar am Dienstag, bei der sich jeder selbst seine Lieblingszutaten auswählen konnte.

Zum gemeinsamen Leben gehören natürlich auch etliche kleine Schwierigkeiten. „Es wird dauernd etwas gesucht, vor allem Schuhe, Handys und Ladekabel“, meint Jessica Weiler schmunzelnd, „dafür findet man überall Kleingeld.“ Auch dass es nur ein Badezimmer für 15 Frauen gibt, sei natürlich schwierig, bisher habe es aber kaum Wartezeiten gegeben.

Auch in den Zimmern der Bewohner gibt es eher weniger zu sehen. Nur für zwei von ihnen hat es für ein Einzelzimmer gereicht, die meisten teilen sich einen Raum mit vier oder fünf anderen. „Aber es ist cool, mit Leuten im Zimmer zu wohnen, mit denen man Spaß haben kann“, meint Malte Layher. „Mit denen man auch mal Quatsch machen kann“, ergänzt Frederick Weber grinsend. In der ersten Nacht wäre es in ihrem Jungszimmer auch zu später Zeit noch recht laut gewesen, dann habe es Beschwerden von Seiten der Mädels gegeben.

Auch das geistliche Leben wird miteinander geteilt

Generell sei natürlich ein Vertrauensvorschuss nötig, um auf so engem Raum zusammenzuleben, da sind sich die beiden 16-Jährigen einig. „Uns verbindet es, dass wir Christen sind“, sagt Malte Layher. „Während der Woche kann man auch mal über schwierigere Themen reden, die im Alltag keinen Platz finden.“

Der persönliche Glaube sieht nicht bei jedem der Jugendlichen identisch aus. Aber er steht jedes Mal im Mittelpunkt, wenn gegen 21 Uhr die ganze WG zu einem Tagesabschluss zusammenkommt. Dann werden christliche Lieder gesungen und Jugendreferent Lucas Hain hält eine kurze Andacht. Im Anschluss werden Anliegen für das gemeinsame Gebet ausgetauscht. „Man betet hier eben nicht nur vor dem Essen“, meint Frederick Weber, sondern auch, wenn bei jemandem eine Klassenarbeit oder sonstige Herausforderung anstehe. „Man ist halt füreinander da“, fasst er zusammen, „wie eine große Familie eigentlich.“

Eine besondere Woche geht zu Ende, die Neuauflage ist sicher

Am Freitag ging es noch mal heiß her: Auf einer großen Wiese hinter dem CVJM-Heim baute der Jugendreferent ein Brennballfeld auf – mit kleinen Planschbecken als Zwischenstationen. Bei dem Mannschaftsspiel geht es neben Werfen, Fangen und Laufen auch um Teamgeist. Das restliche Wochenende ging die junge Wohngemeinschaft entspannt an. Für Samstagvormittag standen nur Ausschlafen und Brunch auf dem Plan, danach ging es ans Putzen. Am Abend setzte ein letztes Treffen der bewegten Woche ein Ende, nämlich im Rahmen des „Jugendbunds“, eines wöchentlichen Angebots des EC Kirchberg. Dabei gab es neben dem gewohnten Programm mit Liedern, Andacht und Gebet auch Pizza. .„Es gibt ein paar müde Gesichter“, meint Jugendreferent Lucas Hain abschließend, „das gehört dazu.“ Frederick gibt ihm recht: „Es hätte noch eine Woche gehen können. Aber irgendwann wäre das Limit erreicht.“ Fest steht: Die WG wird es wieder geben.

Wöchentliche Treffen EC und CVJM, Träger der christlichen Jugendarbeit in Kirchberg an der Murr, laden jede Woche zu verschiedenen Angeboten für Jugendliche und junge Erwachsene ein. Weitere Informationen unter: www.ec-kirchberg.de/gruppen

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Erstellt:
12. Juli 2022, 06:00 Uhr

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