43 verschwundene Studenten: Menschliche Überreste gefunden

dpa Mexiko-Stadt. Auch nach fast sechs Jahren wissen die Familien nicht, was den 43 verschleppten Studenten in Mexiko passiert ist. Eine Festnahme, neue Haftbefehle und ein Fund von menschlichen Überresten könnten nun helfen, der Wahrheit näher zu kommen.

Angehörige haben mit Demonstrationen immer wieder an die 43 vermissten Lehramtsstudenten erinnert. Foto: Marco Ugarte/AP/dpa

Angehörige haben mit Demonstrationen immer wieder an die 43 vermissten Lehramtsstudenten erinnert. Foto: Marco Ugarte/AP/dpa

In Mexiko sind Überreste gefunden worden, die möglicherweise zu einigen der 43 Studenten gehören, die im Jahr 2014 entführt und mutmaßlich ermordet wurden.

Die Überreste seien zur Identifizierung an die Universität Innsbruck in Österreich geschickt worden, teilte Mexikos Generalstaatsanwalt Alejandro Gertz Manero mit. Einzelheiten zu dem Fund nannte er nicht.

Der Fall hatte vor fast sechs Jahren weltweit Entsetzen ausgelöst. Polizisten hatten die 43 Studenten des Lehrerseminars Ayotzinapa in der Nacht zum 27. September 2014 in Iguala im Bundesstaat Guerrero verschleppt und dem Verbrechersyndikat Guerreros Unidos (Vereinte Krieger) übergeben. Den offiziellen Ermittlungen zufolge wurden die jungen Männer getötet und auf einer Müllkippe verbrannt. Unabhängige Untersuchungen ergaben allerdings, dass es dafür nicht genug Beweise gibt. Mehr als 140 Menschen wurden festgenommen, mindestens 77 von ihnen wurden wegen Verfahrensfehlern wieder freigelassen. In vielen Fällen wurden Aussagen mit Folter erzwungen.

Wegen der vielen Unregelmäßigkeiten bei den bisherigen Ermittlungen begannen diese unter dem seit gut eineinhalb Jahren regierenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador praktisch wieder bei null. Die Einzelheiten und Hintergründe der Tat sind noch immer unklar. Verurteilt wurde bis heute niemand.

Erst am Montag war bekannt geworden, dass ein mutmaßlicher Anführer der Guerreros Unidos festgenommen worden war. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur entsprechende Medienberichte. José Ángel Casarrubias Salgado, genannt „El Mochomo“, wurde demnach bereits am vergangenen Mittwoch in dem Ort Metepec, 60 Kilometer westlich von Mexiko-Stadt, gefasst. Zwei seiner Brüder waren zuvor wegen des Falls der Studenten festgenommen worden.

Ein Sprecher der Opferfamilien, Felipe de la Cruz, sagte der Zeitung „La Jornada“, man müsse abwarten, was Casarrubias Salgado sage. Zuvor festgenommene Mitglieder der Guerreros Unidos hätten schließlich angegeben, nichts über die Studenten zu wissen. Am wichtigsten sei, dass der flüchtige ehemalige Chefermittler der Generalstaatsanwaltschaft, Tomás Zerón, gefasst werde.

Gegen ihn gibt es seit dem 10. März einen Haftbefehl, wie Gertz Manero nun mitteilte. Zerón sei außer Landes geflüchtet, er stehe auf der Fahndungsliste der internationalen Polizeiorganisation Interpol. Der Generalstaatsanwalt erklärte außerdem, dass 46 neue Haftbefehle gegen aktuelle und ehemalige Beamte aus Guerrero wegen erzwungenen Verschwindens und organisierter Kriminalität beantragt worden seien.

Im vergangenen Jahr wurden in Mexiko fast 100 Mordopfer pro Tag registriert. Zudem gelten mehr als 60.000 Menschen als verschwunden. Funde von Leichen und Massengräbern sind keine Seltenheit. Die Gewalt geht zu einem großen Teil auf das Konto von Kartellen und Banden, die in Drogenhandel, Entführungen und Erpressung verwickelt sind. Oft haben die Gangster Verbindungen zu örtlichen Sicherheitskräften. Die meisten Verbrechen in dem nordamerikanischen Land werden nie aufgeklärt, geschweige denn geahndet.

© dpa-infocom, dpa:200630-99-623286/3

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Erstellt:
30. Juni 2020, 17:33 Uhr

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