50 neue Wohnungen über dem Parkdeck

Sechs Jahre nach der Schließung erinnert nicht mehr viel an das Backnanger Krankenhaus. Übrig geblieben ist nur die Parkgarage mit knapp 300 Stellplätzen. Die soll nun überdeckelt werden: Die Kreisbau will darüber Sozialwohnungen errichten.

Die Parkplätze an der Karl-Krische-Straße bleiben erhalten, sollen aber unsichtbar werden. Die Kreisbau will die Garage überdeckeln und darüber Wohnungen bauen.Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Die Parkplätze an der Karl-Krische-Straße bleiben erhalten, sollen aber unsichtbar werden. Die Kreisbau will die Garage überdeckeln und darüber Wohnungen bauen.Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Die Parkgarage mit einem oberirdischen und zwei unterirdischen Parkdecks hat mittlerweile 33 Jahre auf dem Buckel und muss dringend saniert werden. Wegen der starken Betonkorrosion bestehe akuter Handlungsbedarf, erklärte Projektsteuerer Jan Skubal nun bei einer Ausschusssitzung des Backnanger Gemeinderats. Bereits vor zwei Jahren entstand die Idee, die Sanierung zu nutzen, um die 3500 Quadratmeter große Fläche zu überbauen. Neben Wohnungen war damals auch noch von einem weiteren Ärztehaus als Ergänzung zum Gesundheitszentrum die Rede.

Inzwischen habe sich aber gezeigt, dass es dafür keine Nachfrage gebe, erklärt Steffen Krahn, einer von zwei Geschäftsführern der Kreisbaugesellschaft Waiblingen. Deshalb hat das kreiseigene Unternehmen seine Pläne noch einmal überarbeitet: Anstelle von drei größeren Gebäuden sind nun sieben dreigeschossige Häuser mit insgesamt rund 50 Wohnungen geplant. Anders als in den Plänen von 2018, die ausschließlich kleine Appartements für Singles und Paare vorgesehen hatten, soll es nun auch größere Wohnungen für Familien geben.

Die Kreisbau will alle Wohnungen an Personen mit Wohnberechtigungsschein vermieten, die Miete werde ein Drittel unter dem Mietspiegel bei etwa acht Euro pro Quadratmeter liegen, kündigt Krahn an. Trotzdem sieht er nicht die Gefahr, dass die Wohnanlage zu einem Quartier für Problemfälle oder gar zu einem sozialen Brennpunkt werden könnte. „Wir können die Mieter ja auswählen und werden auf eine ausgewogene Mischung achten“, verspricht der Geschäftsführer. Im Übrigen hätten mittlerweile selbst Polizisten und Krankenpfleger zum Teil Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. „Da haben wir es mit rechtschaffenen Leuten zu tun.“

Die dreistöckigen Gebäude sollen aus vorgefertigten Holzmodulen zusammengesetzt werden. Das ist nicht nur günstiger, sondern verkürzt auch die Bauzeit. Trotzdem erfüllten die Gebäude den Energiestandard KfW40, erklärt Krahn. Geplant sei auch eine Solaranlage auf dem Dach, außerdem wolle man zwei Elektromobile anschaffen, die von den Bewohnern, aber auch von externen Interessenten gemietet werden können. Ein weiteres Plus: Im Zuge der Überbauung bekommt auch die Parkgarage zwei Aufzüge und wird dadurch barrierefrei.

Weiterhin genügend Parkplätze für das Gesundheitszentrum.

Bei der Stadt Backnang begrüßt man die Initiative der Kreisbau, die an der Karl-Krische-Straße einen zweistelligen Millionenbetrag investieren will. Zum einen wegen der dringend benötigten Sozialwohnungen, zum anderen aus optischen Gründen: „Eine städtebauliche Lücke an der Weissacher Straße wird dadurch geschlossen“, freut sich Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann. Zwischen all den neuen Gebäuden auf dem ehemaligen Krankenhausareal wirkt die riesige Parkfläche inzwischen eher deplatziert. Großmann geht davon aus, dass sich die sieben Häuser, die sich um zwei grüne Innenhöfe gruppieren, harmonisch in die Umgebung einfügen werden.

Auch aus dem Gemeinderat gab es viel Lob für das Projekt, der erforderlichen Änderung des Bebauungsplans stimmten der Technische Ausschuss und der Verwaltungsausschuss einstimmig zu. „Eine markante Stelle verändert sich positiv“, sagte CDU-Stadtrat Gerhard Ketterer. Siglinde Lohrmann (SPD) bezeichnete das Projekt als „sehr gut durchdacht“.

Allerdings äußerten einige Stadträte die Befürchtung, dass nach der Überdeckelung nicht mehr genügend Parkplätze für die Besucher des Gesundheitszentrums zur Verfügung stehen könnten. Die Zahl der Stellplätze sinkt nach Angaben der Kreisbau nämlich von derzeit 292 auf etwa 210 – zum einen, weil Platz für die Aufzüge gebraucht wird, zum anderen weil die Stellplätze 30 Zentimeter breiter sein werden als heute. Trotzdem werde es auch künftig genügend Parkplätze geben, versicherte Steffen Krahn und erinnerte daran, dass momentan auch nur etwa 200 Stellplätze genutzt werden, weil das unterste Parkdeck schon seit Jahren gesperrt ist. Nach der Sanierung sollen dann wieder alle drei Parkebenen genutzt werden. „De facto haben wir hinterher also nicht weniger Stellplätze zur Verfügung als heute.“

Der Zeitplan der Kreisbau sieht vor, dass die Sanierung und Überdeckelung der Parkgarage Ende 2021 beginnt und etwa ein Jahr dauert. Für die Errichtung der Holzmodulbauten sind neun Monate Bauzeit vorgesehen, sodass die neuen Bewohner im Herbst 2023 einziehen könnten. Während der gesamten Bauzeit soll die Parkgarage zumindest in Teilen weiter genutzt werden können.

500 Wohnungen bis 2028

Im Dezember 2017 hat die Kreisbaugruppe eine Wohnbauinitiative gestartet. Das Ziel: Innerhalb von zehn Jahren 500 neue bezahlbare Mietwohnungen im Rems-Murr-Kreis zu schaffen. Der Landkreis als Hauptgesellschafter hat das Eigenkapital dafür um zehn Millionen Euro aufgestockt.

Seitdem wurden und werden in zahlreichen Kommunen des Rems-Murr-Kreises Bauprojekte gestartet, unter anderem auf dem ehemaligen Klinikareal in Waiblingen, in Winnenden, Kernen, Weinstadt, Winterbach, Murrhardt und Burgstetten.

Mittlerweile ist die Geschäftsführung der Kreisbau zuversichtlich, dass die Zielmarke sogar schon früher erreicht wird, voraussichtlich bereits bis Ende 2023.

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Erstellt:
17. November 2020, 06:00 Uhr

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