Bundeshaushalt
500 Milliarden Euro - und fünf entscheidende Tücken
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat seinen ersten Haushalt vorgelegt. Darin stecken Pläne für Investitionen und Modernisierung – aber auch einige Probleme.

© epd/Christian Ditsch
Finanzminister Lars Klingbeil stellte seinen Etatentwurf in Berlin vor.
Von Tobias Heimbach und Tobias Peter
Es sind Worte, die Lars Klingbeil sich gut überlegt hat. Für ihn sei die schwarze Null „kein Wert an sich“, wenn damit Brücken und Schulen vergammelten und die Bundeswehr vernachlässigt werde. So sagt es der Finanzminister und Vize-Kanzler, als er in der Bundespressekonferenz den Entwurf für den Haushalt 2025 vorstellt. „Anders als für manchen Amtsvorgänger ist das für mich kein besonderer Wert, wenn ich das Geld behalte und es nicht ausgeben kann und wenn ich merke, dass im Land nichts vorangeht“, sagt Klingbeil. Er sieht sich auch als Investitionsminister. Das ist sein Amtsverständnis.
503 Milliarden Euro umfasst der geplante Haushalt. Mit diesem Geld – und mit hohen Ausgaben auch in den folgenden Jahren – will Klingbeil das Land modernisieren. Klar ist aber auch: Der Haushalt und die Finanzplanung enthalten ihre Tücken. Die fünf wichtigsten Problemfelder.
Das Zinsproblem
Die Grundgesetzänderung bei der Schuldenbremse liefert die Grundlage, dass Deutschland – wenn notwendig – unbegrenzt Geld für Verteidigung ausgeben kann. Dazu kommt das kreditfinanzierte Sondervermögen, mit dem in Infrastruktur und Klimaschutz investiert werden soll. Für 2025 plant Klingbeil im Kernhaushalt mit Krediten von 89,3 Milliarden Euro. Dazu kommen Ausgaben aus schuldenfinanzierten Sondervermögen von 83,4 Milliarden Euro. In den kommenden Jahren geht es mit der Ausgabenpolitik weiter. Das bedeutet aber auch: Die Zinslast im Haushalt wächst – und zwar erheblich. Das wiederum reißt Lücken in künftige Haushalte. Ein finanzpolitischer Teufelskreis.
Der Investitionsabfluss
Klingbeil verspricht in diesem Jahr „Rekordinvestitionen“ von insgesamt 115,7 Milliarden Euro, 2026 sollen es laut den aktuellen Planungen sogar 123 Milliarden Euro werden. Zum Vergleich: 2024 waren es 74,5 Milliarden Euro. Die Summen sind das eine, das planvolle Ausgeben das andere. Klingbeil will unter anderem in die Bahn, Brücken, günstigen Wohnraum, Digitalisierung und Kinderbetreuung investieren. Besonders wenn all das gleichzeitig passieren soll, drohen Engpässe bei Baukapazitäten. Auch lange Genehmigungsverfahren bleiben ein Problem. Wenn das Geld nicht abfließt, muss der Finanzminister das Geld doch auf dem Konto behalten.
Fragezeichen bei Verteidigungsausgaben
Erst 2024 hat Deutschland das 2-Prozent-Ziel der Nato zum ersten Mal erfüllt. Schon 2029 könnte es die nun neu festgelegte Quote von 3,5 Prozent erreichen. Das zumindest ist das Ziel von Finanzminister Klingbeil. Doch auch bei der Bundeswehr ist unklar, ob das Geld so schnell ausgegeben werden kann. Schließlich stehen die Beschaffungsprozesse seit Jahrzehnten in der Kritik. Wie bei den Investitionen in die Infrastruktur steht zu befürchten, dass Geld nicht ausgegeben werden kann. Oder dass die Unternehmen die Preise erhöhen. Das Nato-Ziel zu erreichen, wird immerhin dadurch etwas wahrscheinlicher, weil auch Ausgaben für die Geheimdienste, den Zivilschutz oder die Unterstützung der Ukraine hinzugezählt werden. Auch politisch gibt es Probleme für Klingbeil. Teile seiner Partei sind skeptisch, wenn es um eine so starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben geht. Und schließlich ist Klingbeil nicht nur Finanzminister. Am Wochenende will er beim SPD-Parteitag auch als Vorsitzender der Sozialdemokraten wiedergewählt werden.
Das Bund-Länder-Problem
Neben Investitionen und Verteidigungsfähigkeit nannte Klingbeil auch das Ankurbeln der Wirtschaft als eines seiner wichtigsten Ziele. Die Bundesregierung hat dafür bereits ein Maßnahmenpaket verabschiedet, das Unternehmen entlasten soll. Das Problem dabei: Die Entlastung sorgt für Einnahmeverluste bei Ländern und Kommunen. Und das wollten die nicht mittragen. Bis kurz vor Mitternacht am Montagabend verhandelte Klingbeil daher mit Vertretern der Länder. Das Ergebnis war wie so oft, wenn Bund und Länder miteinander verhandeln: Der Bund muss Zugeständnisse machen. Klingbeil und Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) sagten zu, den Kommunen die Einnahmeausfälle vollständig zu ersetzen. Die der Länder immerhin zur Hälfte.
Das Problem mit der Sozialversicherung
Alle wissen: Die gesetzliche Krankenversicherung und auch die Pflegeversicherung sind im Sozialstaat riesige Baustellen. Der demografische Wandel setzt die Systeme unter Druck. Es geht darum, zu verhindern, dass die Beiträge rasant steigen. Im Bundeshaushalt 2025 und auch in der Planung für das Jahr 2025 gibt es eine Antwort auf die Herausforderung – aber nur eine vorübergehende. Die gesetzliche Krankenversicherung erhält in den Jahren 2025 und 2026 Darlehen von jeweils 2,3 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt. Bei der Pflegeversicherung sind es 0,6 Milliarden Euro im Jahr 2025 und 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2026. Auf diese Weise soll die Zeit überbrückt werden, bis Kommissionen mit guten Reformvorschlägen kommen. Nur: Auch wenn sich gerade im Gesundheitssystem sicher vieles noch effizienter organisieren lässt, hat keine Kommission einen Zauberstab, mit dem sich die Finanzprobleme in Luft auflösen ließen. Die Herausforderung, die Sozialversicherungen zu stützen, wird bleiben.