56 Prozent der Wohnungen im Rems-Murr-Kreis sind 45 Jahre alt oder älter
Die Sanierung von Wohnungen unter Energiespargesichtspunkten würde 709 Millionen Euro pro Jahr kosten.
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Viel Arbeit für die Handwerker: Der Sanierungsbedarf im Rems-Murr-Kreis ist groß.Foto: Sergey Nivens - stock.adobe.com
Rems-Murr. Viele Häuser im Rems-Murr-Kreis brauchen bald viele Handwerker: Die Wohngebäude sind enorm in die Jahre gekommen. Von den insgesamt rund 205000 Wohnungen im Kreis sind 56 Prozent schon 45 Jahre oder älter: Rund 114000 Wohnungen in Altbauten sind damit mehr oder weniger reif für eine Sanierung. Das geht aus der aktuellen Analyse zum regionalen Wohnungsbestand hervor, die das Pestel-Institut gemacht hat. Ein wichtiger Punkt bei dem Gebäude-Check: der Energieverbrauch. „Je mehr Geld Bewohner fürs Heizen und für warmes Wasser ausgeben müssen, desto höher ist der Druck, das Haus energetisch zu sanieren“, sagt Matthias Günther von dem Institut, das die Regionaluntersuchung zur Sanierung von Wohngebäuden im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) gemacht hat. Im Fokus der Untersuchung steht deshalb auch die durchschnittlich verbrauchte Energie pro Quadratmeter Wohnfläche.
„Dabei herausgekommen ist, dass die Wohngebäude im Rems-Murr-Kreis beim Energieverbrauch um 1,7 Prozent pro Quadratmeter unter dem bundesweiten Durchschnitt liegen“, so Matthias Günther. Wichtig sei dabei insbesondere die Altersstruktur der Wohngebäude. Ebenso der Gebäudetyp – also die Anzahl der Ein- und Zweifamilienhäuser sowie der Mehrfamilienhäuser. Der Energieverbrauch fürs Wohnen ist nach Angaben des Pestel-Instituts der entscheidende Richtwert für die Energiesparsanierungen, die in den kommenden Jahren noch auf den Rems-Murr-Kreis zukommen: „Immerhin sei es das Ziel, den gesamten Gebäudebestand in Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Wenn der Rems-Murr-Kreis bis dahin klimaneutral wohnen soll, dann ist es notwendig, bei den Sanierungen in den Turbogang zu schalten“, so Günther.
Hausbesitzer in der Region müssen in den nächsten Jahren einiges investieren
Für die Hauseigentümer bedeute dies, in die Tasche greifen zu müssen: „Pro Jahr sollte sich die Region auf rund 709 Millionen Euro Sanierungskosten einstellen – allein fürs Energiesparen. Und das 20 Jahre lang“, erklärt Günther. Basis der Berechnungen ist eine bundesweite Studie des landeseigenen Bauforschungsinstituts „Arge für zeitgemäßes Wohnen“.
Der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel spricht von einem Mammutprojekt für den Rems-Murr-Kreis. Dessen Präsidentin Katharina Metzger fordert deshalb gerade jetzt finanziellen Rückenwind für die Eigentümer: „Entscheidend ist, dass mehr – gerade private – Hauseigentümer mitziehen. Vor allem, dass sie sich Sanierungen überhaupt erlauben können. Das klappt nur, wenn die Politik mehr Anreize schafft: Es ist höchste Zeit, Energiesparsanierungen deutlich besser zu fördern als bislang.“ Auf keinen Fall dürfe Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) mit ihren Plänen durchkommen, Förderprogramme für die Sanierung zusammenzustreichen – und das um mehr als drei Milliarden Euro.
Die Wohnungsbaukrise gehe weiter. „Dem Bau rutschen die Kapazitäten weg: Bauarbeiter verlieren ihre Arbeit“, so Metzger. Diese Negativspirale nach unten müsse vor allem der Bund dringend stoppen. „Er muss die Konjunkturnotbremse für den Bau ziehen“, fordert Metzger. Gerade das Ankurbeln von Sanierungen und Modernisierungen gebe dem Bau einen wichtigen Schub, den dieser brauche.
Umfassend zu sanieren sei häufig effektiver, rät die Expertin
Im Fokus muss dabei laut Pestel-Institut das Energiesparen stehen. „Um Heizkosten zu senken, sind die Dachdämmung, neue Isolierfenster und Wärmepumpen das A und O. Dabei ist es bei einem alten Dach nicht so entscheidend, ob drei Zentimeter mehr oder weniger an Dämmung zwischen die Sparren passen. Hauptsache, ab der obersten Geschossdecke passiert überhaupt etwas“, sagt Institutsleiter Günther. Wenn sich Eigentümer entschließen, Handwerker ins Haus zu holen, dann biete es sich an, möglichst umfassend zu sanieren: „Wenn Dach und Fassade gemacht werden müssen, dann ist es natürlich günstiger, das Gerüst nur einmal aufbauen zu müssen“, rät Katharina Metzger. Es sei oft effektiver und unterm Strich in der Regel auch günstiger, möglichst viel in einem Rutsch zu machen: „Also lieber im Rundumschlag sanieren als Stück für Stück.“pm
