700 Meldungen und keine Pöbel-Mails

Online-Portal des Landkreises zum Radwegenetz ergibt viele konkrete Hinweise – Beiträge fließen in neues Konzept ein

Das Radwege-Meldeportal des Landratsamts ist der Hit. Bis Anfang August sind bereits rund 700 Meldungen eingegangen – und dabei handelt es sich beileibe nicht um „Pöbel-Mails“, wie Stefan Hein versichert, sondern durchweg um konstruktive Beiträge. Radfahrer können über das Portal Hinweise über kritische Stellen geben oder Wünsche äußern.

Vielerorts ein Problem: Die ohnedies recht schmalen älteren Radwege sind von den Rändern her mit Gras bewachsen. Da kann es dann ganz schön eng werden, wenn zwei Radfahrer einander begegnen oder wenn ein langsamerer überholt werden soll. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Vielerorts ein Problem: Die ohnedies recht schmalen älteren Radwege sind von den Rändern her mit Gras bewachsen. Da kann es dann ganz schön eng werden, wenn zwei Radfahrer einander begegnen oder wenn ein langsamerer überholt werden soll. Fotos: A. Becher

Von Armin Fechter

AUENWALD/WAIBLINGEN. Der Landkreis hat das Online-Portal vor etwa drei Monaten eingerichtet. Bis Ende September soll es offen sein. Stefan Hein – als Dezernent im Landratsamt für die Bereiche Bauen, Umwelt und Infrastruktur verantwortlich – rechnet bis dahin mit über 1000 Eingängen. Wenn alle Meldungen vorliegen, folgt die Auswertung. Erste Tendenzen lassen sich aber schon jetzt ablesen. Und überhaupt freut sich Hein: „Schön, dass es die Leute annehmen und dass sie mitreden wollen.“ Er erhofft sich von einer breiten Bürgerbeteiligung viele Hinweise, die dann in die weiteren Planungen einfließen sollen und mit den Kommunen abgestimmt werden, sodass am Ende ein auf längere Sicht taugliches Konzept für das Wegenetz entsteht.

Ein Großteil der bislang eingegangenen Meldungen betrifft das Remstal und den Raum Winnenden, aber auch den Murrtalradweg zwischen der Kreisgrenze und Backnang. Dagegen gibt es nur wenige Äußerungen für den Bereich Murrhardt/Spiegelberg/Großerlach. Das sei wohl nicht gerade ein Dorado für den Alltagsradverkehr, sagt Hein mit Blick auf die Topografie und die geringere Verkehrsdichte. Wichtig ist den Radfahrern aber auf jeden Fall der Lückenschluss am Murrtalradweg zwischen Kirchberg und der Kreisgrenze, entlang der Kreisstraße K1834. Ferner geht es um den Engpass bei der Geisterhöhle, einer Schiebestrecke am Murrufer, und um die extremen Steigungen in Burgstetten.

Klagen über fehlende Verbindung von Allmersbach nach Rudersberg

Klagen gibt es ferner über die fehlende Verbindung von Allmersbach im Tal Richtung Rudersberg, Welzheim und Althütte: Entlang der L1080 und der L1120 gebe es kaum Radinfrastruktur, fasst Hein den Mangel zusammen.

Immer wieder genannt werden allgemeine Probleme, etwa Mängel bei der Wegweisung. Hein stimmt zu: Derzeit habe man einen Flickenteppich. Das soll sich aber mit dem künftigen Konzept und einem eigenen Wegweisungskataster ändern. Auch Hindernisse wie nicht abgesenkte Bordsteine oder schlechte Sichtverhältnisse an Kreuzungen werden genannt. Angesprochen wird ferner das Thema Drängelgitter – eine Art Sperre, beispielsweise an gefährlichen Einmündungen, um Radfahrer abzubremsen. Zudem vermissen Radfahrer auf den Wegen Randmarkierungen – diese würden die Orientierung im Dunkeln erleichtern.

Stefan Hein, Dezernent im Landratsamt für die Bereiche Bauen, Umwelt und Infrastruktur und die Radwegekoordinatorin des Landkreises, Karen Fischer, kommen zur Erkundung auch vor Ort.

© Pressefotografie Alexander Beche

Stefan Hein, Dezernent im Landratsamt für die Bereiche Bauen, Umwelt und Infrastruktur und die Radwegekoordinatorin des Landkreises, Karen Fischer, kommen zur Erkundung auch vor Ort.

Ein weiteres Problem ergibt sich mit fehlender Radinfrastruktur in mehreren Ortsdurchfahrten und nicht vorhandenen Abstellmöglichkeiten. „Die Gemeinden sind unterschiedlich weit“, macht Hein deutlich – er hat sogar die Erfahrung gemacht, dass es in den Rathäusern bisweilen keine Ansprechpartner in puncto Radverkehr gibt. Gleichzeitig bemerkt Hein, dass die meisten gemeldeten Mängel in der Zuständigkeit der Städte und Gemeinden liegen.

Teilweise beanstanden Radfahrer ferner, dass auf Forstwegen Schotter liegt – asphaltierte Strecken sind angenehmer zu befahren. Doch da tut sich ein Dilemma auf, wie Hein erklärt: Oft handelt es sich nicht um ausgewiesene Radwege, sondern, aus Sicht der Forstverwaltung, um Wirtschaftswege, die nicht zuletzt aus ökologischen Gründen keine Schwarzdecke haben sollen. Wo solche Strecken aber einst unter Einsatz von gifthaltigem Teer befestigt wurden, hat sogar der Rückbau begonnen.

Konkrete Wünsche betreffen beispielsweise die alte B14 Richtung Waiblingen. Dort hat der Landkreis im Rahmen eines Pilotprojekts mit einer Sondergenehmigung des Landes zwischen Winnenden und dem Schwaikheimer Kreisel Schutzstreifen angelegt. Diese Maßnahme könnte doch bis Waiblingen verlängert werden, heißt es.

Und schließlich wird der Ruf nach einer Radschnellverbindung im Remstal lauter. Die Planungen dafür laufen, Förderanträge sind eingereicht, versichert Hein. Die Strecke soll überwiegend auf bestehenden Wegen geführt werden, aber teilweise wird auch Grunderwerb nötig sein. Die Kosten sind auf 33 Millionen Euro geschätzt, ein großer Teil soll mit Zuschüssen vom Land finanziert werden. Hein lässt keine Zweifel aufkommen, dass er das Projekt für sinnvoll hält: Schon jetzt werde der Remstalradweg, der zur Gartenschau ausgewiesen wurde, stark in Anspruch genommen. Für eine andere, top ausgebaute Radschnellverbindung, die von Backnang über Winnenden nach Waiblingen führen soll, hat das Land bei Untersuchungen im Jahr 2017 kein ausreichendes Potenzial gesehen. Deshalb ist der Zugang zu Fördergeldern verwehrt. Das bedeute aber nicht, dass sich das nicht in ein paar Jahren ändern kann, sagt Hein.

Unterdessen nimmt der Landkreis in diesem Jahr drei größere Radweg-Projekte in Angriff. Insgesamt werden dabei 1,4 Millionen Euro investiert. In Berglen, zwischen Rettersburg und Öschelbronn, wird bereits gebaut. Im September soll es mit dem Ausbau zwischen Hohnweiler und Oberweissach losgehen. Und schließlich sollen mit einer Böschungssicherung an der Murr in diesem Jahr die Grundlagen gelegt werden, um die Strecke von Kirchberg Richtung Steinheim nächstes Jahr vervollständigen zu können.

Noch bis Ende September können die Bürger Hinweise zum Radwegenetz im Kreis geben. Das dafür eingerichtete interaktive Online-Portal ist erreichbar auf www.radfahren-im-rmk.de.

Info
Radwegausbau zwischen Hohnweiler und Oberweissach

Der Radweg entlang der K1838 zwischen Hohnweiler und Oberweissach ist 1,2 Kilometer lang. Der Ausbau soll im September beginnen und möglichst bis Ende Oktober abgeschlossen sein. Die Maßnahme ist ausgeschrieben, das Ergebnis steht noch aus. Die Kosten sind auf 560000 Euro geschätzt.

Ursprünglich wurde der Weg, wie Radwegekoordinatorin Karen Fischer erläutert, mit einer Breite von 1,60 Metern angelegt. Davon stehen noch etwa 1,30 Meter zur Verfügung, weil inzwischen von beiden Seiten her Gras Teile der Fahrbahn bedeckt.

Außerdem verläuft der Weg über weite Strecken zu nah an der Straße. Aus Sicherheitsgründen soll der Abstand mindestens 1,75 Meter betragen. Das wird beim Ausbau berücksichtigt und ist laut Fischer auch hinzukriegen – außer an der kleinen Brücke über den Glaitenbach. Dort wird es auch weiterhin eine Engstelle geben. Aber der Betonbelag wird erneuert und das Geländer von 0,90 auf 1,30 Meter erhöht.

Der Radweg erhält beim Ausbau die heute gültige Standardbreite von 2,50 Metern, damit sich Radfahrer problemlos begegnen und gefahrlos überholen können.

Während der Bauzeit gibt es für Fußgänger und Radfahrer eine Umleitung über Wirtschaftswege.

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Erstellt:
5. August 2019, 06:00 Uhr

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