DIW schlägt Boomer-Soli vor
Ab wie viel Rente müsste man zahlen?
Ein „Boomer-Soli“ soll wohlhabende Ruheständler stärker in die Pflicht nehmen. Wer müsste zahlen?

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Wen würde der Boomer-Soli betreffen?
Von Lukas Böhl
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat einen neuen Vorschlag zur Stabilisierung der Rentenversicherung vorgelegt. Im Zentrum steht die Einführung eines sogenannten „Boomer-Soli“ – einer Solidaritätsabgabe auf sämtliche Alterseinkünfte. Ziel ist es, die zunehmende finanzielle Belastung des Rentensystems durch den demografischen Wandel abzufedern, ohne dabei die jüngeren Generationen zusätzlich zu belasten. Stattdessen soll die Umverteilung innerhalb der Generation der heutigen Rentnerinnen und Rentner erfolgen.
Was ist der Boomer-Soli?
Der „Boomer-Soli“ ist als Solidaritätsabgabe auf sämtliche Alterseinkünfte gedacht. Er würde also auf gesetzliche Renten, betriebliche und private Renten, Beamtenpensionen und sonstige Versorgungsbezüge anfallen. Optional könnten auch noch Kapitaleinkünfte von Rentnerhaushalten mit berücksichtigt werden. Die Abgabe soll ausschließlich unter der älteren Generation umverteilen – also von wohlhabenderen zu einkommensschwächeren Seniorenhaushalten. Damit soll Altersarmut reduziert werden, ohne dass Erwerbstätige zur Kasse gebeten werden.
Ab welcher Rentenhöhe wäre man betroffen?
Laut der DIW-Studie würde der Boomer-Soli erst ab einem Freibetrag greifen, der je nach Variante unterschiedlich hoch ausfällt:
- Variante ohne Kapitaleinkünfte: Freibetrag bei 902 Euro pro Monat an Alterseinkünften
- Variante mit Kapitaleinkünften: Freibetrag bei 1.048 Euro pro Monat
Nur wer monatlich mehr als diese Beträge aus Renten, Pensionen oder anderen Altersbezügen erhält, würde zehn Prozent auf die darüberliegenden Einkünfte zahlen.
Beispiel 1: Gesetzliche Rente von 1.200 Euro pro Monat
- Alterseinkünfte: 1.200 €
- Freibetrag: 902 €
- Abgabepflichtiger Betrag: 298 €
- Boomer-Soli: 10 % von 298 € = 29,80 €
- Netto-Rente nach Abgabe: ca. 1.170,20 €
Beispiel 2: Betriebsrente und gesetzliche Rente, zusammen 2.500 Euro
- Gesamte Alterseinkünfte: 2.500 €
- Freibetrag: 902 €
- Abgabepflichtiger Betrag: 1.598 €
- Boomer-Soli: 10 % von 1.598 € = 159,80 €
- Netto-Einkommen nach Abgabe: ca. 2.340,20 €
Beispiel 3: Pension eines Beamten in Höhe von 3.800 Euro monatlich
- Alterseinkünfte: 3.800 €
- Freibetrag: 902 €
- Abgabepflichtiger Betrag: 2.898 €
- Boomer-Soli: 10 % von 2.898 € = 289,80 €
- Netto-Pension nach Abgabe: ca. 3.510,20 €
Beispiel 4: Rentnerin mit 850 Euro gesetzlicher Rente
- Alterseinkünfte: 850 €
- Freibetrag: 902 €
- Abgabepflichtiger Betrag: 0 €
- Boomer-Soli: 0 €
- Keine Belastung, volle Rente bleibt erhalten
Wer würde wie stark belastet?
Berechnungen des DIW zufolge würde die Abgabe vor allem einkommensstarke Rentnerhaushalte treffen. Diese müssten mit einem Rückgang ihres verfügbaren Einkommens um etwa drei bis vier Prozent rechnen. Für das unterste Einkommensquintil wäre hingegen mit spürbaren Entlastungen zu rechnen. Die Nettoeinkommen dieser Haushalte könnten im Durchschnitt um zehn bis elf Prozent steigen. Gleichzeitig würde die Armutsrisikoquote unter den über 65-Jährigen laut Simulation von derzeit gut 18 Prozent auf etwa 14 Prozent sinken.
Ein Vorteil des Boomer-Soli liegt aus Sicht des DIW in der breiten Bemessungsgrundlage. Während reine Umverteilungen innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung viele gut situierte Ruheständler kaum erreichen würden, weil ihre Haupteinkünfte aus anderen Quellen stammen, ermöglicht eine allgemeine Abgabe auf Alterseinkünfte eine gezieltere Umverteilung. Gleichzeitig würde der Solidaritätsbeitrag keinen direkten Einfluss auf die Erwerbseinkommen haben – ein Unterschied zu klassischen Steuer- oder Beitragserhöhungen, die auch jüngere Erwerbstätige belasten würden.
Das DIW warnt selbst vor sogenannten intertemporalen Effekten: Wer heute arbeitet und spart, könnte sich durch die Aussicht auf künftige Belastung im Alter vom Sparen abhalten lassen. Auch könnten Besserverdienende den „Boomer-Soli“ als verdeckte Vermögensabgabe empfinden und rechtlich dagegen vorgehen. Zudem gilt: Die konkrete Ausgestaltung wäre Sache der Politik – etwa, ob auch Vermögenseinkommen einbezogen werden oder wie der Freibetrag gesetzt wird.
Fazit
Die Idee eines Boomer-Soli stellt somit einen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Zukunft der Altersvorsorge in Deutschland dar. Angesichts des absehbaren Renteneintritts der geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre wächst der Druck auf das umlagefinanzierte System. Eine Umverteilung könnte innerhalb der älteren Generation könnte laut DIW helfen, diesen Herausforderungen sozial ausgewogen zu begegnen.