Abschiednehmen persönlicher gestalten

Tanja Geiger fertigt Seelenbretter für Bestattungen, die anstelle von Holzkreuzen zum Einsatz kommen. Nach den Wünschen der Angehörigen werden diese individuell gestaltet – in Holzoptik oder farbig, mit Foto, Text oder einem persönlichen Gegenstand.

In einem Schaugarten hinter der Werkstatt können sich Angehörige Anregungen holen. Fotos: A. Becher

© Alexander Becher

In einem Schaugarten hinter der Werkstatt können sich Angehörige Anregungen holen. Fotos: A. Becher

Von Annette Hohnerlein

WEISSACH IM TAL. Am Anfang stand ein schmerzlicher und sehr persönlicher Anlass. Tanja Geigers Vater hatte vor seinem Tod gesagt, er wolle auf keinen Fall ein Holzkreuz auf seinem Grab haben. Nachdem er gestorben war, fertigte seine Tochter für die Bestattung ein etwa 1,30 Meter langes Holzbrett an, auf dem nicht nur die schlichten Daten standen, sondern das liebevoll und ganz individuell gestaltet war. Aus diesem ersten Exemplar hat sich nach und nach ein Geschäftsfeld entwickelt, das immer weiter wächst. Inzwischen gibt es einige Bestattungsinstitute in der Region, aber auch zwei außerhalb von Baden-Württemberg, die einen Musterkatalog von Tanja Geigers Seelenbrettern haben.

Denn das Angebot ist in dieser Form bundesweit einmalig. „Meist führt der Weg vom Bestattungsinstitut direkt in meine kleine Werkstatt ,Die Holzblume‘“, sagt die 51-jährige Oberweissacherin. „Ich schenke in diesen dunklen Stunden den Hinterbliebenen einen kleinen Lichtblick.“ Vor allem bei verstorbenen Kindern und Jugendlichen kommt es dann zu sehr intimen und berührenden Gesprächen, bei denen Tanja Geiger auch mal mit den Angehörigen zusammen weint. Aber auch schöne und lustige Erinnerungen kommen zur Sprache, dann wird auch gelacht. Menschen, die sich für die Bestattung eines Familienmitglieds ein Seelenbrett bestellen, wünschen sich eine persönliche Form der Erinnerung. „Sie möchten zeigen, wie wichtig dieser Mensch war“, sagt Geiger. Es gebe Kunden, die die Seelenbretter später mit nach Hause nehmen, um dort einen Platz für ihre Trauer zu haben.

Derzeit dürfen die Bretter nur für zwei Jahre auf dem Grab bleiben.

Geiger kann viele Gestaltungsvarianten anbieten: naturfarbene Bretter mit schwarz eingravierter Schrift und ausgestanzten Formen, farbig lasierte Bretter, auf die ein Text oder Foto gedruckt wird, oder auch das Einfügen von persönlichen Dingen des Verstorbenen. „Ich versuche, wenn es geht, jeden Wunsch zu erfüllen“, verspricht Geiger. So hat sie in das Seelenbrett für ein verstorbenes Kind, das gerne mit Lego gespielt hatte, einen Legostein integriert. Für andere Kunden, die ebenfalls ein Kind verloren hatten, entwarf Geiger eine solarbetriebene Grablampe in Form eines Mondes, weil das Kind zu Lebzeiten nur mit Licht einschlafen konnte.

Weil die Seelenbretter, genau wie die herkömmlichen Holzkreuze, maximal zwei Jahre auf dem Grab bleiben dürfen, arbeitet Tanja Geiger im Moment daran, dauerhafte Grabmale aus Holz zu entwickeln. Gemeinsam mit ihrem Mann Achim Haller tüftelt sie an permanent wetterfesten Oberflächenbehandlungen und sicheren Befestigungen, damit ein solches Grabmal genehmigt wird. Dann sind Seelenbretter oder auch Holztafeln für Wiesengräber eine kostengünstige Alternative zu Grabmalen und Grabtafeln aus Stein.

Die Kenntnisse für ihre Tätigkeit hat sich Tanja Geiger selbst angeeignet. Als ihre beiden Kinder erwachsen waren, kehrte sie nicht in ihren Beruf als Anwaltssekretärin zurück, sondern machte 2009 ihr Hobby zum Beruf. Sie stellte dekorative Holzfiguren in Form von Blumen, Engeln, Katzen, Hunden, Bienen und Kühen her. Anfangs verkaufte sie diese auf Künstlermärkten, inzwischen suchen sich die Kunden ihr Lieblingsstück auf der Homepage aus. Geiger fertigte auch Großaufträge für die Industrie mit mehreren Tausend Exemplaren, die sie in die Lage versetzten, sich ein Lasergerät und einen speziellen UV-LED-Drucker anzuschaffen. Wenn es um die Anfertigung eines Seelenbretts geht, ist aber das Gespräch mit dem Kunden unverzichtbar. In einem Schaugarten bei Geigers Werkstatt können sich die Hinterbliebenen Anregungen holen. Dort sind Seelenbretter für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, aber auch Gedenktafeln für Tiere ausgestellt.

Seit 2014 hat Tanja Geiger knapp 200 Seelenbretter angefertigt und auf den Friedhöfen der Umgebung aufgestellt. Und die Nachfrage wächst ständig, wenn man einmal vom momentanen, coronabedingten Rückgang absieht.

www.die-holzblume.de

Mit der Fertigung der Seelenbretter hat Tanja Geiger 2009 ihr Hobby zum Beruf gemacht.

© Alexander Becher

Mit der Fertigung der Seelenbretter hat Tanja Geiger 2009 ihr Hobby zum Beruf gemacht.

Zum Artikel

Erstellt:
31. Oktober 2020, 16:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Gesellinnen und Gesellen im Rems-Murr-Kreis werden ausgezeichnet

In dieser Woche hat die Lossprechungsfeier der Kreishandwerkerschaft Rems-Murr stattgefunden. In der Barbara-Künkelin-Halle in Schorndorf sind bei dieser Gelegenheit auch die Auszeichnungen an die besten Junghandwerkerinnen und Junghandwerker verliehen worden.

Stadt & Kreis

Das Bildhafte der Kinderkreuzwege spricht Kinder im Herzen an

Viele Kirchengemeinden im Raum Backnang organisieren Kinderkreuzwege und versuchen so, die Leidensgeschichte Jesu auf kindgerechte Art und Weise zu vermitteln. Der Schwerpunkt der Verkündigung liegt dabei nicht auf der grausamen Passion, sondern auf der frohen Osterbotschaft.

Maria Török ist eine von über 100 Pflegekräften im Staigacker. Sie kümmert sich liebevoll und gern um die Bewohner. Foto: Alexander Becher
Top

Stadt & Kreis

Personalnotstand setzt Pflegeheimen im Raum Backnang zu

Weil offene Stellen nur schwer besetzt werden können oder Pflegekräfte krankheitsbedingt ausfallen, kommt es in Pflegeeinrichtungen immer wieder zu Personalengpässen. Trotzdem muss die Versorgung weiterlaufen. Heime greifen deshalb auf Zeitarbeitsfirmen oder Springer zurück.