Ältestenrat gegen Nachtsitzungen im Bundestag

dpa Berlin. Binnen weniger Stunden waren kürzlich im Bundestag zwei Abgeordnete zusammengebrochen. Deshalb sollen die Sitzungswochen nun entschärft werden - auch wenn die AfD ihre Oppositionsrechte beschnitten sieht.

Nach einer Sitzung verlassen Abgeordnete den Bundestag um 0:53 Uhr. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Nach einer Sitzung verlassen Abgeordnete den Bundestag um 0:53 Uhr. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Bundestagssitzungen bis in die frühen Morgenstunden sollen bald der Vergangenheit angehören. Der Ältestenrat des Parlaments will eine reformierte Tagesordnung vereinbaren, damit die Plenardebatten in Zukunft spätestens um Mitternacht zu Ende sind.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, erklärte, „das ist wichtig und notwendig im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Bundestages und der Arbeitsfähigkeit unseres Parlaments“.

Vorgesehen ist eine Verkürzung der Fragestunde sowie zahlreicher Einzeldebatten. Vom Donnerstag, an dem die Sitzungen zuletzt regelmäßig bis weit nach Mitternacht gingen, sollen zudem fünf Tagesordnungspunkte auf den Mittwoch vorgezogen werden.

Fast alle Fraktionen unterstützen die Reform, nur die AfD hat ihren Widerstand angekündigt. Die größte Oppositionsfraktion kann das Vorhaben allerdings nicht verhindern. Wenn der Ältestenrat wegen des Einspruchs der AfD kein Einvernehmen herstellen kann, haben die anderen Fraktion nämlich die Möglichkeit, in der nächsten Sitzungswoche Anfang Dezember mit ihrer Mehrheit die reformierte Tagesordnung im Plenum zu beschließen.

Die Neuordnung der Sitzungswochen ist eine Reaktion auf die jüngsten Schwächeanfälle zweier Abgeordneten. Neben der Verlagerung von fünf Tagesordnungspunkten auf den Mittwoch soll die Fragestunde von 90 auf 60 Minuten verkürzt werden. Sie sei ohnehin „ein stumpfes Schwert der Opposition“, weil dort lediglich Sprechzettel von Parlamentarischen Staatssekretären verlesen würden, klagte Marco Buschmann von der FDP.

Darüber hinaus sollen zahlreiche kleinere Debatten statt 38 Minuten in Zukunft nur noch 30 Minuten dauern. Doch die damit verbundene Verkürzung der Redezeiten stößt auf Widerstand. „Das sieht die AfD-Fraktion als Angriff auf ureigenste Oppositionsrechte“, beklagt deren Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann. Er möchte stattdessen die Zahl der Sitzungswochen erhöhen. Im laufenden Jahr sind es 21, für 2020 sind 22 Sitzungswochen vorgesehen.

Alle anderen Fraktionen befürworten jedoch die vor der Ältestenrat-Sitzung gefundene Lösung. Der CDU-Parlamentarier Michael Grosse-Brömer sprach von einer „sinnvollen und praktikable Straffung des Plenarbetriebs“. Karl Lauterbach von der SPD sagte der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Donnerstag): „Die derzeitige Debattenlänge geht zu Lasten der Qualität.“ Jan Korte von der Linken erklärte, in einer Demokratie sollten Parlamentsdebatten „zu einer Zeit stattfinden, in der die Mehrheit der Öffentlichkeit sie auch verfolgen kann und nicht schläft“.

Eine komplette Abschaffung von Nachtsitzungen ist mit der Reform allerdings nicht verbunden, wie Buschmann einräumt: „Wir visieren jetzt 0.00 Uhr an.“ Aber auch das wäre ein Fortschritt gegenüber der jetzigen Situation. Vor drei Wochen war die Plenardebatte nur deshalb schon um 2.09 Uhr zu Ende, weil beim viertletzten Tagesordnungspunkt auf Betreiben der AfD die Beschlussunfähigkeit des Parlaments festgestellt wurde - aus Mangel an Abgeordneten.

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Erstellt:
28. November 2019, 09:09 Uhr

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