Altmaier will europäische Regeln für Rüstungsexporte

Der Bundeswirtschaftsminister befürchtet, deutsche Firmen könnten sonst den Kürzeren ziehen

Die strengen deutschen Regeln lassen sich nach Einschätzung von Bundeswirtschaftminister Peter Altmaier (CDU) nicht halten, wenn in die europäischen Nationen stärker zusammenarbeiten.

Berlin Nach der Verlängerung des Lieferstopps für deutsche Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien hat sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dafür ausgesprochen, europäische Regeln für den Export von Waffen und Militärausrüstung in Drittländer zu formulieren. „Ich glaube, dass wir in allen Fragen der Menschenrechte, der Außenpolitik und auch der Rüstungsexport-Politik eine gemeinsame europäische Linie brauchen“, sagte Altmaier am Donnerstag vor Industrievertretern.

Der Minister machte in Berlin zugleich deutlich, dass es nach seiner Auffassung kaum möglich sein wird, die relativ strengen deutschen Vorschriften aufrechtzuerhalten. „Ich glaube, dass wir bei dieser ganzen Debatte immer realisieren müssen, dass wir nicht alleine auf dieser Welt sind“, sagte er. Es gehe auch um strategische Industriepolitik. „Ansonsten werden wir erleben, dass gemeinsame Rüstungsprojekte unter Einbeziehung deutscher Hersteller nicht mehr, sondern eher weniger werden.“

Die Einlassungen Altmaiers zielten auch in Richtung des Koalitionspartners SPD, der sich für einen strikteren Kurs in der Kontrolle von Rüstungsexporten einsetzt. Am Mittwoch erst hatte die Bundesregierung auf Drängen der Sozialdemokraten das Verbot von Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien um weitere drei Wochen bis Ende März verlängert. Dieses Verbot stammt aus dem vergangenen Herbst, Auslöser war ehedem die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul.

Im Rahmen dieses Exportstopps wurden bereits erteilte Genehmigungen für Lieferungen vorläufig ausgesetzt, neue Genehmigungen erteilt die Bundesregierung derzeit nicht. Saudi-Arabien zählt seit Jahren zu den wichtigsten Kunden deutscher Rüstungskonzerne. Dem Vernehmen nach liegen jetzt Lieferungen für Riad im Volumen von zwei Milliarden Euro auf Eis, darunter der Export von Patrouillenbooten aus der Wolgaster Peene-Werft.

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag ist von einer „restriktiven Rüstungsexportpolitik“ die Rede. Lieferungen in Drittstaaten – also solche Länder, die weder der Nato noch der EU angehören oder deren Mitgliedern gleichgestellt sind – sollen weiter eingeschränkt werden. „Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind“, heißt es im Vertrag. Der Satz zielt auf Saudi-Arabien. Der nun verlängerte Exportstopp hatte in den vergangenen Monaten Frankreich und Großbritannien in Rage gebracht. Sie verhängten nach dem Khashoggi-Mord keine vergleichbaren Maßnahmen. Weil deutsche Rüstungskonzerne und Zulieferer aber eng mit französischen und britischen Partnern zusammenarbeiten, wackeln nun auch Deals, die den Regierungen in Paris und London besonders wichtig sind. Dort betrachtet man die heimische Rüstungsbranche eher als Jobmotor und die Lieferung von Waffen als Mittel zur Durchsetzung außenpolitischer Interessen.

Doch auch jenseits der aktuellen Debatte über Saudi-Arabien gerät die Bundesregierung in Sachen Rüstungsexporte zunehmend unter Druck: Grundsätzlich wollen die EU-Staaten in der Verteidigungspolitik künftig enger zusammenarbeiten. Das schließt noch mehr Kooperationen bei der Entwicklung von Waffensystemen sowie grenzüberschreitende Fusionen im Rüstungssektor ein. Somit stellt sich ohnehin die Frage, welche Vorschriften beim Rüstungsexport in Drittländer künftig gelten sollen – die relativ strikten deutschen, die eher laxen Vorschriften der meisten europäischen Partner oder ganz neue, noch zu formulierende Regeln.

Im Aachener Vertrag, den Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und der fran­zösische Staatspräsident Emmanuel Macron im Januar unterzeichnet hatten, ist davon die Rede, dass beide Staaten „bei gemeinsamen Projekten einen gemeinsamen Ansatz für Rüstungsexporte entwickeln“ wollen. Nebenabsprachen sehen vor, dass sich beide Länder in dieser Frage gegenseitig erst einmal freie Hand lassen. Alles Weitere ist noch Gegenstand von Verhandlungen. Diese gestalteten sich ziemlich kompliziert, wie Bundeswirtschaftsminister Altmaier am Donnerstag sagte.

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Erstellt:
8. März 2019, 03:04 Uhr

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