Anglerverein Backnang und Jugendfeuerwehr schützen Fischnachwuchs in der Murr

Der Anglerverein Backnang und Umgebung und die Jugendfeuerwehr machen gemeinsame Sache. Bei dem geförderten Projekt mit dem Titel „Kiesflächenrevitalisierung“ geht es um den Fischnachwuchs in der Murr.

Am Biegelwehr in Backnang wurden Laichversuche der Bachforelle festgestellt. Allerdings ist das Kiesbett an vielen Stellen durch die Sedimente der Murr verunreinigt. Mitglieder des Anglervereins und der Jugendfeuerwehr lockerten diese auf, sodass die Fische ab Oktober dort laichen können. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Am Biegelwehr in Backnang wurden Laichversuche der Bachforelle festgestellt. Allerdings ist das Kiesbett an vielen Stellen durch die Sedimente der Murr verunreinigt. Mitglieder des Anglervereins und der Jugendfeuerwehr lockerten diese auf, sodass die Fische ab Oktober dort laichen können. Foto: Tobias Sellmaier

Von Andreas Ziegele

Backnang. Es ist noch früher Samstagmorgen, als sich am Biegelwehr der Murr die Helfer für das Projekt treffen. Bevor die Arbeit losgeht, haben Landrat Richard Sigel und der Backnanger Baudezernent Stefan Setzer noch eine Überraschung für den Anglerverein Backnang mitgebracht: Einen symbolischen Scheck über 1200 Euro von der Kreissparkassenstiftung Waiblingen gibt es zur Förderung des Projekts. „Kiesflächenrevitalisierung“ ist der sperrige Name des Vorhabens, das an diesem Tag umgesetzt werden soll. Alexander Schaal gibt augenzwinkernd zu, dass es sich bei diesem Namen um seine Worterfindung handelt. „Jedes Projekt, das zur Förderung eingereicht wird, braucht ja einen Namen“, so der Vorsitzende des Anglervereins.

Wenn man sich dann anschaut, was sich dahinter verbirgt, ist die Wortschöpfung aber gar nicht so abwegig. „Wir haben zunächst die Strömungen an verschiedenen Stellen der Murr gemessen“, erläutert Alexander Schaal. Dabei geht es um die sogenannten kieslaichenden Fische wie beispielsweise die Forelle, die Äsche und auch die Nase (gehört zur Familie der Karpfenfische). Zum Laichen benötigen diese Fische ein sogenanntes Kieslückensystem.

Dieses darf nicht mit Sand oder Schlupfmaterial „verbacken“ sein. „Das ist unser größtes Problem“, erläutert Schaal, und man merkt an seinen Ausführungen, dass er sich nicht erst seit gestern mit dieser Materie auseinandergesetzt hat. „Wir haben im Verein Experten für dieses Thema und ich selber beschäftige mich seit meiner Kindheit damit“, sagt er. Sein profundes Wissen und seine Ausführungen belegen das.

Nur wenn die Kiesflächen intakt sind, klappts auch mit dem Laichvorgang

Speziell an der Murr ist, dass sie an vielen Stellen die gleiche Breite hat, in vielen Bereichen eine ähnliche Flussdynamik aufweist und an einigen Stellen verbaut ist. Das und die Wehre entlang des Flusses führen dazu, dass fehlender Kies nicht auf natürliche Weise vom Oberlauf aufgefüllt wird. Dadurch teilen sich Kleinmaterial und Grobmaterial nicht mehr auf und die Laichplätze der Fische gehen verloren beziehungsweise die Fortpflanzung ist gestört. „Beim Laichvorgang schlägt der Fisch eine Grube, laicht und schlägt diese Grube wieder zu“, erklärt Alexander Schaal.

Das funktioniert aber nur, wenn die Kiesflächen intakt sind. Und hier kommen nun die Helferinnen und Helfer des Anglervereins Backnang und der Jugendfeuerwehr Backnang ins Spiel. Ein Zeitfenster für die Maßnahmen gibt es ebenfalls. „Wir können die Aktion nur im August und September durchführen, denn das sind die Monate, in denen keine Fische in der Murr laichen“, so Schaal.

Los geht es am Samstagmorgen am Biegelwehr. Nach und nach arbeiten sich die über 20 Ehrenamtlichen die Murr flussaufwärts bis nach Oppenweiler-Zell. Ein Vorgang, der jährlich wiederholt werden muss und nach einem Test im vergangenen Jahr nun zum zweiten Mal stattgefunden hat. „Aber es ist einfach Knochenarbeit, die hier geleistet wird“, weiß der Vorsitzende des Anglervereins.

Die Klimaerwärmung setzt manchen Fischarten bereits zu

Zunächst muss alles rundherum im seichten Wasser gelöst werden, um den Kies überhaupt herauszubekommen. „Anschließend muss alles drei- bis viermal durchgegraben werden, damit der Sand auch wirklich raus ist.“ Trotz all der Bemühungen ist Schaal aber um den Fischbestand insgesamt besorgt: „Neben einigen anderen Ursachen setzt die Klimaerwärmung auch diesen Lebewesen zu und bestimmte Fischarten werden bereits weniger.“ Deshalb hat es ihn besonders gefreut, dass im Bereich der Innenstadt am Morgen Forellen und Döbel gesichtet wurden.

Aber für welchen genauen Zweck hat es denn nun Stunden vorher den Scheck über 1200 Euro gegeben? „Um ein solches Projekt umzusetzen, sind unter anderem auch technische Voraussetzungen nötig“, sagt Alexander Schaal. Neben Schubkarren, stabilen Eimern und Werkzeug wird ein Strömungsmessgerät benötigt, um die Fließgeschwindigkeiten zu messen.

Mit Tobias Hägele hat der Anglerverein einen Experten für dieses Thema und den sachgemäßen Umgang mit diesem Gerät. Tobias Hägele ist nicht nur Angler, sondern wie auch ein weiterer Anglerkollege beruflich Ingenieur der Umwelttechnik und damit ist das kleine, aber teure Gerät auf jeden Fall in guten Händen. Eine Investition in den Gewässer- und Naturschutz, die sich auf jeden Fall auszahlen wird. Denn der Naturschutz ist nicht nur der erste Satz in der Vereinssatzung, sondern genießt beim Anglerverein Backnang und seinen knapp über 200 Mitgliedern einen sehr hohen Stellenwert.

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Erstellt:
27. September 2022, 06:00 Uhr

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