USA stoppt Hilfen für die Ukraine und verhängt Zölle
Angriff auf die Weltordnung
Der US-Präsident belegt Kanada und Mexiko mit beispiellosen Zöllen und stoppt vorerst die Militärhilfe für die Ukraine.

© Christian Charisius/dpa/Christian Charisius
Die neuen US-Zölle bedeuten de facto das Ende des Freihandelsabkommens mit Mexiko und Kanada.
Von Thomas Spang
Er hat es getan. Seit 00 Uhr 01 Ostküstenzeit am Dienstag gelten 25 Prozent Zoll auf alle Einfuhren aus den befreundeten Nachbarländern und zusätzliche zehn Prozent auf alle chinesischen Importe. Damit verwandelt US-Präsident Trump seine Drohungen in eine Realität, die das de facto Ende des Freihandelsabkommens mit Mexiko und Kanada bringen dürfte.
Mit derselben Entschlossenheit stoppte der US-Präsident bis auf Weiteres die Militärhilfe für die Ukraine. Die Entscheidung über das Einfrieren der Militärhilfe war bei einem Treffen im Weißen Haus am Montag gefallen. „Der Präsident hat klargemacht, dass er sich auf Frieden konzentriert“, hieß es aus dem Weißen Haus. „Wir benötigen Partner, die sich ebenfalls diesem Ziel verpflichtet fühlen.“ Nach dem inszeniert wirkenden Eklat im Oval Office von vergangenem Freitag verstärkte Donald Trump damit den Druck auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Verbündete des US-Präsidenten verlangten eine Entschuldigung Selenskyjs oder dessen Rücktritt.
Betroffen von dem Stopp der noch unter der Vorgänger-Regierung genehmigten Militärgüter im Wert von 3,85 Milliarden Dollar sind alle bisher nicht gelieferten Waffen. Es geht außerdem um Lieferungen aus Pentagon-Beständen sowie Hilfen durch die Ukraine Security Assistance Initiative, über die Kiew direkt Militärausrüstung von US-Verteidigungsunternehmen kaufen kann.
Ukraine enorm unter Druck
Michael Kofman von der Carnegie Foundation schätzt, die Ukraine „könnte einige Wochen bis wenige Monate ohne US-Unterstützung auskommen“. Ein längerer Ausfall der Lieferungen sei allerdings schwierig, weil die Ukraine den Zugang zu fortgeschrittenen Luftabwehrsystemen, ballistischen Boden-Bodenraketen und weitreichender Artillerie verlieren werde.
Während das Ende des engen transatlantischen Schulterschlusses gegen Russland die Sicherheit der USA kurzfristig nicht gefährden werden, drohen dem Land sehr rasch andere negative Folgen dieser politischen Entscheidungen.
So reagierte Kanada am Dienstag umgehend mit Vergeltungszöllen im Umfang von 155 Milliarden Dollar, wobei die erste Tranche 30 Milliarden Dollar umfasst. „Ein Zoll auf Kanada ist eine Steuer auf die Amerikaner“, drohte Ontarios Premier Doug Ford mit Konsequenzen. „Wenn sie versuchen, Ontario zu vernichten, werde ich alles tun – einschließlich der Abschaltung ihrer Energieversorgung.“
Auch Mexiko kündigte Gegenmaßnahmen an. Die amerikanischen Zölle bedrohen ein über drei Jahrzehnte gewachsenes Handelssystem, von dem besonders die US-Automobilindustrie profitiert hat. Die Eskalation mit China erreicht ebenfalls neue Dimensionen. Binnen sechs Wochen seit Trumps Amtsantritt haben sich die Zölle auf chinesische Waren verdoppelt. Damit werden Produkte wie Computer, Spielzeug und Smartphones teurer, die Trump noch in seiner ersten Amtszeit verschont hatte.
Die Aktienmärkte stürzten nach der Ankündigung der Zölle ab. Der S&P 500 verzeichnete den größten Tagesverlust in diesem Jahr. Der technologielastige Nasdaq-Index büßte sogar 2,6 Prozent ein.
Wachsendes Unbehagen der US-Bürger
Politisch noch gefährlicher für Trump ist, dass seine strikte Handelspolitik die USA in eine Rezession stürzen könnte. Wichtige Indikatoren deuten darauf hin. Der viel beachtete Index der Universität Michigan für das Verbrauchervertrauen fiel im Februar auf den tiefsten Stand seit 2023. Ökonomen wie Michael Feroli von JPMorgan Chase warnen öffentlich vor einer „Stagflation“, also einer Phase, in der die Wirtschaft nicht wächst, während die Preise steigen.
All das wird Trump in der mit Spannung erwarteten „State of the Union“ in der Nacht zum Mittwoch erklären müssen. Bereits im Vorfeld versuchte er die Konsequenzen seiner Politik herunterzuspielen und die Chancen für „Made in USA“ zu betonen. „Sie müssen ihre Autofabriken und andere Dinge in den Vereinigten Staaten verlegen – dann gibt es keine Zölle.“
Die Amerikaner verfolgen mit wachsendem Unbehagen auch die Entlassungen im öffentlichen Dienst, die von Elon Musks Behörde Department of Government Efficiency (Doge) vorangetrieben werden und die Erwerbslosigkeit nach oben treiben. Bisher bemerken die Menschen wenig von den Wohltaten, die Trump im Wahlkampf versprochen hatte. Die anhaltend hohen Preise für Lebensmittel und Wohnraum bleiben ein nationales Thema. Von dem bei der Amtseinführung versprochenen „goldenen Zeitalter“ sind die USA weit entfernt.