Ankunftszentrum: Heidelberger stimmen über Standort ab

dpa/lsw Heidelberg. Die Verlegung des Heidelberger Ankunftszentrums für Flüchtlinge war eigentlich beschlossene Sache. Ein Bündnis machte dem Gemeinderat einen Strich durch die Rechnung. Es initiierte einen Bürgerentscheid. Am Sonntag stimmen die Heidelberger über den künftigen Standort ab.

Wahlplakate zum Bürgerentscheid am 11. April hängen am Bismarckplatz in der Innenstadt. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild

Wahlplakate zum Bürgerentscheid am 11. April hängen am Bismarckplatz in der Innenstadt. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild

Nach langem Tauziehen um den Standort für das Ankunftszentrum für Geflüchtete in Heidelberg sind jetzt die Bürger gefragt. Über zwei Möglichkeiten können am kommenden Sonntag 109 000 Heidelberger Wahlberechtigte entscheiden. Die bisherige zentrale Anlaufstelle für Geflüchtete im Areal der ehemaligen US-Siedlung Patrick-Henry-Village (PHV) hatte die Stadt dem Land nur vorübergehend bereitgestellt. Sie will dort einen neuen Stadtteil mit 10 000 Bewohnern als ökologisches Leuchtturmprojekt entwickeln. Aus Sicht von Stadt und Land bieten sich nach langem Suchlauf die „Wolfsgärten“ an, ein Standort auf einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Gewerbegebiet.

Das für Bündnis für Ankunftszentrum, Flüchtlinge und Flächenerhalt (BAFF) lehnt diese Lösung aus ökologischen, finanziellen und sozialen Gründen ab und initiierte ein erfolgreiches Bürgerbegehren, dem nun der Bürgerentscheid folgt. Die konkrete Frage an die Wähler ab 16 Jahren lautet: „Sind Sie gegen die Verlagerung des Ankunftszentrums für Flüchtlinge auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche Wolfsgärten?“ Das Bündnis favorisiert die Integration des Ankunftszentrums in den innovativen Stadtteil PHV und hofft auf ein mehrheitliches „Ja“.

Die Alternative zwischen dem Autobahnkreuz Heidelberg und einer Bahntrasse ist aus Sicht von Kritikern vor allem wegen Lärms und isolierter Lage menschenunwürdig. Auch der Verlust von acht Hektar ökologisch wertvoller Ackerfläche und einer Kaltluftschneise sei nicht hinnehmbar. Unter den Befürwortern dieses Areals waren bei der knappen Gemeinderatsabstimmung im Juni 2020 auch Grüne.

Nachdem auch die Heidelberger Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) Zweifel an dem Standort angemeldet hatte, bekräftigte Ministerpräsident Winfried Kretschmanns (Grüne) auf Bitten des Heidelberger Oberbürgermeisters Eckart Würzner (parteilos) die Wahl des Standortes. Heidelberg ist die einzige Kommune im Land, die einen Standort für ein solche Einrichtung der Erstaufnahme anbietet.

Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten beträgt. Diese Schwelle läge im Heidelberger Fall bei 21 800 Stimmen. Das Ergebnis hat dann die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses und kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden. Ist die erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat der Gemeinderat die Angelegenheit zu entscheiden.

Derzeit sind 664 Männer Frauen und Kinder im Ankunftszentrum untergebracht. Dort sind sie registriert und gesundheitlich untersucht worden und stellen ihren Asylantrag. Danach werden die Menschen auf die Stadt- und Landkreise verteilt. Bislang bietet das Zentrum Platz für bis zu 3500 Bewohner und 500 Mitarbeiter. Das Land als Finanzier stellt 100 Millionen Euro für einen Neubau bereit.

© dpa-infocom, dpa:210407-99-109074/2

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Erstellt:
7. April 2021, 06:12 Uhr

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