Anselm Grün in Backnang: „Wir können zum Sauerteig der Hoffnung werden“

Pater Anselm Grün war zu Besuch in der Backnanger Stiftskirche und hat einen Vortrag über Glaube, Liebe und Hoffnung gehalten.

Im Rahmen von „Kirche im Dialog“ hielt Pater Anselm Grün einen Vortrag. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Im Rahmen von „Kirche im Dialog“ hielt Pater Anselm Grün einen Vortrag. Foto: Alexander Becher

Von Uta Rohrmann

Backnang. „Glaube, Liebe, Hoffnung: Kann das Christentum zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen?“ Ein spannendes und aktuelles Thema an einem würdigen Ort, der Backnanger Stiftskirche, zu dem ein angesehener Referent gewonnen werden konnte: Der 77-jährige Pater Anselm Grün ist Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach und Autor von über 300 Titeln, die weltweit gefragt sind. Der promovierte Theologe, der auch Philosophie, Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaft studiert hat, war 36 Jahre lang Cellerar des Klosters und ist als geistlicher Berater, Referent und Kursleiter aktiv.

Vortrag drehte sich um die Themen Glaube, Hoffnung, Liebe

Pater Anselm entfaltete die drei Stichworte aus dem 13. Kapitel des ersten Korintherbriefes, Glaube, Hoffnung und Liebe, theologisch, aber auch ganz praktisch im Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen und gesellschaftliche Relevanz. Sowohl Zitate historischer Persönlichkeiten als auch Beispiele aus seiner seelsorgerlichen Beratungs- und Seminarpraxis fanden in seinem frei gehaltenen Vortrag Platz. Glaube, Hoffnung und Liebe seien sowohl Werte, um Menschen – etwa in Unternehmen – zu führen, als auch Werte für das Leben in der Gesellschaft, sagt Grün.

Glaube sei das Vertrauen, von Gott getragen und gehalten zu sein, mit ihm festen Grund unter den Füßen zu haben. Gleichzeitig ermögliche der Glaube einen anderen Blick auf Menschen. Man könne in anderen Menschen Gottes Gegenwart erkennen und müsse sie daher nicht mehr auf ihr Verhalten festlegen. Glaube entlaste auch bei Entscheidungen: „Ob sie richtig sind oder nicht, hängt nicht von meinem Grübeln ab, sondern letztlich vom Segen Gottes“, so der Mönch. Glaube schaffe auch Vertrauen zwischen Menschen. Ein wichtiger Aspekt des Glaubens sei die Sprache. Der Pater zitierte den jüdischen Dichter Paul Celan: „Es gibt keine Sprache ohne Glauben und keinen Glauben ohne Sprache.“ „Glaube wird sichtbar in der Art und Weise, wie ich mit Menschen und über sie spreche“, so der Referent. Entgegen der spaltenden Sprache in der Gesellschaft sei es die Aufgabe von Christen, eine versöhnende Sprache zu sprechen. „Mit der Sprache bauen wir ein Haus der Gesellschaft“, sagte der Pater.

Besondere Bedeutung von Hoffnung

Hoffnung könne im Gegensatz zur Erwartung nicht enttäuscht werden. Hoffnung gebe dem Leben Kraft und Lebendigkeit. Jeder Beruf, gut ausgeübt, vermittle Hoffnung. Es sei unerlässlich, Kindern mit Hoffnung zu begegnen, dass sie ihren Weg finden. Hoffnung sei in der Begleitung von Menschen in Krisen wichtig, damit diese nicht in der Opferrolle stecken blieben, sondern heil würden und im Leben von anderen eine gute Spur hinterlassen könnten. Die ersten Christen hätten Hoffnung ausgestrahlt, sodass andere sie danach fragten (1. Petrus 3,15). Auch heute sei es die Aufgabe von Christen, ein Sauerteig der Hoffnung in der Gesellschaft zu werden. Hoffnung ermögliche es, auch in kritischen Situationen den anderen nicht aufzugeben.

Liebe beinhalte die Hoffnung, auf der Grundlage des Angenommenseins immer mehr verwandelt zu werden in die eigene Gestalt. Dies sei etwas ganz anderes als ständig propagiert zu bekommen, sich durch bestimmte Methoden oder Programme ändern zu sollen. Liebe sei eine Kraftquelle: „Wenn ich die Leute mag, läuft die Interaktion beispielsweise in einer Sitzung viel besser.“ Gottes Liebe sei eine Kraftquelle, aus der Menschen schöpfen und die sie an andere weiterfließen lassen könnten. Dann sei Liebe nicht anstrengend. Liebe sei auch Verbundenheit. Es gelte dem anderen mit Wohlwollen und in der Liebe zu begegnen. „Wir sind verantwortlich, mit welchem Gefühl wir in den Tag gehen“, sagte Pater Anselm. „Wir sind kein Auslaufmodell, wenn wir glauben – im Gegenteil: Wir können zum Sauerteig der Hoffnung werden in der Liebe und der Versöhnung für diese Welt“, schloss Pater Anselm Grün.

Das gut besuchte Referat von Pater Anselm, das auch per Livestream verfolgt werden konnte, ist Teil der Vortragsreihe von „Kirche im Dialog“, einem seit 2005 bestehenden Angebot der Erwachsenenbildung, das von einem Team der Markusgemeinde vorbereitet wird.

Youtube Der Vortrag kann über Youtube noch gehört werden: www.gemeinde.backnang-stiftskirche.elk-wue.de

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Erstellt:
26. September 2022, 16:00 Uhr

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