Auf dem Tanzboden kennengelernt

Georg und Theresia Staudinger begehen am heutigen Mittwoch ihre diamantene Hochzeit. 1961 haben sie in Backnang geheiratet.

Bei Theresia und Georg Staudinger funkte es seinerzeit in Niederbayern. Foto: A. Becher/Repro: privat

© Alexander Becher

Bei Theresia und Georg Staudinger funkte es seinerzeit in Niederbayern. Foto: A. Becher/Repro: privat

Von Simone Schneider-Seebeck

Aspach. 19 Jahre alt waren die beiden, als sie sich beim Tanzen begegnet sind. „Da hat es dann gefunkt“, erinnert sich Theresia Staudinger. Das war in Niederbayern. Eher durch Zufall war sie mit ihrer Familie dort gelandet. Kurz nach dem Krieg, 1946, war ihre Familie aus Ungarn vertrieben worden, mit zwei Geschwistern und ihren Eltern hatte sie zunächst in einem Lager in Bayern gelebt, war dort aufgewachsen und zur Schule gegangen. Ihr Mann Georg lebte nur zwölf Kilometer entfernt und die gemeinsame Freude am Tanzen hatte die beiden schließlich zusammengeführt. Die standesamtliche Hochzeit fand am 22. Dezember 1961 bereits in Backnang statt.

Theresias Mutter war schon im Jahr davor in die Region gezogen. Da war es klar, dass Tochter und Schwiegersohn nachfolgen würden. Nach zwei Jahren zog das Paar dann nach Aspach, zunächst in eine Mietwohnung. Doch ein Eigenheim war das Ziel. In Eigenleistung bauten sie das Haus, in dem sie nun seit 1967 leben. Bereits 1965 kam die Tochter auf die Welt, zehn Jahre später folgte der Sohn. „Meine vier Geschwister und ich hatten bis dahin alle Mädchen bekommen. Daher war der Sohn ein Muss“, sagt Georg Staudinger verschmitzt. Nach einer Landmaschinenlehre in Niederbayern hatte er zunächst in Bayern, dann in der neuen Heimat als Landmaschinentechniker gearbeitet. Als „Neigschmeckter“ musste er dabei zunächst mit gewissen Sprachbarrieren kämpfen. So erzählt er, wie ihm bei der Arbeit einmal ein Gsälzbrot angeboten worden sei, was er freudig angenommen habe. Doch wie groß war das Erstaunen, als nicht das erwartete Rauchfleisch, Gselchtes im Bayerischen, sondern Marmelade gereicht wurde. Mittlerweile gebe es aber keine Sprachprobleme mehr, versichert Georg Staudinger augenzwinkernd. Geholfen hat dabei sicher auch, dass er bald in die Feuerwehr Kleinaspach eintrat: 40 Jahre war er dabei. Und mit der heimischen Sportkegelmannschaft war er ausgesprochen erfolgreich, wie die Pokale im Wohnzimmer bezeugen.

Aufgrund der aktuellen Lage wird der 60. Hochzeitstag nicht groß gefeiert

Nach drei Jahren mit den Landmaschinen entschloss er sich, zur Polizei zu gehen. Anschließend arbeitete er 20 Jahre als Fahrer und Personenschützer. Doch selbst im Ruhestand mochte er die Hände nicht vom Steuer lassen. „Ich habe Benzin im Blut“, bekennt der 79-Jährige. Und da kommt die Verbindung zum Ferber’schen Sonnenhof ins Spiel. Denn dieser ist nicht weit entfernt vom Heim der Staudingers. Theresia Staudinger arbeitete dort gut 20 Jahre als Servicekraft, nachdem sie zuvor in einer Spinnerei und einer Wäscherei tätig gewesen war. Heute ist die Tochter dort beschäftigt. Mit der Familie Ferber entwickelte sich über die Jahre eine schöne Verbundenheit. Die beiden sprechen mit großer Hochachtung von den Seniorchefs. Was lag näher, als die Leidenschaft für motorisierte Fahrzeuge direkt in der Nachbarschaft auszuleben? Das Zügle hat Staudinger dort gefahren, mit dem Reisebus Gäste aus ganz Deutschland hergebracht. Und Andrea Berg mit dem auffälligen Doppelstockbus zu Konzerten gefahren. „Egal wo ich hinkam, es gab einen Volksaufstand“, erinnert er sich. Einmal wurde er sogar von der Polizei angehalten, damit die Beamten ein Bild vom Tourbus machen konnten. „Das hat mir Spaß gemacht.“

Sie heirateten vor 60 Jahren in Backnang.

© Alexander Becher

Sie heirateten vor 60 Jahren in Backnang.

Theresia Staudinger hat ein Händchen für Kunst und Gestaltung, sie hat sich früher mit Bauernmalerei beschäftigt. Jetzt kümmert sie sich liebevoll um den Garten, an ihr sei eine Floristin verloren gegangen, sagt ihr Mann stolz. Durch den Beruf waren sie oft getrennt. Doch: „Wenn man wieder zurückgekommen ist, dann war es umso schöner“, erklärt Georg Staudinger. Beide sind sich einig darin, dass Kompromissbereitschaft zu einer guten Ehe dazugehört: „Einmal muss der eine nachgeben, einmal der andere.“

Langweilig ist den beiden Senioren nicht. Sie spielen gern Karten zusammen, vor allem Rommé, und bis letztes Jahr hat der kleine Malteser Whisky sie auf Trab gehalten. Den weißen Hund mit den Knopfaugen haben sie von Familie Ferber übernommen. Nach acht Jahren ist er im letzten Jahr verstorben. „Der hat uns verteidigt, so was habe ich noch nicht erlebt“, erzählen die beiden. Aufgrund der aktuellen Lage wird der 60. Hochzeitstag nicht groß gefeiert. Aber vielleicht machen sie es wie bei der goldenen Hochzeit.

Da die kirchliche Trauung 1962 im Juni stattfand und zudem beide in diesem Monat auch Geburtstag feiern, haben sie vor zehn Jahren alles zusammen im Sommer gefeiert. Es wäre schön, wenn das auch im kommenden Jahr klappen würde.

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Erstellt:
22. Dezember 2021, 06:00 Uhr

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