Auf diesem Hof in Burgstetten sind Schwalben willkommen

Die Familie Voltz hat auf ihrem Hof in Burgstetten einiges getan, damit sich Rauchschwalben wohlfühlen. Ihre Bemühungen waren von Erfolg gekrönt, für ihr Engagement sind sie nun auch vom Nabu ausgezeichnet worden.

In der Scheune des Biolandhofs fühlen sich die Rauchschwalben wohl. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

In der Scheune des Biolandhofs fühlen sich die Rauchschwalben wohl. Fotos: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Burgstetten. Schwalben haben in bäuerlichen Familien schon seit je her einen hohen Stellenwert. „Man hat sich gefreut, wenn die ersten Schwalben kommen“, erklärt Beate Häußermann-Voltz, die zusammen mit ihrem Mann einen Biolandhof in Burgstetten betreibt. Die Ankunft der Tiere sei in der Familie immer thematisiert worden. „Das hatte auch etwas Emotionales, etwas Gutes fürs Gemüt“, führt sie aus. Umso größer war der Schreck, als das Paar feststellen musste, dass die Zahl der Rauchschwalben auf ihrem Hof vor etwa zehn Jahren dramatisch eingebrochen war. Schon vor etwa 20 Jahren war ein neuer Stall für die Kühe gebaut worden, ab da habe man sehen können, dass es weniger Vögel werden, die den Sommer in Burgstetten verbringen. „Als nur noch zwei Nester belegt waren, haben bei uns die Alarmglocken geschrillt“, erzählt Helmut Voltz. Für ihn und seine Frau war direkt klar: „Wir müssen was tun, bevor sie ganz weg sind.“

Gesagt, getan. Nisthilfen wurden angebracht. Das Fenster am Eingang des Stalls wurde extra neu konstruiert, damit die Scheune einerseits für die Schwalben Tag und Nacht zugänglich war, andererseits aber Fuchs oder Marder nicht eindringen können. Im neueren Pferdestall hätten die Bemühungen, Schwalben anzulocken, leider keinen Erfolg gehabt, berichtet Familie Voltz. Darin sei es den Vögeln offenbar zu zugig. Aber im Kuhstall stellten sich bald Erfolge ein. „Die Kunstnester brauchen wir nicht mehr“, berichtet Helmut Voltz. „Die Schwalben kleistern ein Nest an so ziemlich jeden Balken“, erzählt er schmunzelnd. In diesem Jahr habe er 20 Nester gezählt, in 16 davon habe es eine zweite Brut gegeben. Jeweils zwischen vier und sechs Jungvögel seien pro Nest und Brut geschlüpft. Ein toller Erfolg, der aber noch nicht das Ende sei: „Da geht noch was“, ist sich Voltz sicher.

Der Hof von Helmut Voltz (links) und Beate Häußermann-Voltz ist vom Nabu, vertreten durch Jochen Schäufele, als schwalbenfreundliches Haus ausgezeichnet worden.

© Alexander Becher

Der Hof von Helmut Voltz (links) und Beate Häußermann-Voltz ist vom Nabu, vertreten durch Jochen Schäufele, als schwalbenfreundliches Haus ausgezeichnet worden.

Für ihren Einsatz für die Rauchschwalben ist der Betrieb der Familie Voltz jüngst auch vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) als schwalbenfreundliches Haus ausgezeichnet worden. „Das ist hier mehr als verdient und absolut nachahmenswert“, findet Jochen Schäufele, der als Vorsitzender des Nabu Aspach die Plakette überreichte. Mit der Auszeichnung wolle man auch auf die Problematik des Artensterbens aufmerksam machen, das längst in der Region angekommen ist. „Der sogenannte stumme Frühling kommt mit Siebenmeilenstiefeln auf uns zu“, sagt er. Bei heimischen Vögeln könne ein erheblicher Bestandsrückgang verzeichnet werden. Zurückzuführen sei das vor allem auf das Insektensterben. Zudem werden die Wege für Zugvögel immer länger, denn sie überwintern südlich der Sahara.

Die Rauchschwalben haben hierzulande noch ein weiteres Problem: Kleinere Höfe mit Tierhaltung werden immer weniger. Darauf sind die Vögel aber angewiesen. Zum einen, weil dort oftmals noch ältere Scheunen mit viel Gebälk in der Nutzung sind. Und noch etwas ist entscheidend: der Dung der Tiere. „Da kommen ganz andere Insekten vor“, erklärt Jochen Schäufele. Zumindest dann, wenn es sich nicht um Massentierhaltung handelt. „Das geht nur, wenn keine Antibiotika und Ähnliches eingesetzt werden. Sonst ist der Fladen tot“, führt Helmut Voltz aus. Von seinen Kühen profitieren auch andere Vögel. Seit 2013 grasen sie auf einer Weide, die der Landwirt extra für die Tiere eingesät hat. Begleitet werden sie dabei den ganzen Tag lang von einer Vielzahl von Staren. „Die sitzen auf den Kühen und gehen die Kuhfladen durch“, erklärt er. Für die Wiederkäuer habe die Anwesenheit der Vögel Vorteile, da sie den Fliegenbestand reduzieren.

Bei den Mehlschwalben haben die Nisthilfen noch nicht geholfen

Auf dem Hof der Familie Voltz kommen noch weitere Vorteile für die Rauchschwalben hinzu: So gebe es beispielsweise viele Möglichkeiten für die Vögel, sich mit Wasser zu versorgen. Und dadurch, dass auch Pferde und Hühner gehalten werden, finden die Vögel Nistmaterial in Hülle und Fülle. „Die Rauchschwalben bauen mit Mist und Stroh, nutzen aber auch Pferdehaare oder Federn“, weiß Beate Häußermann-Voltz. Nachdem die erste Brut ausgeflogen ist, könne man auch gut beobachten, wie bei den Schwalben groß reinegemacht wird, bevor sie erneut Eier legen. „Das werden auch die Nester repariert.“

Für den Nestbau verwenden Rauchschwalben allerlei verschiedene Materialien – unter anderem auch Pferdehaare. An den Holzbalken in der Scheune fühlen sie sich wohl.

© Alexander Becher

Für den Nestbau verwenden Rauchschwalben allerlei verschiedene Materialien – unter anderem auch Pferdehaare. An den Holzbalken in der Scheune fühlen sie sich wohl.

Dass sich auch die ebenfalls bedrohte Art der Mehlschwalben (siehe Infobox) auf dem Hof in Burgstetten ansiedelt, ist hingegen noch nicht gelungen, „trotz vieler Versuche“, sagt Helmut Voltz. Die Nisthilfen, welche er am Pferdestall unter dem Dach angebracht hat, wurden nicht angenommen. Die Vögel seien recht standorttreu, erklärt Jochen Schäufele. Zwar müssen auch sie sich notgedrungen neue Reviere erschließen, sie tun es aber nur ungern.

Umso wichtiger ist es, dass sich Menschen wie die Familie Voltz aktiv für die Vögel einsetzen. Die diesjährige Schwalbensaison auf dem Biolandhof nähert sich bereits dem Ende. „Wenn sie sich sammeln, weiß der Bauer: Die Zeit tickt, der Herbst kommt bald“, erklärt Helmut Voltz. Das Ziehen der Rauschwalben sei für ihn dann mit einem Gefühl der Wehmut verbunden.

Schwalbenbestände nehmen dramatisch ab

Rauchschwalbe In Deutschland ist die Rauchschwalbe nur von etwa April bis Oktober zu beobachten, sie überwintert in Afrika. Ihre Nahrung besteht aus fliegenden Insekten, hauptsächlich Fliegen und Mücken, oder Spinnen. Als Lebensraum bevorzugt sie ländliche Gegenden mit offenen Scheunen, Ställen und verwinkelten Gebäuden, sie brütet auf mehr oder weniger engem Raum als Kolonie.

Gefährdung Laut dem nationalen Vogelschutzbericht ist ihr Bestand um 26 Prozent zurückgegangen. Sie wird auf der Vornwarnliste gefährdeter Arten geführt. Die Zerstörung von Nestern, Insektenschwund und geschlossene Tierställe bereiten ihr große Probleme. „Wenn die Tierhaltung aufgegeben wird, verschwinden in wenigen Jahren auch die Schwalben“, erklärt Jochen Schäufele.

Mehlschwalbe Bereits als gefährdet eingestuft ist die Mehlschwalbe – ebenfalls ein Zugvogel und Koloniebrüter. Anders als die Rauchschwalbe ist sie nicht auf Tierhaltung angewiesen, baut aber ihre Nester unter Dach- oder Fassadenvorsprüngen und an Felswänden. Moderne Architektur macht es Schwalben oft unmöglich, ihre Nester zu bauen. Ihr Bestand ist um 44 Prozent zurückgegangen.

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Erstellt:
13. August 2022, 06:00 Uhr

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