Bachert erinnert Stadt an ihr Versprechen

Das Geld, das für die Sanierung des Hauses Schillerplatz 3 eingespart wurde, müsste dem sozialen Wohnungsbau zugutekommen

Werner Bachert vom Mieterverein Backnang hakte im Gemeinderat nach, wie das Versprechen eingelöst wurde, wonach die Stadt den sozialen Wohnungsbau fördern wollte. Ganz konkret nämlich mit dem Geld, das durch den Wegfall der Sanierung des Hauses Schillerplatz 3 eingespart werden konnte. OB Frank Nopper konterte die verborgene Kritik, die Stadt habe weit mehr als die angesprochenen 650000 Euro in den sozialen Wohnungsbau gepumpt.

Die Stadt sieht sich aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage, das Haus Schillerplatz 3 selbst zu sanieren. Zudem hat die Verwaltung derzeit keinen weiteren Raumbedarf. Zuletzt ging EBM Siegfried Janocha davon aus, für das Haus noch 2019 einen neuen Eigentümer finden zu können. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Stadt sieht sich aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage, das Haus Schillerplatz 3 selbst zu sanieren. Zudem hat die Verwaltung derzeit keinen weiteren Raumbedarf. Zuletzt ging EBM Siegfried Janocha davon aus, für das Haus noch 2019 einen neuen Eigentümer finden zu können. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Dass Werner Bachert verärgert ist, daraus machte er in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats keinen Hehl. Hatte doch die Stadt Ende 2016 darauf gedrängt, dass alle Mieter des Gebäudes Schillerplatz 3 – darunter auch der Mieterverein Backnang – ausziehen müssen, weil sie das Haus an einen Investor verkaufen wollte. Nach und nach seien alle Mieter ausgezogen, seit einigen Wochen nun als letzter auch der Mieterbund Backnang, der seither in der sogenannten Villa Rutsch in der Erbstetter Straße 28 seine Dienste anbietet. Bachert, der als zweiter Vorsitzender des Mietervereins mit Herzblut die Interessen von Mietern vertritt, stichelte nun: „Am Rande erwähnt sei, das Gebäude, welches 2016 so dringlich verkauft werden sollte – man hatte angeblich sogar einen Käufer –, steht nun heute, also 2019, unbewohnt und unverkauft herum.“

Viel mehr wurmte es Bachert jedoch, dass das Gebäude, das 1997 laut dem damaligen Kämmerer Manfred Wohlfarth „eigentlich als Heim für Vereine und Organisationen angedacht war“, in der Vergangenheit „leider nicht in der Form gepflegt wurde, wie man es hätte erwarten können“. So wurde das Geld, das laut den jeweiligen Haushaltsplänen für die Wartung und Instandhaltung eingesetzt werden sollte, nie abgerufen. In einer Sitzungsvorlage nach der Verkaufsidee schreibt die Stadt selbst von einer eingesparten Gesamtsumme von 650000 Euro. Dieses Geld sollte laut dem damaligen Beschluss für die Finanzierung bezahlbaren Wohnraums eingesetzt werden, „an dem es in der Stadt seit vielen Jahren mangelt“, so die Einschätzung des Funktionärs des örtlichen Mietervereins.

„Seit Jahren warte ich auf Informationen, was mit dem eingesparten Geld geschehen ist“

Bachert hakte deshalb in der Bürgerfragestunde mit subtilem Unterton nach: „Ich will nun nicht vertiefend darauf eingehen, ob ich diese Lösung sinnvoll halte, genauso wenig wie ich darauf eingehen möchte, dass der eigene Wohnungsbestand Backnangs vor Jahren in unsinniger Weise verkauft wurde. Ich sitze jetzt hier nur, um nachzufragen, was mit diesen 650000 Euro inzwischen geschehen ist.“ Die Antwort interessierte ihn umso mehr, da er eigenen Worten zufolge seit Jahren und Jahrzehnten mehr oder weniger regelmäßig als Zuhörer bei den Sitzungen des Gemeinderats anwesend ist und seit der Entscheidung aus dem Jahr 2016 auf Informationen warte, was mit dem eingesparten Geld geschehen ist.

Oberbürgermeister Frank Nopper ließ den Vorwurf nicht unbeantwortet. Er erklärte, dass die Stadt in den vergangenen Jahren viel mehr als die Summe von 650000 Euro für den sozialen Wohnungsbau ausgegeben habe. Und auch Erster Bürgermeister Siegfried Janocha betonte, die Beträge lägen gar im Millionenbereich. Zusammen mit weiteren 1,3 Millionen Euro, die in den Jahren 2020 bis 2022 als Kapitaleinlage an die Städtische Wohnbau GmbH fließen sollen, werden es laut Janocha in der Summe weit mehr als drei Millionen Euro sein, die für diese Zwecke investiert werden.

Auch den derzeitigen Leerstand des Gebäudes Schillerplatz 3 begründete Janocha. „Wir haben derzeit mehrere Interessenten für das Haus. Deshalb richten wir derzeit ein freiwilliges Ausschreibungsverfahren aus, bei dem die Interessenten Konzepte vorlegen müssen, wie sie den geforderten Denkmalschutz am besten umsetzen möchten und welche künftige Nutzung des Gebäudes ihnen vorschwebt.“ Beide Aspekte – Denkmalschutz und Nachnutzung – sind für die Entscheidung der Stadt ebenso wichtig wie die Höhe des möglichen Verkaufserlöses, betonte Janocha.

Trotz der Erklärungen war Bachert nicht zufrieden. Er erinnerte daran, dass Nopper versprochen hatte, immer Bericht zu erstatten, wie das Geld eingesetzt werde. Dies sei nie geschehen. Nun klagte Bachert: „Ich finde es unerträglich, wenn Versprechungen gemacht und dann nie eingehalten werden.“ Nopper vertrat die Ansicht, die Investitionen in den Wohnungsbau seien immer wieder Thema im Gremium gewesen. Und so lautete sein letztes Wort: „Ich weise den Vorwurf höflich, aber doch entschieden zurück.“

Info
Haus Schillerplatz 3 steht seit längerer Zeit leer

Im Haus Schillerplatz 3 waren einst mehrere Organisationen untergebracht, so etwa die Geschäftsstelle der Lebenshilfe Kreisvereinigung Rems-Murr und das Büro des Lebenshilfe-Bundesvorsitzenden, die Büros der SPD-Abgeordneten Christian Lange und Gernot Gruber, die Geschäftsstellen des VdK-Kreisverbands und des VdK-Ortsverbands, der Mieterbund Backnang und Umgebung, die Seniorenwerkstatt Backnang und das Büro des Waldkindergartens.

Nach der Kündigung der Mietverträge waren in den vergangenen Jahren nach und nach einzelne Mieter ausgezogen, sodass der Großteil des Gebäudes schon seit längerer Zeit leer stand. Im Frühjahr dieses Jahres zogen dann auch die Seniorenwerkstatt und das Büro des Waldkindergartens in das städtische Gebäude Wassergasse 2 und der Mieterverein Backnang und Umgebung in die sogenannte Villa Rutsch in die Erbstetter Straße 28 um.

Enttäuscht ist Bachert von der mangelnden Unterstützung der Stadt, als es um die Suche nach Ersatzräumen ging, „da habe ich mir mehr erhofft“. Bachert erinnert daran, dass der Verein die Zusage der Stadt erhalten habe, „dass uns die Stadt bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten unterstützen würde“. Die Hilfe bestand laut Bachert allerdings nur in der Tatsache, „dass wir zweimal ein Schreiben bekamen mit Hinweisen auf Mietobjekte von Scout 24 oder ähnlichen Internetplattformen.“

Die Konsequenz daraus war, dass der Verein sich selbst um Ersatz bemühte. Und so erlebte der Mieterverein einmal selbst hautnah, was es bedeutet, günstigen Mietraum zu suchen. Etwa 20 Objekte wurden besichtigt. Die Gründe, dass die Verhandlungen jeweils scheiterten, waren vielfältig. Bachert: „Entweder zu groß oder zu klein oder viel zu teuer. Einmal trafen wir auf die Vorstellung von 21 Euro pro Quadratmeter.“

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Erstellt:
1. Oktober 2019, 06:00 Uhr

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