Backnang feiert König Charles’ Krönung

Die einzige öffentliche Veranstaltung zur Krönung von Charles III. in Deutschland findet am Samstag im Musiksaal des Max-Born-Gymnasiums statt. Eine engagierte Lehrerin und der Städtepartnerschaftsverein Backnang/Chelmsford haben das Public Viewing organisiert.

Das Aufsetzen der Krone ist der Höhepunkt der stundenlangen Zeremonie in London. Die Schülerinnen und Schüler des Max-Born-Gymnasiums verfolgen sie live mit. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Das Aufsetzen der Krone ist der Höhepunkt der stundenlangen Zeremonie in London. Die Schülerinnen und Schüler des Max-Born-Gymnasiums verfolgen sie live mit. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Katharina Riener

Backnang. Der Musiksaal des Max-Born-Gymnasiums in Backnang ist am Samstag festlich geschmückt. Wimpel und Flaggen in den Farben des Vereinigten Königreichs hängen von der Decke. Vorne auf der Leinwand läuft die Liveübertragung der britischen Rundfunkanstalt BBC: die Krönungszeremonie von Charles III., gestreamt aus der Westminster Abbey in London.

Zum „Big Lunch“, so der Name der Veranstaltung, wird britische Kost angeboten: Kekse in Kronenform zum Beispiel oder ein Stück Coronation Quiche – die Spezialität, die sich das Königspaar zum Krönungslunch gewünscht hatte. Diese Quiche mit Spinat und Bohnen wird an diesem Tag bei Krönungsfeiern auf der ganzen Welt verspeist. Die Schülerinnen und Schüler des Max-Born-Gymnasiums haben sie selbst gebacken – nach dem Rezept, das das Königspaar für diesen Anlass ausgesucht hat.

Feste zu königlichen Großereignissen haben in Großbritannien Tradition

Mit dem Erlös wollen sie das Budget für ihre Studienfahrt nach London aufbessern. Ziel ist es, genug Geld für eine Führung durch die Westminster Abbey zusammenzubekommen, um sich vor Ort noch einmal anzuschauen, wo Charles auf seine Rolle als britisches Staatsoberhaupt eingeschworen wurde. Damit würde sich der Kreis schließen. Mindestens für eine Schifffahrt auf der Themse sollte das Geld aber reichen.

In Großbritannien haben Feste zu königlichen Großereignissen wie beispielsweise der Krönung Tradition. Das hat Englischlehrerin Dorothee Ziesik bei ihrem Besuch an der Partnerschule des Max-Born-Gymnasiums in Chelmsford erfahren. „Bei einer Kollegin zu Hause sperren sie bei solchen Anlässen die Straße ab, dann kommt die ganze Nachbarschaft zusammen und jeder bringt Tische, Stühle und etwas zu Essen mit“, berichtet sie. Eine schöne Tradition, findet Ziesik, und etwas, „was das Land noch zusammenhält“.

Rosina Knecht (rechts), Englischlehrerin aus Heilbronn, holt sich ein Stück Coronation Quiche. Zur Feier des Tages hat sie sich eine britische Flagge um die Schultern gelegt.

© Tobias Sellmaier

Rosina Knecht (rechts), Englischlehrerin aus Heilbronn, holt sich ein Stück Coronation Quiche. Zur Feier des Tages hat sie sich eine britische Flagge um die Schultern gelegt.

Die königlichen Hochzeiten hat sie zu Hause im kleinen Kreis mit ihren Freundinnen verfolgt. Das war ursprünglich auch der Plan für die Krönungsfeier. „Aber dann dachte ich: Warum soll nur ich etwas davon haben?“ Durch den Brexit sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien angespannt. Also beschloss Ziesik, mit dem Partnerschaftsverein ein gemeinnütziges Event zu organisieren, das die Menschen wieder zusammenbringt – und der Studienfahrt ihrer Schülerinnen und Schüler zugutekommt. Sie haben neben den Keksen und der Krönungs-Quiche typisch britisches Gebäck wie Scones und Sausage Rolls (Würstchen im Blätterteig) gebacken. Aber auch deutsche Kuchenklassiker haben sie im Angebot.

Der „Big Lunch“ in Backnang ist die einzige öffentliche Krönungsveranstaltung in Deutschland. Warum, weiß dort niemand so genau. Ziesik vermutet, „dass der Organisationsaufwand für viele eine zu große Hürde ist“. Für sie, die Schülerinnen und Schüler und den Partnerschaftsverein Backnang/ Chelmsford würde es sich aber lohnen. Und man merke ja, dass es ein öffentliches Interesse gebe: Daran, dass die Leute kommen.

Englischlehrerin ist eigens aus Heilbronn nach Backnang gekommen

Und tatsächlich: Langsam, aber sicher füllt sich der Musiksaal, je näher es auf 13 Uhr zugeht – der Stunde, zu der Charles die Krone aufgesetzt bekommen soll. Unter den Besuchern ist auch Rosina Knecht. Die Englischlehrerin ist eigens aus Heilbronn nach Backnang gekommen, um mit anderen Interessierten die Krönung mitzuerleben. Ein richtiger Royals-Fan ist sie zwar nicht, aber „als Englischlehrerin gehört es dazu, sich zu interessieren und zu informieren“. Das findet auch Ziesik. Sie möchte als Lehrerin nicht nur Sprachkenntnisse vermitteln, sondern auch den kulturellen Hintergrund des Landes, aus dem die Sprache stammt. „Das ist mir sehr wichtig, und das geht nur, wenn die Schülerinnen und Schüler solche Großereignisse bewusst miterleben“, erklärt Ziesik. „Meine Schüler reflektieren das schon, den Unterschied zwischen der Königsfamilie und dem britischen Volk, dem es wirtschaftlich schlecht geht. Aber auch die zusammenhaltende Wirkung, die die Royals ausüben.“

Backnang steht neben New Yorkund London auf der Landkarte

Öffentliche Krönungsfeiern im britischen Ausland, wie die in Backnang, werden vom Eden Project mit Werbung unterstützt. Die gemeinnützige Stiftung für Völkerverständigung veröffentlicht eine Karte mit allen Orten weltweit, an denen solche Feiern stattfinden. „Es hat natürlich etwas, dass wir Backnang neben New York und London auf die Landkarte gekriegt haben“, so David Whitehead, Erster Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Backnang/Chelmsford und einer von, wie er sagt, nur zwei Chelmsfordern in Backnang. Briten sind es etwas mehr in der Stadt, aber auch nicht viele. „Umso schöner ist es, dass wir heute zur Coronation alle zusammenkommen“, freut sich Whitehead. Auch darüber, „dass auch das Interesse auf deutscher Seite so groß ist“. Der Verein möchte die Bürger von Backnang und Chelmsford einander näherbringen. Whitehead ist sich sicher: „Diese internationalen Verbindungen sind sehr wichtig, gerade jetzt, wo wieder Krieg herrscht.“ Die Partnerschaft zwischen Backnang und Chelmsford besteht seit 1990, war aber über die Jahre etwas eingeschlafen. Erste Wiederbelebungsversuche des Vereins wurden durch die Pandemie unterbrochen. „Aber jetzt legen wir wieder richtig los“, kündigt Whitehead an.

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Erstellt:
8. Mai 2023, 06:00 Uhr

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