Backnang ist 249 Millionen Euro wert

Mit vier Jahren Verspätung hat die Stadt ihre Eröffnungsbilanz vorgelegt. Dafür wurde erstmals das komplette städtische Vermögen bewertet.

Die Stadt Backnang musste den Wert aller Gebäude und Infrastruktur berechnen. Archivfoto: K. Fritz

Die Stadt Backnang musste den Wert aller Gebäude und Infrastruktur berechnen. Archivfoto: K. Fritz

Von Kornelius Fritz

Backnang. Was kostet eine Unterführung und wie bestimmt man den Wert eines Friedhofs? Vor solchen Fragen stand das Team der Backnanger Stadtkämmerei in den vergangenen Jahren. Denn mit der Umstellung vom sogenannten kameralen auf das neue doppische Rechnungswesen waren die Kommunen in der Pflicht, erstmals ihr komplettes Vermögen zu bewerten und in einer Bilanz zu erfassen.

Das neue Haushaltsrecht, das seit 2020 für alle Kommunen in Baden-Württemberg vorgeschrieben ist, soll die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden transparenter machen. Über Abschreibungen fließt nun auch der Werteverzehr in das Jahresergebnis ein. So ist aus den Zahlen leichter erkennbar, ob eine Kommune ihre Infrastruktur in Schuss hält oder sie – zulasten künftiger Generationen – vergammeln lässt. Die Stadt Backnang hat bereits zum 1. Januar 2018 auf das neue Haushaltsrecht umgestellt, die Eröffnungsbilanz haben Finanzbürgermeister Siegfried Janocha und Kämmerer Alexander Zipf aber erst jetzt vorlegt. „Es war ein irrsinniger Aufwand“, erklärt Janocha die vierjährige Verspätung.

Mehrere Tausend Vermögenswerte musste das Team der Stadtkämmerei einzeln unter die Lupe nehmen. Unter anderem wurden rund 500 Straßen, 48 Brücken, 27 Schulen und acht Friedhöfe bewertet. Anders als andere Städte hat Backnang dabei auch nicht auf die Hilfe eines externen Dienstleisters zurückgegriffen.

Rechnungen im Archiv gesucht

Aber wie bestimmt man eigentlich den Wert von öffentlicher Infrastruktur, die ja nicht verkäuflich ist? Wo es möglich war, wurden die Anschaffungs- und Herstellungskosten abzüglich der bisherigen Abschreibungen angesetzt. Um diese Werte auch für ältere Gebäude und Einrichtungen herauszufinden, hätten die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilweise in Archiven gesucht, berichtet Janocha. Wo die Kosten nicht mehr zu ermitteln waren, wurde mit Pauschalwerten gerechnet. So wurde etwa ein Quadratmeter Hauptstraße mit 139 Euro angesetzt, bei einer Anliegerstraße waren es nur 106 Euro, ein Kunstrasenplatz ist 64 Euro pro Quadratmeter wert und eine Weitsprunggrube 422 Euro.

In Summe kam man so auf ein Sachvermögen von knapp 194 Millionen Euro. Hinzu kommt noch ein Finanzvermögen von rund 55 Millionen Euro, sodass die Stadt Backnang insgesamt rund 249 Millionen Euro wert ist – zumindest auf dem Papier.

Zweifel im Gemeinderat

Den jährlichen Wertverlust durch Abschreibungen beziffert der Kämmerer auf 5,5 Millionen Euro. Diesen Betrag muss die Stadt im laufenden Betrieb als Überschuss erzielen, um damit nötige Ersatzinvestitionen zu finanzieren. Zipf hält das für machbar, schließlich habe der Überschuss im Verwaltungshaushalt des alten Systems im Schnitt bei rund sieben Millionen Euro gelegen. „Ich gehe davon aus, dass wir den Haushaltsausgleich gut hinbekommen werden“, sagt der Kämmerer.

An der Aussagekraft der Bilanz gibt es im Gemeinderat zwar Zweifel, Zipf betont allerdings, dass sich die noch ungenauen Werte im Lauf der Zeit der Realität annähern werden, da alle neuen Investitionen seit 2018 exakt erfasst werden, während alte, abgeschriebene Vermögenswerte nach und nach aus der Bilanz verschwinden.

Mit der Eröffnungsbilanz ist die Fleißarbeit für die Kämmerei allerdings noch nicht abgeschlossen, denn nun müssen auch noch die Abschlussbilanzen für die Jahre 2018 bis 2021 erstellt werden. „Das wird noch einige Zeit dauern“, prophezeit Siegfried Janocha, sieht Backnang aber in guter Gesellschaft. Auch die anderen Großen Kreisstädte im Rems-Murr-Kreis seien damit noch längst nicht fertig.

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Erstellt:
8. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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