Backnang-Süd bleibt der Knackpunkt

Beim Ausbau der B14 pocht das Regierungspräsidium auf die Umsetzung seiner modifizierten und verbesserten Pläne. Der Vorschlag der Backnanger Stadtverwaltung mit einem Doppelknoten stößt bei der Behörde auf wenig Gegenliebe.

An der Spritnase stoßen die Heinrich-Hertz- und die Stuttgarter Straße auf die B14. Wie die künftige Anschlussstelle Backnang-Süd leistungsfähig gebaut werden soll, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Aber nur wenn die Auffahrt auf die Bundesstraße problemlos funktioniert, werden die Ortsdurchfahrten in Waldrems und Heiningen entlastet. Foto: E. Layher

© Edgar Layher

An der Spritnase stoßen die Heinrich-Hertz- und die Stuttgarter Straße auf die B14. Wie die künftige Anschlussstelle Backnang-Süd leistungsfähig gebaut werden soll, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Aber nur wenn die Auffahrt auf die Bundesstraße problemlos funktioniert, werden die Ortsdurchfahrten in Waldrems und Heiningen entlastet. Foto: E. Layher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Der Knackpunkt beim Weiterbau der B14 ist und bleibt die Anschlussstelle Backnang-Süd. Das zeigte sich ganz eindeutig in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, in der sowohl die Vertreter des Regierungspräsidiums (RP) als auch der Stadtverwaltung ihre Vorstellungen präsentierten. Denn obwohl es bei mehreren Abschnitten des Bundesstraßenausbaus Unwägbarkeiten und Verzögerungen gibt, drehte sich die Diskussion am Donnerstagabend ausschließlich um den Anschluss Backnang-Süd. Dabei prallten Welten aufeinander, was die Ausgestaltung des Knotens angeht. Zwar räumte Matthias Bauer, der stellvertretende Leiter des Baureferats Süd im Regierungspräsidium, ein, dass es nötig war, die einstigen Planungen zu verbessern. Aber er zeigte sich auch überzeugt davon, dass mit einigen Modifikationen die Leistungsfähigkeit der Anschlussstelle hergestellt werden kann. So sollen mehrere Bereiche des Knotens entgegen der bisherigen Planung mit zwei Fahrspuren ausgestattet werden. Damit könnte verhindert werden, dass sich Rückstaus bilden, die im ungünstigsten Fall bei der bisherigen Planung während des Berufsverkehrs sogar bis in die B14 hineingereicht hätten.

Die Stadtverwaltung zeigte sich hingegen überhaupt nicht überzeugt von diesem Modell und präsentierte im Gegenzug ihre eigene Planungsvariante, wonach mit einem Doppelknoten die Leistungsfähigkeit des Anschlusses deutlich verbessert werden könnte. Aber dazu müsste der bisherige Planungsbereich verlassen werden, was entweder über einen zusätzlichen Bebauungsplan geregelt werden sollte oder einen neuen Planfeststellungsbeschluss zur Folge hätte. Die erste Möglichkeit steht rechtlich auf sehr unsicheren Füßen, so die RP-Vertreter. Es gebe keine Erfahrungswerte, ob solch tiefgreifende Änderungen einfach mit einem relativ einfachen Bebauungsplan abgedeckt werden dürfen. Zudem müsste die Stadt erst noch den Grunderwerb tätigen und alle Mehrkosten selbst schultern. Da bei dieser Variante unter anderem auch eine zusätzliche Brücke und eine Querspange vorgesehen sind, dürften die Mehrkosten locker im zweistelligen Millionenbereich angesiedelt sein.

Aber auch die zweite Variante, den Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2005 nochmals aufzuknüpfen, ist wenig zielführend. Denn dies würde zu jahrelangen Verzögerungen führen. Bauer erklärte dazu unmissverständlich: „Der Bund wird nicht noch einmal das große Paket aufschnüren.“ Er zeigte sich gewillt, die modifizierte Planung letztendlich durchzusetzen. „Der Bund baut hier nicht nur für Backnang und dessen Bürger, sondern er baut mit der vierstreifigen B14 auch sein Bundesfernstraßennetz aus. Insofern duldet er keine weitere Verzögerung, zumal das Projekt sich schon viele Jahre hinzieht.“ Gleichzeitig wies Bauer den mehrfach geäußerten Vorwurf zurück, es würden einfach nur alte Pläne umgesetzt und die künftige Verkehrsentwicklung nicht berücksichtigt. „Wir betrachten nicht nur den heutigen Verkehr, sondern haben der Verkehrsentwicklung die Prognosen fürs Jahr 2035 zugrunde gelegt. Das ist üblich und überschaubar, alles darüber hinaus käme einem Stochern im Nebel gleich.“ Insofern ziehe das Regierungspräsidium „nicht den Planfeststellungsbeschluss von 2005 einfach stur durch, sondern wir haben die Planung modifiziert“.

Als Beleg verwies er auf die Berechnungen des Stuttgarter Planungsbüros Karajan. Üblich seien eigentlich statische Berechnungen, um die Leistungsfähigkeit eines Knotens zu ermitteln. Weil die Werte einer solchen Berechnung jedoch nur die Note „ausreichend“ ergaben, wurde noch eine „simulative Untersuchung“ vorgenommen und die daraus resultierenden Ergebnisse wurden in die modifizierte Planung übernommen. Resultat: Nun sollen zusätzliche Fahrstreifen an den Zu- und Abfahrtsrampen der B14, auf der Brücke über die B14 und am Knoten Heinrich-Hertz-Straße/ Stuttgarter Straße gebaut werden. Mit diesen Verbesserungen würde die Note für die Leistungsfähigkeit zwar weiterhin „vier“ lauten, aber wesentliche Mängel wie etwa Rückstaus von mehreren Hundert Metern Länge in den Stoßzeiten würden wegfallen. Und dabei ist laut Planer Jürgen Karajan bereits berücksichtigt, dass der Verkehr in der Heinrich-Hertz-Straße aufgrund von Änderungen an ganz anderen Stellen weiter zunimmt. So plant die Stadt etwa durchgängig Tempo 30 in den Ortsdurchfahrten von Heiningen und Waldrems. Zudem wird an der Einmündung der Heinrich-Hertz-Straße die Vorfahrt geändert. Dann würde die Straße aus dem Weissacher Tal als abknickende Vorfahrtsstraße in die Heinrich-Hertz-Straße und damit zur B14 führen.

Deutlich wie keiner der Stadträte kritisierte Oberbürgermeister Maximilian Friedrich die Absicht des RP, lediglich die modifizierten Pläne durchzusetzen. Friedrich hatte bereits eingangs die Bedeutung der B14 für die Raumschaft betont und dass unter anderem von ihr die Prosperität der Stadt abhänge. Nun erklärte er, dass das Bauwerk Backnang-Süd die Rahmenbedingungen für den Verkehr nicht nur für einige Jahre, sondern für Jahrzehnte festzurren werde. Er verglich das Projekt mit dem Heslacher Tunnel in Stuttgart, der beim Bau auch die Note ausreichend erhalten hatte, heute aber ungenügend verdiene. „Im schulischen Bereich würden wir uns für unsere Kinder – und die B14 ist ein Kind der Raumschaft – wünschen, dass sie erfolgreich sind und nicht immer gerade so an der Versetzungsgrenze durchs Leben gehen.“ Auch die Tatsache, dass die Spitzenwerte beim Rückstau nur in der Rushhour auftreten, ist für den OB kein Trost. „Eben zu diesen Zeiten haben wir die eklatanten Verkehre auch in den südlichen Stadtteilen, die wir schützen wollen. Was nützt es uns, wenn der Knoten in der Nacht gut funktioniert, sich aber morgens und abends die Blechlawinen durch Heiningen und Waldrems rollen? Das kann doch beim besten Willen auch nicht die Lösung sein.“

In der zweieinhalbstündigen Diskussion setzten sich nahezu alle Stadträte für die städtische Variante ein und erklärten sich auch bereit, im Gegenzug für Verbesserungen eine weitere Verzögerung zu akzeptieren. Das Motto lautete unisono: Lieber noch nachjustieren, als nun holderdihopp eine schlechte Lösung zu bauen. Baudezernent Stefan Setzer brachte es auf den Punkt: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“

Im Gemeinderat war eigentlich nur ein Sachstandsbericht vorgesehen. Am Ende jedoch drängte Friedrich doch auf eine Abstimmung und formulierte als Beschluss und als Signal für die Bürger der südlichen Stadtteile: „Die Stadtverwaltung wird ermächtigt, gemeinsam mit den entsprechenden Beteiligten auf die Optimierung der B-14-Anschlussstelle Backnang-Süd hinzuwirken und die nötigen Schritte zu veranlassen. Der Gemeinderat und die Bürger werden in geeigneter Weise über den weiteren Fortgang informiert.“ Diesem Vorgehen stimmte der Gemeinderat geschlossen zu.

Kommentar
Aussichtsloser Widerstand

Von Matthias Nothstein

Es ehrt die Stadträte und die Stadtverwaltung, wenn sie sich vehement um eine andere Ausführung der Anschlussstelle Backnang-Süd bemühen und sich für Verbesserungen verkämpfen. Aber die Entscheidung gegen den Doppelknoten ist längst gefallen, das haben die Wortmeldungen der Vertreter des Regierungspräsidiums eindeutig gezeigt. Und wer sich in der Materie auskennt, und das tun die Stadträte und Verwaltungsexperten, der weiß dies auch. Insofern hat der Widerstand nun vermutlich vor allem den Zweck, später den Bürgern (und Wählern) sagen zu können, man habe alles versucht, aber die Entscheidung hätten andere getroffen. Der Widerstand ist demnach eher Show als wirklich aussichtsreich.

Alle, die grundsätzlich bereit wären, für einen verbesserten Anschluss immense zeitliche Verzögerungen und exorbitante Mehrkosten in Kauf zu nehmen, sollten sich auch bewusst sein, dass auch dann keine Entlastung der Ortsdurchfahrten von Waldrems und Heiningen garantiert ist. Denn selbst wenn der Knoten Backnang-Süd optimal ausgebaut wird und keine Wünsche offenbleiben, stellt sich immer noch die Frage, ob die Verkehrsteilnehmer aus dem Weissacher Tal wirklich den Umweg annehmen. Ob sie nämlich kilometerweit in die entgegengesetzte Richtung ihres Ziels fahren und auch noch Ampelstopps tolerieren. Oder ob sie nicht die Ortsdurchfahrten als Alternative wählen, selbst wenn dort durchweg Tempo 30 gilt. Zumal sie dann ganz geschmeidig und ohne Ampeln und Rückstau auf die B14 auffahren können. Nur aus Rücksicht auf die Anwohner nimmt keiner Umwege auf sich. Dann hätte die Stadt am Ende zig Millionen Euro investiert, ohne dass die Bürger oder die Autofahrer einen großen Nutzen haben.

m.nothstein@bkz.de

Am schnellsten geht es beim Bauabschnitt Nord los

Wie geht es weiter? Der Ausbau der B14 zwischen Waldrems und den Lerchenäckern ist in drei Abschnitte unterteilt.

Bauabschnitt Nord Der Abschnitt von der Anschlussstelle Backnang-Mitte bis zum Ausbauende bei den Lerchenäckern wird in den Jahren 2023 bis 2027 gebaut. Schon im August 2021 wurden alle unterschriebenen Straßenkreuzungsvereinbarungen und eine Kostenfortschreibung vorgelegt. Die Freigabe der Gelder für den Ausbau wird mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts im Sommer dieses Jahres erwartet. Für den Abschnitt zwischen dem Viadukt und dem Bauende wird derzeit die Ausführungsplanung erstellt. Die Vorbereitungen für die Ausschreibung laufen.

Bauabschnitt Süd Aufgrund von (hydro-)geologischen Gegebenheiten wurden Änderungen beim Tunnel Waldrems nötig. Ein ergänzendes Planänderungsverfahren wird noch dieses Jahr eingeleitet. Zwischen dem Tunnel Maubach und Waldrems ist aufgrund fehlender Standsicherheit der Böschung und zum Schutz des Grundwassers ein zusätzliches Trogbauwerk nötig geworden. Zudem muss der Tunnel Maubach aus statischen Gründen und Sicherheitsgründen tiefer gelegt werden. Die Bauzeit wird vom RP mit 2024 bis 2028/29 angegeben.

Bauabschnitt Mitte Laut RP ist bei der Anschlussstelle Backnang-Süd die erweiterte Variante leistungsfähig und trägt zur Entlastung der Durchfahrten Heiningen und Waldrems bei. Beim Unterabschnitt Bahnbrücken wird die Eisenbahnkreuzungsvereinbarung im nächsten Monat der Bahn zur Abstimmung vorgelegt. Die Bahn hat mitgeteilt, dass die dreimonatige Sperrung der Strecken von 2025 auf 2027 verschoben werden muss. Grund ist, dass die Bahn wegen anderer Projekte 2025 genau diese Strecken als Umleitung benötigt. Die Bauzeit wird in diesem Abschnitt mit 2024 bis 2029 angegeben.

Zum Artikel

Erstellt:
26. März 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Zeigt die Wildtierkamera einen Wolf?

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg untersucht derzeit die Aufnahmen eines Tiers, die am Mittwoch auf der Gemarkung des Sulzbacher Teilorts Bartenbach entstanden sind. Vor Abschluss der Untersuchung hüllen sich die Experten in Schweigen.

Stadt & Kreis

„Ich bin ein altes Zirkuspferd“

Als Moderator der SWR-Talkshow „Nachtcafé“ war Wieland Backes ein bekanntes Fernsehgesicht. Heute ist der 77-Jährige schriftstellerisch tätig: Am Montag präsentiert er in Backnang sein neues Buch. Im Interview verrät Backes, warum es für ihn auch eine Rückkehr zu seinen Wurzeln ist.

Stadt & Kreis

Aus Abfall entstehen Strom und Wärme

Energiewende vor der Haustür (5) Die Biovergärungsanlage der AWRM in Backnang-Neuschöntal verwertet Bioabfall aus dem Kreis und gewinnt daraus Energie. Der Strom der Anlage deckt den Jahresbedarf von etwa 3000 Haushalten.