„Backnang verbindet“ will Bürger beteiligen

Neues Demokratienetzwerk setzt sich zum Ziel, ein- bis zweimal im Jahr Gespräche mit Politikern zu führen. Bei der ersten Podiumsdiskussion wird auch Oberbürgermeister Maximilian Friedrich mit dabei sein. Arbeitsgruppen erstellen Fragen zu unterschiedlichsten Themen.

Arbeitsgruppentreffen von „Backnang verbindet“ im „Merlin“. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Arbeitsgruppentreffen von „Backnang verbindet“ im „Merlin“. Foto: J. Fiedler

Von Florian Muhl

Backnang. „Ein zentraler Punkt Ihres Wahlkampfs war das Vorgehen gegen wilden Müll – wie sieht Backnang in einem Jahr aus?“, „Was sind die ersten konkreten Schritte im nächsten Jahr, um Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen?“, „Wie wollen Sie uns vor dem nächsten Hochwasser schützen?“ Drei Fragen, die an Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich bei einer Podiumsdiskussion gestellt werden könnten. Wenn es die Bürger wollen. Denn die dürfen abstimmen, welche Fragen aus einem Katalog von rund 30 Fragen an den OB gerichtet werden.

Die Idee dazu hatte Armin Holp vom Kreisjugendring Rems-Murr. Zusammen mit Mitstreitern aus verschiedensten Gruppen und Vereinen sowie den Kirchen und auch einigen Stadträten und Mitarbeitern der Stadtverwaltung hat der Bildungsreferent am Anfang des Jahres das Demokratienetzwerk mit dem Namen „Backnang verbindet“ gegründet. „Unser Hauptziel ist es, die Bürgerbeteiligung zu stärken“, sagt der 45-Jährige. „Dazu wollen wir ein- bis zweimal im Jahr Gespräche mit Politikern führen.“ Die Premiere soll eine Podiumsdiskussion mit Oberbürgermeister Friedrich noch in diesem Jahr sein, nach dem Motto: ein halbes Jahr nach der Wahl beziehungsweise seinem Amtsantritt. „Es wird ein live gestreamtes Gespräch mit dem OB geben, bei dem auch die Fraktionsvorsitzenden ein Feedback geben können“, stellt sich Holp vor. Er ist der Ansprechpartner beim Kreisjugendring, wenn es um das Thema „Partnerschaft für Demokratie“ geht.

„Wir sorgen nur dafür, dass die Menschen Gehör finden“

Wann genau die erste Veranstaltung stattfinden wird, steht derzeit ebenso wenig fest wie deren Dauer. Das können 75 oder 90 Minuten sein. Wichtig ist es Holp zu erwähnen, dass „Backnang verbindet“ dabei keine eigene politische Meinung hat. „Wir sorgen nur dafür, dass die Menschen Gehör finden.“ Es dürfe aber nicht so laufen wie bei den Talksendungen im Fernsehen. Dort kämen immer die zu Wort, die am lautesten schreien. „So nicht“, sagt Holp. „Wir haben in einem selbst entwickelten Beteiligungsverfahren Fragen erarbeitet.“ Und noch eine Vorgabe: „Gefragt werden darf nur, was auch in einem Jahr realisierbar ist.“ Also statt „Bis wann wollen Sie klimaneutral sein?“ könnte hier die Frage lauten: „Können wir in diesem Jahr ein Klimaausstiegskonzept erwarten?“

Wilde Müllablagerungen sind ein Ärgernis. Dieses und viele weitere Themen sollen mit dem OB besprochen werden. Archivfoto: A. Becher

© Alexander Becher

Wilde Müllablagerungen sind ein Ärgernis. Dieses und viele weitere Themen sollen mit dem OB besprochen werden. Archivfoto: A. Becher

Offen gibt sich das Netzwerk auch, was die Themen anbetrifft. Diese hätten sich zwangsläufig aus den Arbeitsgruppen heraus ergeben, die sich gefunden haben. Das war bereits Anfang Januar, als rund 30 interessierte Personen zu einem ersten Treffen zusammenkamen, die mehrheitlich aus sehr unterschiedlichen Backnanger Vereinen stammen. „Seither haben wir eine wechselnde Besetzung, aber auch einen festen Kern“, sagt Holp. Zudem war auch die Bevölkerung eingeladen, ihre Wünsche in ein Online-Board einzutragen, unter anderem auch über einen Aufruf in der Backnanger Kreiszeitung. „Dies wurde sehr gut angenommen“, sagt der Bildungsreferent. Zu folgenden vier Themen haben sich dann Arbeitsgruppen gebildet: „Stadtentwicklung/Freizeit/Kultur/Straßenfest“ und „Umwelt/Verkehr/Tierschutz“ sowie „Integration/Extremismusvermeidung“ und „Jugend“. Die Themen, für die es noch keine Arbeitsgruppe gebe, würden nicht herausfliegen, sondern nur vertagt werden.

In weiteren Treffen haben die Arbeitsgruppen Themen dokumentiert, die ihnen jeweils wichtig sind, und haben insgesamt 30 Fragen formuliert, die bereits an den OB übermittelt wurden. Aber in der Podiumsdiskussion werden nicht alle Fragen gestellt, sondern nur die interessantesten. Welche das sind, entscheiden die Bürger, und zwar per Abstimmung. Dazu wir noch gesondert aufgerufen. In der ersten Runde werden die Fragen gestellt, die in der jeweiligen Arbeitsgruppe die meisten Stimmen erhalten haben, insgesamt vier. Diese dürfen ausführlich beantwortet werden. „So wollen wir sicherstellen, dass die Arbeit jeder Gruppe honoriert wird“, erklärt Holp.

Da die OB-Wahl allen noch in frischer Erinnerung ist, soll Friedrich bei der Veranstaltung auch im Fokus stehen. Allerdings werden auch die Fraktionsvorsitzenden eingeladen und sollen die Möglichkeit bekommen, Kurzstatements abzugeben. „Insbesondere dahingehend, ob sie hier aufseiten des OB stehen oder lieber in eine andere Richtung gehen wollen“, meint Holp.

Die Mitte der Legislaturperiode des Gemeinderats ist auch ein Thema

Bei Erfolg soll die Veranstaltung jährlich wiederholt werden. „So kann dann auch aufgezeigt werden, wie weit sich das Besprochene entwickelt hat“, erklärt der Projektverantwortliche. Allerdings seien bei späteren Veranstaltungen Änderungen des Formats möglich. So hätten bereits viele Beteiligte geäußert, dass 2022 auch das Thema „Mitte der Legislaturperiode des Gemeinderats“ interessant sein könnte.

Wer macht mit?

Mitglieder Eine beitragsfreie Mitgliedschaft sind unter anderem folgende Gruppen und Vereine (aus Backnang) eingegangen: ADFC, Nabu, Verein Kinder- und Jugendhilfe, Verein für inklusive Aktivitäten „Via Backnang“, Solarverein, Naturfreunde, Awo, TSG, Erlacher Höhe, Kubus, Frauenforum, Jugendvertreter, Aktion Jugendzentrum, meinBacknang.de sowie Einzelpersonen.

Hintergrund „Backnang verbindet“ ist ein Demokratienetzwerk des Projekts „Partnerschaft für Demokratie“, das vom Bundesamt für Familien und zivilgesellschaftliche Aufgaben und „Demokratie leben“ initiiert wird. Federführendes Amt ist hier das Kreisjugendamt, die Koordinierungs- und Fachstelle hat der Kreisjugendring inne.

Zum Artikel

Erstellt:
6. Oktober 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!
Hochkonzentriert und zugleich locker aus dem Handgelenk: Joschka Zettler (links) und Thomas Idler besprühen eine Garage in Winnenden. Das Besondere bei diesem Projekt: Sie übertragen Malereien und Zeichnungen von Kindern und bauen sie in das Gesamtkunstwerk mit ein. Foto: Alexander Becher
Top

Stadt & Kreis

Graffitikünstler aus Backnang

Die Backnanger Graffitikünstler von der Agentur Adkru kommen viel im Rems-Murr-Kreis und darüber hinaus herum. Werden sie beauftragt, verschönern sie Wände und Mauern und tragen so zu einem vielfältigeren Stadtbild bei.

Stadt & Kreis

Woolworth in Backnang muss bis Ende August schließen

Schon vor der Eröffnung im Februar hatte die Stadt Backnang eine Nutzungsunterlassungserklärung abgegeben. Der Widerspruch vor Gericht war erfolglos, weswegen der Discounter in der Sulzbacher Straße nun schließen muss.