Backnanger soll Mutter und Schwester geschlagen haben

Ein 25-Jähriger muss sich wegen mehreren Anklagen vor dem Landgericht verantworten. Eine Zwangseinweisung in eine Klinik steht im Raum.

Der Prozess vor dem Landgericht wird noch in dieser Woche fortgesetzt. Symbolfoto: stock.adobe/okanakdeniz

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Der Prozess vor dem Landgericht wird noch in dieser Woche fortgesetzt. Symbolfoto: stock.adobe/okanakdeniz

Von Heike Rommel

Backnang. Weil er zu Hause seine Mutter und seine jüngere Schwester verletzt haben soll, steht ein 25-Jähriger aus Backnang vor dem Stuttgarter Landgericht. Die Mutter und die jüngere Schwester haben als Angehörige von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Vater gab im Zeugenstand an, er sei bei vermeintlichen Angriffen auf seine Frau und Tochter nicht dabei gewesen.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart legt dem suchtkranken und aus der Untersuchungshaft in den Maßregelvollzug gebrachten 25-Jährigen drei Anklagen zur Last: Am 12. April 2022 gegen 6.10 Uhr soll er seiner 57-jährigen Mutter im Zuge eines Streits den Arm verdreht und diese zu Boden gestoßen haben. Die Mutter habe sich dabei die Schulter gebrochen. Erneut im Streit mit der Mutter soll der Sohn am 19. Juli gegen 10.30 Uhr seine Mutter wieder angegriffen und dieser mit der Faust auf den Hinterkopf geschlagen haben. Dadurch, so lautet es in der zweiten Anklage, sei die Mutter zu Boden gestürzt. Danach sei der Sohn noch auf deren Oberschenkel getreten, wonach die Mutter ohnmächtig geworden sei und Hämatome sowie Schmerzen erlitten habe. Um die Frage, warum er die Balkontüre der Familienwohnung herausgerissen habe, soll es einer dritten Anklage zufolge bei einer Auseinandersetzung des 25-Jährigen am 4. August mit seiner jüngeren Schwester gegangen sein, als diese eine Faust ins Gesicht und dadurch am Boden liegend auch noch einen Fußtritt ins Gesicht bekommen habe. Die Schwester kam mit ihren Verletzungen glimpflich davon, wollte aber – wie die Mutter auch – als Zeugin vor Gericht keine Angaben machen.

Der Vater des Angeklagten will die Geschehnisse nicht direkt mitbekommen haben

„Ich war nicht dabei“, konnte auch der 61-jährige Vater des Angeschuldigten nicht viel zu der Familientragödie beisteuern. „Es ist fast immer passiert, als ich bei der Arbeit war und abends hab’ ich dann so Sachen gehört.“ Einmal, fuhr der Vater fort, habe er erzählt bekommen, sein Sohn hätte seine Frau geschlagen und ein anderes Mal, der Sohn hätte eine Türe eingeschlagen. Von einem Schulterbruch seiner Ehefrau, versicherte der 61-Jährige, wisse er nichts. „Ich liebe meinen Sohn ganz arg und ich möchte auch, dass er wieder heimkommt.“ Diese Aussage schränkte der Familienvater allerdings insoweit ein, dass sein Sohn von der Drogensucht geheilt wiederkomme und mit einer Arbeit, durch die er von „6 Uhr bis 16 Uhr“ außer Haus sei. Er, seine Frau und seine Tochter gingen auch jeden Tag arbeiten. „Wir kriegen das hin“, verabschiedete sich der Vater von seinem angeklagten Sohn und verließ mit Frau und Tochter den Gerichtssaal unter Vorsitz von Richter Ulrich Tormählen.

Was Polizeibeamte über die Backnanger Familie berichten konnten war, dass die Mutter sie geholt und ihnen auch ein Küchenmesser gezeigt habe, welches der Sohn bei dem gewalttätigen Angriff vom 12. April in der Hosentasche gehabt haben soll. Die Beamten suchten und fanden den Angeklagten noch in dem Wohngebiet seiner Familie. „Er war im psychischen Ausnahmezustand“, erzählte ein 30-jähriger Polizist, der Angeklagte habe, wie an jenem Tag, schon öfter erwähnt, dass er nur noch sterben möchte. „Ihm ging es wirklich schlecht“, sprach der Polizeibeamte von einer Art Verwirrtheit, in welcher der Angeklagte gemeint habe, der Hund der Familie sei sein Kind. In dieser Familie habe es immer wieder Einsätze gegeben wegen des 25-Jährigen, der in Backnang schon mal mit einem Taschenmesser auf eine Gruppe Jugendlicher zugegangen sei, worauf einer der Jugendlichen ausgerechnet in das Taschenmesser des Angeklagten getreten habe. „Dass er ausziehen soll, ist seit Jahren ein Thema“, berichtete die Betreuerin von der Bewährungshilfe über den jungen Backnanger. Zwischen Mutter und Sohn herrsche ein „hochspezifisches Verhältnis“. Ein Gespräch zwischen den beiden sei an permanenten Unterbrechungen gescheitert. Sie selbst, so die Betreuerin, habe „sehr lange, intensive und ehrliche Gespräche“ mit dem 25-Jährigen führen können. Dieser wolle aber nicht in eine betreute Wohngemeinschaft oder in eine Einrichtung, sondern in eine eigene Wohnung.

Familiäre Zerreißprobe

„Meine Mum hat mich immer wieder ins ZfP verfrachtet“, sagte der Angeklagte selbst zu der familiären Zerreißprobe, die sich vor dem Landgericht nun abspielt. Im Übrigen hätten seine Mutter und seine Schwester bei der Polizei übertrieben. Der Prozess wird am Freitag, 9. Dezember, mit weiteren Zeugen fortgesetzt. Ausführungen zur Schuldfähigkeit des 25-Jährigen und darüber, zu welchen psychischen Erkrankungen dessen Drogenkonsum seit dem 14. oder 15. Lebensjahr geführt hat, macht Roswita Hietel-Weniger vom Zentrum für Psychiatrie Weissenau als Gutachterin.

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Erstellt:
6. Dezember 2022, 11:30 Uhr

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