Baden mit Burkini: Waiblingen erlaubt es

Material entscheidend – Gegebenenfalls Prüfung des Stoffs

Dass eine Vollverschleierung im Freibad etwas Aufsehenerregendes ist, kann Lars Thies nachvollziehen. Symbolfoto: Adobe Stock/Gelpi

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Dass eine Vollverschleierung im Freibad etwas Aufsehenerregendes ist, kann Lars Thies nachvollziehen. Symbolfoto: Adobe Stock/Gelpi

Von Keziban Bitek

WAIBLINGEN. Ein Burkini ist in der Regel wie ein Neoprenanzug. Er ist lang und verdeckt alle Körperteile. Allerdings wird der muslimische Badeanzug für Frauen meist so geschnitten, dass die weiblichen Konturen kaschiert werden. Er besteht wie herkömmliche Bademode aus einem elastischen, fürs Baden geeigneten Stoff. In der Regel handelt es sich um Zweiteiler – bestehend aus Ober- und Unterteil. Mal ist das Oberteil knielang wie eine längere Tunika oder fersenlang. Darunter gehört eine lange, etwas locker anliegende Badehose. Dazu wird eine Kopfbedeckung aus demselben Stoff getragen. Schließlich sind bei der Burkini-Trägerin nur das Gesicht, die Hände und die Füße zu sehen.

Zum Problem hat im Backnanger Freibad nicht der Burkini an sich, sondern der Gesichtsschleier geführt (wir berichteten). Einen komplett verschleierten Badegast hatte das Waiblinger Freibad bis jetzt nicht, sagt der Schwimmmeister Lars Thies. Das Freibad werde durchaus von Damen in Burkinis besucht, aber auch das halte sich in Grenzen. Dass eine Vollverschleierung im Freibad etwas Aufsehenerregendes ist, kann Lars Thies nachvollziehen. Bereits bei Burka-Trägerinnen werde das Personal manchmal darauf angesprochen. „Ist das denn erlaubt?“, lautet des Öfteren die Frage anderer Badegäste, sagt Michael Keppler, stellvertretender Schwimmmeister. Ja, ist es: Denn die entscheidende Rolle spiele das Material des Stoffs, sagt Thies. „Ich mache das vom Stoff abhängig.“ Es muss fürs Wasser geeignet sein. Ein Burkini-Verbot findet er nicht zeitgemäß. Der Bademeister betont, dass mittlerweile auch namhafte Marken das muslimische Badeoutfit in ihr Sortiment aufgenommen haben. Für diejenigen, die den Burkini nicht als typische Badebekleidung sehen, sagt er: „Ein Neoprenanzug ist auch nicht die typische Badebekleidung, ist aber bei uns gestattet.“ Wie sie sich verhalten würden, wenn eine Muslimin mit Gesichtsschleier kommt? Sie würde nicht des Bades verwiesen werden. Erst wenn ein Badegast Straßenkleidung trägt, muss er das Becken verlassen. René Schmidt, Leiter der Bäderbetriebe der Stadtwerke, bestätigt: „Baden mit Burkini, solange es sich dabei um einen Badeanzugstoff handelt, ist erlaubt.“

Vom Waiblinger Ableger der türkischen staatstreuen Ditib-Gemeinde war ohne Rückversicherung des Bundesverbands keine Stellungnahme zu bekommen. Jedoch von Kadir Avci (29), dem Waiblinger Imam der vom baden-württembergischen Verfassungsschutz als islamistisch eingestuften „Milli Görüs“-Bewegung. „Es ist schön, wir leben ja alle zusammen, wenn das alles wirklich so ist, dass es in Waiblingen so harmonisch verläuft, das begrüße ich.“ Ungeachtet der freundlichen Worte macht er klar, dass er vom gemischtgeschlechtlichen Badevergnügen nach europäischer Art nichts hält: „Empfehlen“ würde er einer Muslimin den Besuch im Freibad nicht. Muslimin Fatma, die wir beim Freitagsgebet in der Moschee antreffen, sieht es wie die geistliche Obrigkeit. Sie plädiert dafür, dass die Frauen den Frauenschwimmtag nutzen.

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Erstellt:
14. August 2019, 06:00 Uhr

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