Baden-Württemberg schwitzt: Waghäusel besonders heiß

dpa/lsw Mannheim/Stuttgart. Die Meteorologen liegen mit ihren Hitzeprognosen leicht daneben. Der Rekordwert von vor fünf Jahren wird am Mittwoch nicht erreicht. Dennoch machen die hohen Temperaturen Mensch und Tier zu schaffen.

Sonnenaufgang bei Filderstadt. Foto: Marijan Murat/Archivbild

Sonnenaufgang bei Filderstadt. Foto: Marijan Murat/Archivbild

Heiß, aber nicht am heißesten: Die erwarteten Temperaturrekorde im Südwesten haben sich am Mittwoch doch nicht eingestellt. Bis zum Nachmittag wurden in Waghäusel (Kreis Karlsruhe) laut Deutschem Wetterdienst (DWD) 36,4 Grad gemessen. Zwar kann sich dies noch leicht ändern, einen Juni-Höchstwert erwartete der DWD nach eigenen Angaben aber nicht mehr. Die Nachmittagstemperatur werde sich maximal noch um ein Grad erhöhen, sagte ein DWD-Sprecher. Die Prognosen seien ein, zwei Grad zu hoch gewesen.

Der Wert aus Waghäusel liegt weit unter der Temperatur, die am Mittwoch zum Beispiel im brandenburgischen Coschen an der deutsch-polnischen Grenze erreicht wurde. Dort wurde der bisherige Juni-Rekord gebrochen, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach berichtete. Um 14.50 Uhr wurden nach vorläufigen Angaben 38,6 Grad gemessen. Am Nachmittag zog nach Angaben eines DWD-Sprechers das sächsische Bad Muskau gleich. Beide Werte gelten derzeit noch als vorläufig, hieß es. Der bisherige Rekord für den Monat wurde am 27. und 28. Juni 1947 mit 38,5 Grad im baden-württembergischen Bühlertal aufgestellt.

Dennoch schwitzten die Baden-Württemberger an diesem bislang heißesten Tag des Jahres tüchtig.

Dazu gehörten auch die Lemuren im Heidelberger Zoo, die an Eisblöcken mit gefrorenem Futter lecken dürften. Den Menschen hingegen war es für einen Gang zur Eisdiele viel zu heiß: Beim Erfinder des Spaghetti-Eises, Dario Fontanella, herrschte kein Andrang in seinem Mannheimer Eissalon. Die Menschen wagten sich bei der Hitze nicht aus dem kühleren Haus. Spitzenumsätze ließen sich eher bei zehn Grad niedrigeren Temperaturen erzielen.

Die Landesanstalt für Umwelt macht sich Sorgen wegen erhöhter Ozonwerte. Deshalb sollten Kinder, ältere Menschen und Asthmatiker sportliche Aktivitäten auf die frühen Morgenstunden verlegen. Nachdem am Dienstagabend an drei Messstationen eine Ozon-Konzentration von mehr als 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen worden sei, würden auch in den kommenden Tagen erhöhte Werte erwartet. Die bisherigen erhöhten Werte waren in Karlsruhe, Eggenstein-Leopoldshafen und Heilbronn registriert worden.

Der Verband Bildung und sieht die Schulleiter wegen des Umgangs mit den Freibad-Temperaturen in einem Dilemma. „Es ist keine beneidenswerte Situation, in der sich Schulleiter an heißen Sommertagen befinden“, sagte ein VBE-Sprecher. Während in anderen Bundesländern bereits die Sommerferien angefangen haben, sollten die Rektoren im Südwesten entscheiden, ob die Schüler weiter im Klassenzimmer schmoren oder wegen hitzefrei früher heimgeschickt werden. In jedem Fall gebe es Protest von Eltern, entweder über Unterrichtsausfall oder über mangelndes Mitgefühl mit den schwitzenden Kindern.

Für die Feuerwehr sind die Temperaturen noch kein Alarmsignal. Löschteiche auffüllen oder Seen mit Sauerstoff anreichern - für solche Dienste der Feuerwehr sei die Hitze- und Trockenperiode im Südwesten noch viel zu kurz, so der Landesfeuerwehrverband. Die Zugabe von Sauerstoff in stehende Gewässer sei erst nach sechs bis acht Wochen Trockenheit nötig. Ansonsten helfe sich die Natur selbst.

Auch für den Betrieb der baden-württembergischen Reaktoren hat die Hitze keine Folgen. Die Meiler in Philippsburg und Neckarwestheim laufen der EnBW zufolge im Vollbetrieb. Probleme durch zu warmes Kühlwasser bestünden derzeit nicht.

Der Landestierschutzbeauftragten Julia Stubenbord liegt das Wohlergehen der Vierbeiner am Herzen: Weidetiere brauchten genug Trinkwasser und große und gut belüftete Schattenplätze. Zur Not müssten künstliche Schattenspender angebracht werden. Tier-Transporteure sollten Fahrten innerhalb Deutschlands bei Temperaturen von mehr als 30 Grad auf die Nachtzeit verlegen und lange Fahrten von mehr als acht Stunden aussetzen.

Der Naturschutzbund (Nabu) macht auf die unter der Hitze leidenden Vögel aufmerksam. Wer Amsel, Spatz und Co. helfen möchte, sollte nach Möglichkeit Wasserbecken für sie aufstellen. „Vogeltränken im Sommer sind ebenso hilfreich wie die Vogelfütterung im Winter“, hieß es beim Nabu. Denn natürliche Wasserstellen trockneten aus.

Im angenehm klimatisierten Landtag erschienen Politikerinnen und Politiker in ihren üblichen, allenfalls etwas luftigeren, Outfits: die Herren in Anzügen mit höchstens kurzen Hemdsärmeln und die Frauen in Kleidern oder in Oberteilen und Röcken. Beifall erhielt Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), als sie den Herren zu Beginn der Sitzung erlaubte, das Sakko wegzulassen. Und Aras formulierte noch eine Bitte: Vielleicht sei die Hitze ein Ansporn, die Debatten so zu führen, dass die Hitzewelle nicht noch weiter ansteige.

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Erstellt:
26. Juni 2019, 18:58 Uhr

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