Baden-Württemberg verzeichnet Steuereinnahmen in Rekordhöhe

dpa/lsw Stuttgart. Die Steuerzahler spülen dem Fiskus derzeit Rekordsummen in die Kasse. Das wird nicht lange so bleiben, warnt die Finanzministerin.

Die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) spricht ins Mikrofon. Foto: Marijan Murat/Archivbild

Die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) spricht ins Mikrofon. Foto: Marijan Murat/Archivbild

Steigende Steuersummen, sprudelnde Kassen - aber die baden-württembergische Finanzministerin dämpft die Erwartungen. Denn trotz des Rekordwerts bei den Steuereinnahmen dürfte der Anstieg nach Einschätzung von Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) nicht mehr lange anhalten.

Die konjunkturelle Lage sei angespannt, die Aussichten seien eher trüb, die Steigerungsrate werde langsamer wachsen, sagte sie am Dienstag bei der Vorstellung der Bilanz der Steuerverwaltung. Man müsse sehen, wie sich weltweite Entwicklungen wie Handelskrisen auf die exportorientierte Wirtschaft im Südwesten und auf Arbeitsplätze und Steueraufkommen auswirkten.

Im vergangenen Jahr nahm die Finanzverwaltung rund 81,9 Milliarden Euro an Steuern ein - so viel wie nie zuvor. Die Einnahmen seien im Vergleich zum Vorjahr um 5,2 Prozent gestiegen, sagte Sitzmann. 41 Milliarden Euro - also rund die Hälfte der Rekordsumme - fließen in die Landeskasse und machen 80 Prozent des Landeshaushaltes aus. Die restlichen Steuern gehen an Bund und Kommunen.

Beim größten Teil der Summe handelt es sich mit 35,6 Milliarden Euro um die Lohnsteuer, bei 18,1 Milliarden Euro um die Umsatzsteuer und 10,2 Milliarden Euro kommen aus der Einkommensteuer.

Mehr als vier Millionen Steuerfälle haben die Finanzverwaltung laut Ministerin im vergangenen Jahr beschäftigt. Den Höchstwert habe man mit der nahezu selben Anzahl an Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr bewältigt, betonte Oberfinanzpräsidentin Andrea Heck. Sie berichtete von neuen digitalen Angeboten für den Steuerzahler - etwa Erklärvideos im Netz oder ein Steuerchatbot, den Bürger seit dem Winter rund um die Uhr online Fragen zum Thema Steuer stellen können.

Die Digitalisierung wirke sich auch immer stärker auf die Finanzverwaltung aus, sagte Heck. Der Computer werte mittlerweile mehr als jeden zehnten Fall aus, Bearbeiter bekommen ihn dann nicht zu Gesicht. „Die laufen vollautomatisch durch und schaffen Freiräume für Mitarbeiter“, sagte Heck. Man brauche diese für komplexere Fälle, von denen es immer mehr gebe. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit betrage 49 Tage. Das sei ein ordentliches Ergebnis, sagte Sitzmann.

Sitzmann warnte vor der Nutzung teils sehr einfacher Steuer-Apps. „Das Steuerrecht in Deutschland ist so komplex, dass es mit drei Antworten auf einfache Fragen in einer App bei den meisten nicht getan ist“, sagte sie. „Daran arbeiten wir, aber Baden-Württemberg ist auf den Bund und die anderen Länder angewiesen.“

Sie freue sich, wenn Unternehmen den Bürgern Unterstützung bieten wollten. „Wenn allerdings manche schon bei Verheirateten einen zu komplexen Fall diagnostizieren, ist noch viel Luft nach oben.“ Sie empfehle außerdem bei solchen sensiblen Daten immer, den Datenschutz kritisch in den Blick zu nehmen. Steuer-Apps erlauben es Nutzern ihre Steuererklärung auf dem Handy zu machen, teils im Frage-Antwort-Format.

Sitzmann berichtete auch vom Kampf gegen Steuerbetrug im Internet. Auf Initiative von Baden-Württemberg gelten seit 1. Januar neue Haftungsregeln gegen Umsatzsteuerbetrug im Onlinehandel. Es gebe viele Händler aus Drittstaaten, die zwar Waren im Netz anböten, aber die Mehrwertsteuer von 19 Prozent nicht abführten. Das führe zu massiven Wettbewerbsverzerrungen, sagte Sitzmann. Schon die Ankündigung von Haftungsregeln zeige aber Wirkung. Die Registrierungen von Händlern aus Asien zum Beispiel seien stark gestiegen. Im Frühjahr 2017 waren noch 432 Händler aus Asien registriert, im Frühjahr 2019 waren es rund 12 000.

Allerdings gebe es im Kampf gegen Steuerbetrug im Netz noch Baustellen. Für Vermietungsplattformen wie Airbnb fehlten der Finanzverwaltung Daten, um Steuerhinterziehung aufdecken zu können. „Wir brauchen Regeln, die uns bessere Instrumente gegen den Steuerbetrug etwa bei Vermietungen an die Hand geben“, betonte die Finanzministerin. Auf EU-Ebene seien bereits Maßnahmen geplant, die ab 2021 griffen. Die müssten dann rasch in nationales Recht umgesetzt werden, forderte Sitzmann. Eine bundesweite Regelung könnte der Finanzverwaltung bessere Instrumente an die Hand geben gegen Steuerbetrug.

Das Steuerrecht könne auch zur Luftreinhaltung beitragen, betonte Sitzmann. Seit Beginn des Jahres seien Zuschüsse von Arbeitgebern zu Jobtickets etwa steuerfrei. Außerdem erhielten Pedelecs die Steuervorteile, die bereits für E-Autos gelten. Die Bemessungsgrundlage wurde dabei für Pedelecs halbiert, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und auch privat genutzt werden.

Zum Artikel

Erstellt:
6. August 2019, 15:25 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen