Bahn braucht Finanzspritze von acht bis zehn Milliarden Euro

dpa Berlin. Die Corona-Pandemie trifft die ohnehin finanziell schwer angeschlagene Deutsche Bahn. Das Passagieraufkommen ist auf 10 bis 15 Prozent gesunken. Jetzt will der bundeseigene Konzern mehr Geld vom Staat. Doch Oppositionspolitiker zweifeln an der Begründung.

Blick auf leere 2.-Klasse-Sitzplätze in einem ICE. Foto: Uwe Zucchi/dpa

Blick auf leere 2.-Klasse-Sitzplätze in einem ICE. Foto: Uwe Zucchi/dpa

Die Deutsche Bahn kommt wegen der Belastungen in der Corona-Krise wirtschaftlich unter Druck und braucht vom Bund zusätzliche Finanzhilfen.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur benötigt der bundeseigene Konzern bis 2024 rund acht bis zehn Milliarden Euro - davon könnte die Bahn bis zur Hälfte übernehmen. So dürfte die geltende Schuldenobergrenze von derzeit rund 25 Milliarden Euro ausgeweitet werden, die Bahn lag vor der Krise knapp darunter. Denkbar seien außerdem an einigen Stellen Einsparungen. Die Investitionen sollen aber auf einem hohen Niveau bleiben.

Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet, Bahnchef Richard Lutz habe Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) darüber informiert, sein Unternehmen fahre tief in die roten Zahlen. Der Finanzbedarf belaufe sich auf rund zehn Milliarden Euro. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst sprach mit Blick auf die Zahlen von einem „Alptraum für den Steuerzahler“.

Die Bahn hat ihr Angebot in der Corona-Krise zurückgefahren, der größte Teil des Fahrplans wurde aber aufrechterhalten - um eine Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Im Fernverkehr bestünden weiterhin rund drei Viertel des sonst üblichen Angebots, hatte Bahnchef Lutz Anfang April gesagt. Denn Menschen in systemrelevanten Berufen wie Polizisten, Pflegepersonal oder Supermarkt-Mitarbeiter sollen weiter fahren können. Die Fahrgastzahlen im Fernverkehr sind jedoch eingebrochen, auf 10 bis 15 Prozent des Niveaus vor der Krise. Dazu kommen Probleme im Güterverkehr.

FDP-Politiker Herbst, Obmann im Verkehrsausschuss des Bundestages, betonte, es sei richtig, dass die Bahn trotz der Krise die Grundversorgung aufrecht erhalte. Doch die leeren Züge verursachten „riesige neue Defizite“ - und er frage sich, „welche konkrete Vereinbarung es zwischen Bundesregierung und Deutscher Bahn“ dazu gebe. Eine Zahl sei dem Verkehrsausschuss nicht bekannt.

Ein Bahn-Sprecher sagte der dpa: „Wir sind seit Beginn der Corona-Krise in einem engen Austausch mit unserem Eigentümer. Nach Vorlage der April-Zahlen wird der Aufsichtsrat am 15. Mai in einer turnusgemäßen Sitzung über die wirtschaftliche Lage informiert.“ Konzernchef Lutz hatte schon vor Wochen betont, dass die Corona-Pandemie die Bahn „vermutlich noch härter als die Finanzkrise 2008/2009“ treffen werde.

Der FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung bezweifelte aber, dass vor allem die Corona-Krise für das Milliardenloch verantwortlich ist. „Nach meiner Analyse ist die aktuelle Finanzkrise der Deutschen Bahn nur bedingt mit der Corona-Pandemie zu erklären“, teilte Jung am Freitag mit. Er forderte den Vorstand um Bahnchef Lutz auf, dem Bundestag und dem Bundesrechnungshof die Gründe nachzuweisen. Zudem müsse der Vorstand auf Bonuszahlungen in Millionenhöhe verzichten. „In der angespannten Situation brauchen wir bei Staatsunternehmen keine Krisengewinnler und Bonijäger“, sagte Jung.

Der Bund als Eigentümer hat im vergangen Jahr eine milliardenschwere Eigenkapitalerhöhung bei der Bahn beschlossen. Dieses Geld ist aber bereits verplant, etwa zur Modernisierung der Infrastruktur.

Die Gewerkschaft EVG mahnte daher, das Bahn-Programm „Starke Schiene“, im Zuge dessen 100.000 Mitarbeiter eingestellt werden sollen, dürfe nicht in Frage gestellt werden. „Der Bund wird in den nächsten Wochen mit milliardenschweren Finanzierungszusagen Sorge dafür tragen müssen, dass der öffentliche Nah- und Fernverkehr, ebenso wie der Schienengüterverkehr, weiter aufrechterhalten werden kann“, betonte der stellvertretende Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel. „Das ist angesichts der dramatisch zurückgegangen Umsätze alternativlos.“

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Erstellt:
1. Mai 2020, 13:21 Uhr

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