Bahndirektion in Stuttgart bleibt aktuell
OB Nopper hatte das Ende für das Verwaltungszentrum am Bahnhof angedeutet. Der Eigentümer präsentiert nun aber neue Argumente.
Von Jörg Nauke
Stuttgart - Sind der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) und der Gesamtpersonalratsvorsitzende Tomas Brause zu früh auf Distanz zum Gelände der ehemaligen Bahndirektion für das Großprojekt „Front Office Hub“gegangen? Am 28. April dieses Jahres haben sie in einem Rundschreiben an die Belegschaft betont, „nach dem Stand der Dinge“ sei ein Standortwechsel nötig, um das „moderne, bürger- und mitarbeiterfreundliche Verwaltungszentrum“ für 1200 Beschäftigte samt Betriebsrestaurant, Kita und Wohnungen zeitnah realisieren zu können.
Neue Standortdebatte denkbar
Als ein Grund wurde genannt, der Zeitplan habe sich „durch neue Entwicklungen völlig überholt“, vor allem, weil nun geprüft werde, ob ein eisenbahnrechtliches Planfeststellungsverfahren für die Genehmigungsfähigkeit des Projekts erforderlich sei. Dann sei ein Bezug nicht 2026/2027 möglich, sondern frühestens 2034.
Das ist vom Tisch, weshalb im Gemeinderat schon wieder Stimmen laut werden, die eine Neubewertung der Standorte für nötig erachten. Die P + B Group, Eigentümerin des Areals zwischen der Heilbronner Straße, Kriegsberg-, Ossietzky- und Jägerstraße, die mit der Stadt eine Absichtserklärung vereinbart hat, reagierte auf die Spekulationen Noppers mit dem Hinweis, das Eisenbahnbundesamt (Eba) habe am 30. April, also zwei Tage nach der Veröffentlichung des Rundbriefs, „offiziell und verbindlich“ festgestellt, dass das betreffende Grundstück nicht eisenbahnrechtlich gewidmet sei. Somit sei keine Freistellung nötig, um den Bebauungsplan rechtswirksam in Kraft treten zu lassen. Auch das von Oberbürgermeister Nopper für möglich gehaltene eisenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren sei nicht erforderlich.
Die P+R Group teilte mit, damit sei „die Befürchtung einer zeitlichen Verzögerung angeblich bis ins Jahr 2034 definitiv ausgeräumt“. Das Bebauungsplan- und das Baugenehmigungsverfahren könnten jetzt „zügig und ohne Einwände durch die Deutsche Bahn durchgeführt werden“. Laut dem Grundstückseigentümer ist die Fertigstellung des Verwaltungszentrums „bereits im Jahr 2029 gewährleistet“ – vorausgesetzt, die Stadt schaffe zügig Planungs- und Baurecht. Der Termin sei möglich, weil man mit der Firma Züblin die Abläufe optimiert habe. Damit werde sich der Baupreis und auch der Kaufpreis für die Stadt „nach unten bewegen“.
Stadt prophezeit Verzögerungen
Das Projekt sieht die Sanierung und den Umbau der sechsstöckigen Bahndirektion (8000 Quadratmeter Nutzfläche) vor. An der Heilbronner Straße war ein Neubau mit sechs bis zehn Etagen (14 500 Quadratmeter) geplant. Ein zweiter Neubau mit sieben Geschossen war an der Jägerstraße vorgesehen (11 500 Quadratmeter). Optional hätte ein Wohn- und Geschäftsgebäude realisiert werden (13 500 Quadratmeter) können.
Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) erklärte, die Bahn habe auf die Möglichkeit eines eisenbahnrechtlichen Verfahrens hingewiesen. Darüber seien der Gemeinderat und die Belegschaft informiert worden, wie auch über die mögliche Alternative im ehemaligen Kaufhof-Gebäude, das der Stadt gehört. Erst danach sei die Absage der Bahn eingegangen. Die Befürchtung, das Projekt würde später fertig als geplant, sei nicht ausgeräumt: „Es kommt zu Verzögerungen, möglicherweise aber zu kürzeren Verzögerungen als ursprünglich befürchtet.“
Bebauungsplan nächstes Jahr fertig
Mit Bezug auf den von P + B genannten Fertigstellungstermin 2029 sagt Fuhrmann zwar, der Bebauungsplan könne Mitte 2026 in Kraft treten. Projektentwickler gäben aber immer Zeiträume mit einer unterstellten Bearbeitungsdauer bei Dritten wie der Baurechts- und der Planungsbehörde an. Daher gebe es eine optimistische Betrachtungsweise, daneben aber auch „eine realistische zeitliche Planung. Und die sieht üblicherweise einen deutlich längeren Zeitrahmen vor“, so der Finanzbürgermeister weiter. Eine unverbindliche optimistische Zeitplanung könne aber nicht Grundlage des Verwaltungshandelns sein.