Mordprozess Rouven Laur
Bald älter als der große tote Bruder
Rouven Laurs Schwester und Mutter schildern vor Gericht, wie es ihnen seit dem gewaltsamen Tod des Polizisten geht.

© Bernd Weißbrod
Eve Laur (rechts), die Schwester des 29-jährigen Polizisten, der bei einem Messerangriff auf dem Marktplatz in Mannheim getötet wurde, schildert, wie es ihr nach dem Tod des Bruders geht. Links läuft Petra Laur, die Mutter.
Von Franz Feyder
Es war der Tag, an dem die Opfer oder die, die sie zurückließen, ihre Stimme im Stuttgarter Oberlandesgericht erhoben: Der fünf Männer, die Sulaiman A. am 31. Mai vergangenen Jahres auf dem Mannheimer Marktplatz mit seinem Messer verletzte. Es war vor allem aber auch der Tag der Familie Rouven Laurs, die zurückblieb, weil der 29 Jahre alte Polizeihauptkommissar zwei Tage nach dem Angriff an den Folgen seiner Verletzung verstarb. Sie habe Angst, sagte seine Schwester Eve, bald selbst 29 Jahre alt zu werden, so alt wie ihr Bruder. Und noch Angst, im nächsten Jahr 30 zu werden „und damit älter als er“.
Pure Brutalität
Die unbeschwerte Version von ihr existiere seit der Bluttat nicht mehr. In dem Video der Tat sei nicht nur einfach ein Angriff zu sehen. „Es war pure Brutalität, die jede Grenze der Menschlichkeit überschritten hat. Der Mörder hat auf meinen Bruder mit einer Gewalt und Grausamkeit eingestochen, die ich nicht begreifen kann.“ Bei der Attacke von hinten habe ihr Bruder keine Chance gehabt, sich zu wehren – obwohl „er sich unglaublich gut verteidigen konnte“. Der Täter Sulaiman A. sei aus Afghanistan nach Deutschland gekommen, um hier Schutz und Sicherheit zu finden. „Und dann bringt er hier, in dieses Land, dass ihm genau diese Sicherheit bietet, diese Gewalt und Grausamkeit, vor der er geflohen ist.“
Rouven Laur habe Deutschland gedient, für Sicherheit gesorgt, er habe geholfen. „Und ausgerechnet jemand, der hier Zuflucht sucht, hat ihm sein Leben genommen.“ Das mache sie wütend und fassungslos zugleich.
Trauernde Mutter
Laurs Mutter Petra schilderte weinend von der schwierigen Geburt ihres Sohnes, Kaiserschnitt, von Atemproblemen, der um den Hals geschlungenen Nabelschnur, von seiner Zeit auf der Intensivstation. „Erst nach drei Tagen konnte ich ihn in den Arm nehmen, als er sich ins Leben gekämpft hatte.“ Ihr Sohn habe mitwirken, verändern und verbessern wollen. Sie erweckt ihren Sohn zum Leben: seine Passion, zu kochen, wie er Obdachlosen etwas zusteckte. „Sein Leben begann an Schläuchen, es endete an Schläuchen.” Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz und Mannheims Präsidentin Ulrike Schäfer wischen sich Tränen aus den Augen.
Die Anwälte der Nebenkläger beantragten, A. lebenslang in Haft zu nehmen, die besondere Schwere seiner Schuld festzustellen, und ihn nach der möglichen Verbüßung seiner Haft in Sicherungsverwahrung zu nehmen.