Barrieren einreißen, Kulturen verbinden
Verein Pyramidea möchte zur kulturellen Verständigung beitragen – Geflüchtete engagieren sich gemeinsam mit Einheimischen
Etwas an die Gesellschaft zurückgeben und anderen helfen, das ist der Grundgedanke des Vereins Pyramidea, der von Geflüchteten gegründet wurde. Ob Kochabende, Hilfe beim Deutschlernen oder Selbstverteidigungskurse für Mädchen: Für jeden gibt es das passende Angebot. Und jeder darf mitmachen.

„Mädelszeit“ – das heißt für die weiblichen Mitglieder des Vereins Pyramidea, dass die Jungs vor der Tür bleiben und sie sich nur mit Dingen beschäftigen können, die sie interessieren. Und das ist neben Henna-Bemalung und Kochen zum Beispiel auch Selbstverteidigung. Foto: privat
Von Silke Latzel
ASPACH/BACKNANG. Sie sind Geflüchtete, kamen als Fremde in ein fremdes Land, mit fremder Sprache und fremder Kultur. Nun sind sie hier angekommen und wollen etwas zurückgeben: Die Mitglieder des Vereins Pyramidea, der seinen Sitz in Aspach hat, kommen aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak. Und mit ihrer Arbeit wollen sie nicht nur andere Geflüchtete unterstützen, sondern ihnen auch die Möglichkeit bieten, sich in sogenannten Miniprojekten zu engagieren. „Wir möchten etwas für die Gesellschaft machen und zeigen, das Geflüchtete nicht nur Hilfe annehmen, sondern auch selbst etwas auf die Beine stellen können“, sagt Mohammad Naser Jalab, Vorsitzender des Vereins.
Jalab kam 2015 von Syrien nach Deutschland, lebte zuerst in Backnang, studiert jetzt in Karlsruhe. „Aber mein Herz hängt immer noch am Rems-Murr-Kreis“, sagt er und lacht. Und damit ist er nicht der Einzige. Die Mitglieder des Vereins leben längst nicht mehr nur im Rems-Murr-Kreis und sind auch nicht nur hier aktiv. „Dadurch, dass wir angefangen haben zu studieren oder eine Ausbildung zu machen, sind viele auch umgezogen. Aber für die Projekte kommen wir immer wieder hierher zurück oder betreuen sie auch in Stuttgart.“
Wer eine Idee hat, kann sich einfach melden und mitmachen
Pyramidea wurde im Februar 2018 gegründet, hat seinen Sitz in Kleinaspach und derzeit etwa 30 aktive Mitglieder – Geflüchtete und Deutsche, Einheimische aus Aspach, aber auch aus der näheren Umgebung und sogar aus Stuttgart. „Wir arbeiten in vielen kleinen Projekten, Schritt für Schritt“, so Jalab. „Und jeder kann mitmachen und sich einbringen, es gibt keine Grenzen.“ So konnte der Verein bislang beispielsweise Deutsch- und Englischsprachkurse anbieten. Auch Tagesausflüge stehen oft auf dem Programm, etwa Führungen im Schloss Ludwigsburg. „Ein syrischer Maler kam zu uns und hat angeboten, mit Menschen im Altersheim zu malen. Ein anderer ist Koch und hat an der Conrad-Weiser-Schule einen Monat lang jeden Montag zusammen mit den Schülern Gerichte aus seiner Heimat gekocht und die verschiedenen Gewürze erklärt, die dort benutzt werden. Das kam richtig gut an und war auch einfach mal etwas Neues.“
Überhaupt: Bei Pyramidea wurde schnell erkannt, dass Essen die verschiedenen Kulturen verbindet. So hieß das Eröffnungsprojekt „Spätzle meets the world“ und fand im April 2018 in Zusammenarbeit mit den Firmlingen der katholischen Kirche Aspach in der Gemeindehalle statt. „Es gab ein internationales Buffet. Und es kamen so viele Menschen, darauf waren wir gar nicht vorbereitet. Es war dann etwas chaotisch“, erzählt Jalab lachend.
Ein ganz besonderes Projekt ist die „Mädelszeit“ für Mädchen zwischen 14 und 27 Jahren, die unter anderem in Kooperation mit dem Famfutur in Backnang und dem Kreisjugendring stattfindet. „Die Mädchen sind dort unter sich und man merkt einfach, wie unbeschwert sie sind, wenn ihre Eltern einmal nicht dabei und sie unter sich sind“, erzählt die Aspacherin Hannah Nothstein, die dem Verein mit Wissen und Know-how in Sachen Gründung, deutscher Bürokratie und auch dem Beantragen von Fördergeldern zur Seite steht. Auch ist sie bei der „Mädelszeit“ dabei, denn organisiert und durchgeführt werden kann diese, na klar, nicht von Männern. Schmink- oder Kochabende stehen ebenso auf dem Programm wie etwa eine Kreativwerkstatt, in der beispielsweise bereits Masken bemalt wurden. „Eine Kickboxerin aus Syrien hat auch einen Selbstverteidigungskurs angeboten und gezeigt, wie die Mädchen sich wehren können, falls ihnen jemand zu nahe kommt.“
Finanziert wird der Verein durch Spenden und Fördergelder. Die Miniprojekte unterliegen keinen bestimmten Vorschriften, wer sich engagieren möchte und eine Idee hat, kann sich an den Verein wenden und es wird versucht, das Projekt umzusetzen – egal, ob es sich um eine einmalige oder regelmäßige Sache handelt. „So haben auch diejenigen die Möglichkeit, etwas anzubieten, die nicht viel Zeit haben“, sagt Jalab. Und die Ideen gehen den Mitgliedern des Vereins so schnell nicht aus, versichert er.
Auch das Thema des aktuellsten Projekts steht schon fest, in trockenen Tüchern ist es allerdings noch nicht ganz: „Wir haben gehört, dass die Gemeinde Aspach in diesem Jahr keine Flurputzete macht und hatten die Idee, dass wir das übernehmen können. Natürlich nur, wenn die entsprechenden Materialen zur Verfügung gestellt werden, sonst wird das vom organisatorischen Aufwand einfach zu viel“, so Nothstein.
Wer gerne bei Pyramidea aktiv werden möchte, kann sich per E-Mail an pyramideaev@web.de wenden. Um Miniprojekte anzubieten, muss man kein Mitglied sein.