Bauern machen gegen Bienen-Volksbegehren mobil

dpa/lsw Weinsberg. Naturschützer sehen die Bienen bedroht, Landwirte sich selbst: Die Bauernverbände blasen zum Protest gegen das Artenschutz-Begehren. Wein, Obst und Kulturlandschaft stehen aus ihrer Sicht auf dem Spiel.

Unter dem Motto „Rettet die Bienen“ ist das Volksbegehren in Baden-Württemberg angelaufen. Foto: Marijan Murat/dpa

Unter dem Motto „Rettet die Bienen“ ist das Volksbegehren in Baden-Württemberg angelaufen. Foto: Marijan Murat/dpa

Bauern im Südwesten sehen sich durch die geforderten Pestizidverbote im Artenschutz-Volksbegehren massiv in ihrer Existenz bedroht. Man arbeite an einem Konzept, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren und sei auch bereit, mehr für den Artenschutz zu tun, sagte der Präsident des Landesbauernverbands, Joachim Rukwied, am Mittwoch in Weinsberg bei Heilbronn. Um Qualität und Ernten sichern zu können, brauche man aber auch künftig Pflanzenschutz. Das Volksbegehren enthalte richtige Ziele, aber die falschen Maßnahmen. Artenschutz sei nicht gegen die Landwirtschaft machbar.

Unter dem Motto „Rettet die Bienen“ sammeln Naturschützer seit zwei Wochen Unterschriften für das umstrittene Volksbegehren. Der Anteil der Flächen, auf denen Pestizide genutzt werden, soll demnach in Baden-Württemberg bis 2025 halbiert werden. In Schutzgebieten sollen sie verboten werden. Die ökologische Landwirtschaft soll zudem bis 2035 auf 50 Prozent ausgebaut werden.

Wenn innerhalb der nächsten Monate mindestens jeder zehnte Wahlberechtigte unterschreibt - 770 000 Menschen - dann wird der Gesetzentwurf dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt. Wenn die Abgeordneten den Entwurf ablehnen, gibt es eine Volksabstimmung. Der Landtag könnte den Forderungen der Naturschützer dann auch einen eigenen Entwurf entgegenstellen.

Die Bauern hatten die Forderungen der Bienenfreunde wiederholt massiv kritisiert. Mehr als 440 000 Hektar Schutzgebiet wären laut Landesbauernverband vom Pestizidverbot betroffen. „Wir sind bereit, etwas zu tun - aber nicht mit der Pistole an der Schläfe“, sagte Kilian Schneider, der Präsident des Badischen Weinbauverbands, am Mittwoch.

Artenschutz sei nicht nur Aufgabe der Landwirtschaft, alle müssten einen Beitrag leisten, forderte der Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, Werner Räpple. „Das Volksbegehren ist falsch und schlecht gemacht.“ Es richte sich einseitig gegen die Landwirtschaft und würde bei der Umsetzung das Aus von vielen Tausenden Betrieben bedeuten. Pflanzenschutz sei nur ein Faktor, der zum Insektensterben beitrage. Der wichtigere Faktor sei der schwindende Lebensraum etwa durch Versiegelung. Man setze etwa auf Forschung zur Pestizidreduktion, sagte Räpple. Auf konkrete Ziele wolle man sich aber nicht festlegen - das sei unseriös.

Rukwied warnte, als Folge des Pestizidverbots könnten Produkte importiert werden, die mit Pflanzenschutzmitteln hergestellt worden sind, die in Deutschland schon lange nicht mehr zugelassen sind.

Die Bauernverbände reagieren nun mit einem sogenannten Volksantrag auf das Bienen-Begehren. Damit möchte man fachlichen Input geben und erreichen, dass sich der Landtag intensiv mit den Anliegen der Landwirtschaft beschäftigt, sagte Rukwied. Sie müssen knapp 40 000 Unterschriften sammeln - dann muss sich der Landtag mit ihren Forderungen beschäftigen. Nächste Woche darf die Sammlung losgehen.

„Den vom Innenministerium für angemessen und umsetzbar eingeschätzten Gesetzentwurf als Existenzbedrohung für die Landwirtschaft zu proklamieren, entbehrt dagegen der sachlichen Grundlage“, kritisierte hingegen Tim Kiesler, geschäftsführender Landesvorstand des ökologischen Erzeugerverbandes Demeter aus dem Bündnis für das Volksbegehren. Laut den Initiatoren des Bienen-Begehrens bleibt das Papier der Bauernverbände hinter bereits angekündigten Vorhaben der Landesregierung zurück, etwa bei der Pestizidreduktion.

Das Innenministerium wies die Aussage Kieslers strikt zurück. Man habe lediglich die formale Zulässigkeit geprüft, aber das Volksbegehren nicht inhaltlich bewertet.

Die Landwirte indes hoffen auf die Unterstützung durch die Landesregierung. Rukwied begrüßte die deutliche Positionierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gegen das geforderte Pestizidverbot. Der Regierungschef hatte Dienstag vor dramatischen Folgen für landwirtschaftliche Betrieben gewarnt. Die Landesregierung kläre nun laut Kretschmann, wie eine Alternative zu dem Entwurf aussehen könnte. Er hoffe auf Ergebnisse bis Mitte nächster Woche.

Bevor die Landesregierung einen Gegenentwurf erarbeitet, braucht es nach Meinung von CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart zunächst aber einen Runden Tisch mit allen Beteiligten. „Schnellschüsse bringen uns nicht weiter. Gerade hier gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“ Die Regelungen müssten in einem breiten Konsens erarbeitet werden.

Die Zahl der Bienen in Baden-Württemberg ist in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gesunken. Bei den Honigbienen etwa habe der Bestand in den vergangenen zehn Jahren zwar wieder leicht zugenommen, im Vergleich zu vor 50 Jahren sei der Bestand jedoch um 50 Prozent gesunken, berichtete Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) am Mittwoch im Landwirtschaftsausschuss, wie der Landtag mitteilte.

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Erstellt:
9. Oktober 2019, 18:22 Uhr

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