Baustart für die Stadtbrücke am Backnanger Bahnhof

Die Tage des maroden Fußgängerstegs am Backnanger Bahnhof sind gezählt. Nächste Woche beginnen die Vorarbeiten für den Bau einer neuen Brücke, die bis Ende des Jahres fertig sein soll. Barrierefrei wird der Zugang zu den Bahnsteigen allerdings frühestens 2025.

Der Fußgängersteg am Backnanger Bahnhof stammt aus dem Jahr 1960 und ist in einem schlechten Zustand. Wenn bis Ende des Jahres ein Stück weiter vorne die neue Brücke in Betrieb geht, wird er abgebrochen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Der Fußgängersteg am Backnanger Bahnhof stammt aus dem Jahr 1960 und ist in einem schlechten Zustand. Wenn bis Ende des Jahres ein Stück weiter vorne die neue Brücke in Betrieb geht, wird er abgebrochen. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Eigentlich ist der Bau der neuen Stahlbrücke nicht allzu kompliziert. Man braucht Fundamente, Treppen, sogenannte Y-Träger und die Brücke selbst, die von einer Firma in Remseck vorgefertigt und vor Ort eingehoben und montiert wird. Würde der 62 Meter lange und 2,40 Meter breite Steg über die Murr oder eine städtische Straße führen, lägen die Kosten bei knapp vier Millionen Euro. Dass das Projekt aber rund sieben Millionen Euro kosten wird, liegt daran, dass die Brücke über Bahngleise führt, und das macht es kompliziert.

Denn hier hat die Deutsche Bahn das Sagen und die stellt Anforderungen, die ebenso aufwendig wie teuer sind. Um überhaupt bauen zu können, hatte die Stadt bereits vor zwei Jahren sogenannte Sperrpausen beantragen müssen, in denen der Bahnverkehr ruht. Die wurden von der Bahn zwar genehmigt, allerdings nur für drei Stunden pro Nacht und nicht wie beantragt für fünf Stunden. So kann nun immer nur zwischen 1 und 4 Uhr an den Gleisen gearbeitet werden. Und das dürfen auch nur ganz bestimmte Firmen tun, die dafür von der Deutschen Bahn zugelassen sind.

Weil es davon aber nur wenige gibt und diese zudem mit anderen Bahnprojekten wie Stuttgart 21 stark ausgelastet sind, verlangen sie horrende Preise. Hinzu kommen teure Nebenleistungen wie Sicherheitsposten und Bauüberwachung. Um das alles zu bezahlen, musste der Gemeinderat kurz vor Weihnachten noch einmal einen Nachschlag von 665000 Euro bewilligen. „Die Alternative wäre, dass wir gar keine Brücke bauen können“, hatte Baudezernent Stefan Setzer damals in der Sitzung erklärt. So heißt es nun also Augen zu und durch.

Bahn baut Aufzüge zu den Bahnsteigen erst in zwei Jahren

Am kommenden Montag beginnen die ersten Vorarbeiten. Dabei gehe es zunächst einmal darum, die Oberleitungen so umzurüsten, dass diese für jedes Gleis einzeln abgeschaltet werden können, erklärt Andreas Stier, Leiter des städtischen Hochbauamts. Denn das ist Voraussetzung, damit auch während der Bauphase Züge fahren können. Dafür müssen laut Stier acht neue Masten gestellt und 1,5 Kilometer Fahrdraht neu verlegt werden. Diese Arbeiten sollen bis April dauern, damit im Anschluss der Bau der Fundamente beginnen kann. Der eigentliche Brückenschlag ist dann im Oktober und November geplant, wobei der alte Steg noch bis zur Freigabe seines Nachfolgers begehbar bleibt und erst danach abgebrochen wird.

Die Bauarbeiten sollen den Bahnverkehr kaum beeinträchtigen. Laut Andreas Stier ist eine Vollsperrung des Bahnhofs lediglich an einem Tag im April sowie für zwei Tage im November geplant. Dann soll es jeweils einen Ersatzverkehr mit Bussen geben.

So soll der neue Fußgängersteg einmal aussehen. Wann die Aufzüge zu den Bahnsteigen gebaut werden, ist allerdings noch unklar. Visualisierung: Büro Schlaich, Bergermann und Partner

So soll der neue Fußgängersteg einmal aussehen. Wann die Aufzüge zu den Bahnsteigen gebaut werden, ist allerdings noch unklar. Visualisierung: Büro Schlaich, Bergermann und Partner

Das eigentliche Ziel des Projekts, nämlich endlich einen barrierefreien Zugang zu allen Bahnsteigen zu schaffen, wird vorerst aber trotzdem nicht erreicht. Denn von vier geplanten Aufzügen werden zunächst nur zwei gebaut, nämlich der am Bahnhofsvorplatz und der ganz hinten zum Büttenenfeld. Für den Bau der beiden mittleren Aufzüge, die zu den Bahnsteigen führen, ist die Deutsche Bahn zuständig und die hat damit keine Eile. „Für die Modernisierungsmaßnahmen am Bahnhof Backnang ist ein sogenanntes Planrechtsverfahren notwendig, das in diesem Jahr beim Eisenbahn-Bundesamt gestartet wurde“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Mit einer Genehmigung rechne man erst Ende 2024, sodass frühestens in zwei Jahren mit dem Bau begonnen werden könne.

Alle Versuche der Backnanger Stadtverwaltung, das Projekt zu beschleunigen, blieben erfolglos. Man habe sogar angeboten, die Aufzüge vorzufinanzieren, auch das sei abgelehnt worden, berichtet Amtsleiter Andreas Stier: „Das ist schon sehr bedauerlich.“

Die Bahn äußert sich auf Anfrage nicht näher zu den Gründen. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es lediglich: „Die Idee, den Bau der Aufzüge vorzuziehen und im Zusammenhang mit der Errichtung des Stegs umzusetzen, wurde Anfang 2022 mit der Stadtverwaltung besprochen und als nicht umsetzbar bewertet.“

Kommentar
Schildbürgerstreich der Deutschen Bahn

Von Kornelius Fritz

Eigentlich sollte man meinen, dass es im ureigenen Interesse der Deutschen Bahn liegt, dass ihre Bahnhöfe attraktiver werden. Umso unverständlicher ist es, dass sich das Staatsunternehmen gegenüber der Stadt Backnang derart unkooperativ verhält. Da baut die Stadt auf eigene Kosten für mehrere Millionen Euro eine neue Fußgängerbrücke, die zwar auch die Innenstadt mit der Maubacher Höhe verbindet, in erster Linie aber der Erschließung des Bahnhofs dient. Doch statt diese Pläne nach Kräften zu unterstützen, legt die Bahn der Stadt noch Steine in den Weg.

So lässt sich der Monopolist nicht nur alle Leistungen, die er im Rahmen des Brückenbaus erbringt, von der Stadt teuer bezahlen, sondern weigert sich auch, schnellstmöglich die Aufzüge zu den Bahnsteigen zu bauen, damit der Backnanger Bahnhof endlich barrierefrei wird. Und die Stadt kann dabei nur machtlos zusehen.

So werden wir Ende des Jahres wohl die absurde Situation erleben, dass am Backnanger Bahnhof ein neuer Steg eingeweiht wird, der in puncto Barrierefreiheit zunächst gar keine Verbesserung bringt. Für einen solchen Schildbürgerstreich auf Kosten von Behinderten und Senioren hätte in Backnang wohl niemand Verständnis.

k.fritz@bkz.de

Parkplätze fallen weg

Sperrungen Für die Einrichtung der Baustelle wird ab Montag, 9. Januar, der gesamte Vorplatz zwischen dem Bahnhofsgebäude und dem alten Fußgängersteg mit den Taxistellplätzen, den Kurzzeitparkplätzen sowie den dortigen Fahrradabstellplätzen gesperrt. Die Taxiunternehmen können den Interimsparkplatz östlich des alten Stegs nutzen. Die Radabstellanlagen unter dem alten Steg und östlich davon können vorläufig weiter genutzt werden. Auch auf dem Parkplatz Obere Bahnhofstraße entfallen vorübergehend etwa 20 Stellplätze. Die Stadtmobil-Plätze sind nicht betroffen.

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Erstellt:
5. Januar 2023, 06:00 Uhr

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