Nein zur Verpackungssteuer

Bayern will nicht von Tübingen lernen – Palmer findet es „unerträglich“

Markus Söder liebt Fastfood und will sich den Genuss nicht vermiesen lassen. Jetzt hat er einer Steuer auf Einwegbecher und Essensschachteln einen Riegel vorgeschoben.

„Ich liebe McDonald’s“, sagte CSU-Chef Markus Söder im Bundestagswahlkampf. Boris Palmer legte sich im Zuge der Verpackungssteuer mit dem Fast-Food-Riesen an.

© X-Account Markus Söder, imago/Ulmer II

„Ich liebe McDonald’s“, sagte CSU-Chef Markus Söder im Bundestagswahlkampf. Boris Palmer legte sich im Zuge der Verpackungssteuer mit dem Fast-Food-Riesen an.

Von Eberhard Wein

Ohne Fastfood – Eingefleischte wissen es – wäre Markus Söder im Bundestagswahlkampf eingeschrumpelt wie eine erkaltete Nürnberger Rostbratwurst. In einem Video hat der bayerische Ministerpräsident sogar sein kleines fettiges Geheimnis verraten. „Ich liebe McDonald’s“, ließ der CSU-Chef wissen und erklärte sodann, wie er seinen Big Mac am liebsten zu essen pflegt: nicht klassisch mit weit aufgerissenem Maul wie ein bayerischer Löwe, um vom ganzen Doppelstöcker abbeißen zu können, sondern zweigeteilt. Erst die obere, dann die untere Hälfte. Um dies anschaulich zu demonstrieren, hatte er sich extra zwei Big Mac geholt.

Die lagen in Einwegboxen vor ihm. Auch sie liebt der CSU-Chef. Jetzt erging in München ein Kabinettsbeschluss. Demnach darf in den Städten und Gemeinden im Freistaat keine Verpackungssteuer für Einwegbecher, Pizzaschachteln, Pommesschalen und Burger-Kartons eingeführt werden. Die Steuer nach Tübinger Muster sei zu kompliziert und ein zu hoher Aufwand für Bürger und Betriebe. „Das wollen wir nicht haben“, sagte der Chef der Staatskanzlei, Florian Herrmann (CSU).

McDonald's darf jubeln

Das freut die Burger-Kette. In Tübingen hatte McDonald’s noch erfolglos geklagt. Der Erfinder der Verpackungssteuer, Oberbürgermeister Boris Palmer, ist hingegen froh, dass er in Baden-Württemberg lebt, und nimmt kein Blatt vor den Mund: „Ich finde diesen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung unerträglich.“ Das Bundesverfassungsgericht habe die Steuer den Städten genehmigt, aber Bayern sei offenbar ein „königlicher Freistaat, wo die Treppe immer noch von oben nach unten gekehrt wird“.

Für Palmer ist die Verpackungssteuer ein Erfolgsmodell. „Wir erreichen alle unsere selbst gesteckten Ziele. Wir haben weniger Müll, viele neue Mehrwegangebote und eine Million Euro zusätzlich in der Stadtkasse.“ Dabei halte sich der Verwaltungsaufwand in Grenzen. „Uns reicht für die Erhebung eine halbe Stelle in der Stadtkämmerei.“

In Baden-Württemberg ein Erfolgsmodell

In Baden-Württemberg gibt es bereits Nachahmer. Vor kurzem beschloss der Freiburger Gemeinderat gegen die Stimme von Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) die Ausarbeitung eines Besteuerungsmodells. Zum Jahresbeginn hat bereits die Stadt Konstanz eine Verpackungssteuer eingeführt. Auch dort zog die Stadtverwaltung unlängst eine erste zufriedene Bilanz. Die Steuererhebung in den einschlägigen Gastronomiebetrieben habe sich nach anfänglichen Schwierigkeiten eingespielt. Allerdings läuft auch eine Onlinepetition, die mehr als 2000 Menschen unterzeichnet haben. Viele Touristen tun sich schwer damit, dass ein Eis in der Bodenseestadt 50 Cent mehr kosten soll, wenn man es im Becher statt in der Waffel bestellt.

Dass die Tüte für das Fleischkäsbrötchen nur dann Verpackungssteuer kostet, wenn der Fleischkäse warm ist, stößt regelmäßig auf Unverständnis. Doch Boris Palmer hält solche Ungereimtheiten für nebensächlich. Mit dem Blick auf einzelne extreme Ausnahmefälle könnte man auch die Mehrwertsteuer und jede andere Abgabe diskreditieren, sagt Palmer.

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In Bayern hält man allerdings grundsätzlich nichts von so genannten Bagatellsteuern. „Unsere Betriebe brauchen keine neuen Belastungen, sie brauchen freie Hand, um das Geschäft in Schwung zu halten“, sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Jetzt soll es ein entsprechendes Landesgesetz geben.

Bis es in Kraft tritt, würden entsprechende Anträge abgelehnt, erklärte der Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Unter anderem hatte sich Regensburg für die Einführung der Verpackungssteuer interessiert. Doch unter dem weiß-blauen Himmel liebt man eben seine Berge – offenbar auch die aus Verpackungsmüll. Gegen jede Idee, den Müll teurer zu machen, weiß man sich einig – erst recht, wenn die Idee aus Baden-Württemberg kommt.

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Erstellt:
4. Juni 2025, 16:10 Uhr

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