Begegnungen zwischen Gemüse und Wildblumen

Bürgerpreis 2021: Die Zukunftswerkstatt Rückenwind hat in Backnang einen Garten der Vielfalt angelegt. Hier werden alte Gemüsesorten angepflanzt, eine Wildblumenwiese mit Insektenhotels soll zur Artenvielfalt beitragen, zudem soll der interkulturelle Austausch gefördert werden.

Lea Rupp und Mohammed Akbari kümmern sich um die Pflanzen im Garten der Vielfalt. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Lea Rupp und Mohammed Akbari kümmern sich um die Pflanzen im Garten der Vielfalt. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Etwas verspätet hat der Verein Zukunftswerkstatt Rückenwind sein Projekt angehen können. Der Grund für die Verspätung war – wie so oft in diesen Zeiten – die Coronapandemie. In einer Gruppe arbeiten, um den Garten anzulegen, das war im März noch nicht denkbar. Danach hat das Wetter den Einsatzwilligen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Statt im März wurde der „Garten der Vielfalt“ also im Mai angelegt und das war ein ganzes Stück Arbeit. Das Grundstück, welches die Familie von Lea Rupp zur Verfügung gestellt hat, habe viele Jahre brachgelegen, erzählt diese. „Zum Glück sind wir in der Vorarbeit von einem Landschaftsgärtner unterstützt worden“, berichtet sie. Beim Anlegen der Beete hätte dann eine Handvoll Jugendlicher mit angepackt.

Die Zukunftswerkstatt Rückenwind (ZWR) ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit seiner Gründung 2003 als Lobbyist der Jugend versteht und verschiedene Themen innerhalb der Kinder- und Jugendarbeit in Angriff nimmt. Schwerpunkt des Vereins sind Angebote für finanziell und sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sowie partizipative Jugendfreizeiten in Kooperation mit anderen Trägern der Jugendhilfe. Auch wird besondere Rücksicht auf junge Geflüchtete und deren Familien genommen. Diversität wird in der Zukunftswerkstatt großgeschrieben, und im neuen Projekt bekommt der Begriff noch einmal eine neue Dimension. Der Garten der Vielfalt entstand aus dem Wunsch heraus, in Kooperation mit den Vereinen Pyramidea und Kubus am Wettbewerb „Baden-Württemberg blüht“ teilzunehmen, zudem bewerben sie sich damit um den Bürgerpreis der Kreissparkasse Waiblingen, der in diesem Jahr unter dem Motto „Umwelt und Natur schützen – nachhaltig für morgen sorgen“ steht.

Für die Insekten wurde eine Wildblumenwiese angelegt.

Diese Vorgabe erfüllt das Projekt in vielerlei Hinsicht, so Rupp, „da wir mehr Wohnraum für Insekten schaffen, interkulturelle Lebensräume und durch Workshops Nachhaltigkeit erlebbar machen. Das hat den Vorteil, dass man so leicht in seinen Alltag Nachhaltigkeit integrieren kann.“ Die Kinder und Jugendlichen legen gemeinsam Beete an, pflegen sie und verarbeiten die Früchte ihrer Arbeit zum Schluss auch selbst weiter. „Das Beet soll dazu genutzt werden, um alte Sorten von Obst und Gemüse anzupflanzen, um so die Diversität in der Natur aufzuzeigen“, lautet der Anspruch der ZWR. Gerade die Kartoffel sei ein Gemüse, dessen Vielfalt in Vergessenheit geraten ist. Bevorzugt werden alte und regionale Sorten, das alles natürlich in Absprache mit den Jugendlichen. Das zur Verfügung gestellte Grundstück, welches der Verein mit den Jugendlichen und ihren Familien bewirtschaftet, ist eine alte Streuobstwiese, auf der viele alte Apfelbäume stehen. Diese sollen ebenfalls genutzt werden; so ist angedacht, nach der Ernte eigenen Apfelsaft herzustellen. Im Hauptbeet, welches den Großteil der Gartenflächen in Anspruch nimmt, haben die Jugendlichen und die Vereinsverantwortlichen bereits diverse Nutzpflanzen gesetzt. „Wir haben 50 Tomatenpflanzen geschenkt bekommen“, berichtet Lea Rupp. Neben bekannten Gemüsesorten wie Zwiebeln, Kartoffeln und Knoblauch wurden auch exotischere Pflanzen wie die Physalis berücksichtigt. Und auch Sträucher finden sich im Garten, etwa Johannisbeeren und Stachelbeeren. Doch nicht nur klassische Nutzpflanzen wachsen im Garten der Vielfalt.

Auch wurde eine Wildblumenwiese angelegt, auf der die Pflanzen bereits gut 15 Zentimeter hoch stehen. „So wollen wir dazu beitragen, gefährdete Insektenarten zu schützen, indem wir ihnen Nahrung bieten“, erklärt Rupp. Natürlich bauen die Jugendlichen passend dazu auch einige Insektenhotels, in denen die kleinen Tiere nisten können. Auch sei man mit einem Imker in Kontakt, der die Zusammenarbeit mit dem Verein zugesagt habe. „Wir haben verschiedene Workshops geplant, die bisher leider nicht möglich waren“, sagt Rupp. Da sich die Infektionslage nun entspannt hat, sollen diese in den Sommerferien endlich starten. Gemeinsam mit dem Imker können die Jugendlichen dann Honig herstellen und aus dem Bienenwachs Kerzen und Wachstücher herstellen – Letztere werden wiederum als nachhaltige und ökologische Alternative zur Frischhaltefolie verwendet. Auch das Sammeln von Wildkräutern oder Yoga in der Natur sollen das Bewusstsein für die Natur und Nachhaltigkeit stärken. Vor allem soll der Garten aber auch als Begegnungsstätte und als coronakonforme interkulturelle Austauschmöglichkeit genutzt werden. Gemeinsame Mittage und Abende sind in Planung. Das Angebot nehmen die Jugendlichen am Nachmittag, wenn die Schule aus ist, schon jetzt gerne an – vorausgesetzt, das Wetter macht ihnen keinen Strich durch die Rechnung. Immerhin, beim Gießen hat Petrus ordentlich mitgeholfen und das heftige Unwetter Anfang der Woche habe der Garten auch recht gut überstanden, so Rupp.

Bislang ist der„Garten der Vielfalt“ nur auf dieses Jahr ausgelegt, „wir würden aber gerne weitermachen“, sagt Rupp. Das stehe und falle damit, ob ausreichend Ressourcen zu Verfügung stehen. Denn das Projekt muss schließlich auch vom ZWR-Personal betreut werden. Sollte die ZWR mit dem Leserpreis unserer Zeitung bedacht werden, wollen die Verantwortlichen die Programme ausbauen sich in Backnang als Kinder und Jugendhilfeverein weiter etablieren. Gleichzeitig werden noch Gelder für das Büro benötigt, das der Verein seit Januar gemietet hat. „Davor waren wir in der Markuskirche und in der Neuapostolischen Kirche tätig. Leider durften wir aufgrund der Lage als externe Personen diese Räumlichkeiten nicht mehr nutzen beziehungsweise wurden die Veranstaltungen online abgehalten.“ Gerne will die ZWR einen Teil des Gelds nutzen um den Garten mit einer Schaukel und einem Sandkasten auszustatten.

In einer Serie stellen wir die Kandidaten aus unserem Verbreitungsgebiet vor, die beim Bürgerpreis Rems-Murr für den Leserpreis der Backnanger Kreiszeitung und der Murrhardter Zeitung nominiert sind. Abstimmen für den eigenen Favoriten kann man vom 3. bis 11. Juli auf www.bkz.de.

Begegnungen zwischen Gemüse und Wildblumen

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Erstellt:
1. Juli 2021, 11:30 Uhr

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