Donald Trumps neues Kabinett
Begünstigung in der Politik: Trumps Spezl- und Vetterleswirtschaft
Das neue Kabinett des nächsten amerikanischen Präsidenten – das mächtigste Entscheidungsgremium der Welt – wird sich aus TV-Moderatoren, Milliardären, Hedgefonds-Managern, Impfgegnern und Ultrakonservativen zusammensetzen. Wichtig sind Donald Trump vor allem bedingungslose Treue und absolute Loyalität.
Von Markus Brauer/AFP/dpa
Vorzügliche Begünstigung der Verwandten: Vetterleswirtschaft ist, um es philosophisch auszudrücken, ein Apriori des „Humanum genus“ – ein soziales Fundamentalprinzip des Menschengeschlechts.
Auf die liebe Verwandtschaft vertrauten alle Völker in der Menschheitsgeschichte: Griechen und Römer (das Wort ist abgeleitet vom lateinischen „nepōs“ – Enkel, Neffe, Nachkomme), Byzantiner und Sarazenen, Könige und Kaiser, Mafiosi und Kleptokraten. Im Französischen heißt es „Neveu“, in der altindischen Sprache „nápāt“, im altgriechischen „anephios“).
Das Grimmsche Wörterbuch spricht von „Vettergunst“ und beruft sich dabei auf den Sprachforscher Joachim Heinrich Campe (1746-1818). Er definiert Vetternwirtschaft in seinem „Wörterbuch der Deutschen Sprache“ (1807-1812) als „die vorzügliche Begünstigung eines Vetters oder der Vettern, oder überhaupt der Verwandten, indem man ihnen Vorteile aller Art zuwendet, z. B. Ämter, Pfründen, Jahresgelder gibt oder verschafft.“
„Who is who“ der Trumpschen Klüngelei
In der nepotistischen Spezlwirtschaft werden Familienangehörige, Familienmitglieder und Verwandte bevorzugt, wenn es um günstige Vertragskonditionen, Ämterpatronage oder sonstige Einflussnahme geht.
Anders als in seiner ersten Amtszeit setzt Vetterleswirtschafter Donald Trump für seine zweite Administration weniger auf Familienangehörige als auf Spezl- und Freunderl. Sein Kabinett liest sich wie ein „Who is who“ der Trumpschen Klüngelei.
Ambroce Bierce über Nepotismus
Donald Trump, der weder viel von Kritik an seiner Person im Besonderen noch von Satire im Allgemeinen hält, dürfte seinen Landsmann Ambroce Bierce (1842-1914) nicht sonderlich schätzen. Der Verfasser des „Devil’s Dictionary“ („Des Teufels Wörterbuch“) schreibt in diesem „Kleinen ABC für den fortgeschrittenen Zyniker über Nepotismus: „Zum Besten der Partei der eigenen Großmutter ein Amt verschaffen.“
In Trumps Fall ist die Großmutter der/die glühende und absolut loyale Anhänger/in. Ob etwa Pam Bondis Kandidatur als Justizministerin eher zum Wohle der Amerikaner oder und zum persönlichen Wohle des künftigen Präsidenten ist, sei mal dahingestellt.
„Wer den Papst zum Vetter hat, kann leicht Kardinal werden“
Um mit William Shakespeare (1564-1616) zu sprechen: „Wer den Papst zum Vetter hat kann leicht Kardinal werden.“ Was für geistliche Herrscher gilt, gilt für die weltlichen Mächtigen nicht minder, auch wenn Trump kein Papst und Pam Bondi oder Marco Rubio keine Kardinalnepoten sind.
Papst Paul III., die Personifizierung des klerikalen Nepotismus, führte dieses Amt während seines Pontifikats 1534 bis 1549 offiziell ein. Enge Verwandte des amtierenden Papstes, meistens dessen Neffen, wurden in den Kardinalsrang erhoben, um dann als „rechte Hand“ des Papstes zu fungieren. Nepotismus – Neffen- und Vetternwirtschaft – hat in diesem Amt seinen Ursprung.
Offiziell schaffte Innozenz XII. dieses Amt 1692 wieder ab. Doch noch Pius XII. (1876-1958) war bekannt für seine nepotistischen Vorlieben. Seinen Neffen Giulio, Carlo und Marcantonio verschaffte er Fürstentitel und hohe Posten in der italienischen Politik und Finanzwelt.
Trumps Regierungsteam: Ein Überblick
Der designierte US-Präsident Donald Trump hat seine Ministerriege für sein Kabinett II jetzt mit der letzten Spitzenposition komplettiert:
Brooke Rollins: Landwirtschaftsministerin
Die loyale Trump-Anhängerin Brooke Rollins soll den Posten der Agrarministerin übernehmen. Die 52-jährige Rollins ist die Gründerin des America First Policy Instituts, das sich der Förderung von Trumps Agenda widmet. Das Landwirtschaftsministerium zählt zu den größten Bundesbehörden der USA.
Finanzminister: Scott Bessent
Der Hedgefonds-Manager Scott Bessent soll nächster US-Finanzminister werden. Er wird unter anderem einen Weg finden müssen, Wahlkampf-Versprechen des designierten Präsidenten wie Steuersenkungen für Vermögende und neue Importzölle umzusetzen. Zugleich wird seine Politik Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben.
Innenminister: Doug Burgum
Der Gouverneur von North Dakota, Doug Burgum, soll Innenminister und Chef eines neu geschaffenen Nationalen Energierates werden. Der 68-jährige Milliardär hat den Auftrag, alle Formen der Energieproduktion auszuweiten, um den „sagenhaften Öl- und Gasvorteil“ der USA wiederherzustellen.
Außenminister: Marco Rubio
Der republikanische Senator von Florida, Marco Rubio, soll Außenminister werden. 2016 versuchte der Jurist erfolglos, Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden. Der Sohn kubanischer Einwanderer hat sich in den vergangenen Jahren als Trump-Getreuer hervorgetan. Zuletzt stimmte er gegen milliardenschwere Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine.
Justizministerin: Pam Bondi
Die ehemalige Generalstaatsanwältin von Florida Pam Bondi soll Justizministerin werden. Die 59-jährige gehörte zu dem Anwaltsteam, das Trump in seinem ersten Amtsenthebungsverfahren im Senat vertrat. Nur wenige Stunden vor Bekanntgabe der Personalie hatte der ursprünglich von Trump für das Amt des Justizministers nominierte Rechtsaußen-Politiker Matt Gaetz seinen Verzicht auf den Posten erklärt.
Verteidigungsminister: Pete Hegseth
Fox-News-Moderator Pete Hegseth hat bis auf eine erfolglose Bewerbung für einen Sitz im US-Senat für Minnesota keine politische Erfahrung, soll aber mit dem Pentagon eines der wichtigsten Ministerien der USA leiten. Trump lobte die militärische Erfahrung des Ex-Soldaten.
Gesundheitsminister: Robert Kennedy Jr.
Robert Kennedy Jr., der Neffe des früheren US-Präsidenten John F. Kennedy, startete als unabhängiger Kandidat in den Wahlkampf, wechselte dann aber ins Trump-Lager. Der 70-Jährige, der Verschwörungslügen über Impfungen verbreitet, soll laut Trump künftiger Gesundheitsminister werden.
Handelsminister: Howard Lutnick
Howard Lutnick ist Wallstreet-Manager und Co-Chef von Trumps Team, das die Amtsübernahme des Republikaners ab 20. Januar 2025 vorbereitet. Medienberichten zufolge brachte sich Lutnick als Kandidat für das Amt des US-Finanzministers ins Gespräch. Dennoch soll er nun Handelsminister werden. Lutnick solle unter anderem seine Pläne für Zölle umsetzen, teilte Trump mit.
Heimatschutzministerin: Kristi Noem
Mit der Gouverneurin von South Dakota, Kristi Noem, will Trump eine überzeugte Unterstützerin an der Spitze des Heimatschutzministeriums platzieren. Dort hätte die 52-Jährige eine maßgebliche Rolle bei dem von Trump geplanten „größten Abschiebeprogramm in der amerikanischen Geschichte“.
Verkehrsminister: Sean Duffy
Er ist bereits der zweite TV-Moderator in Trumps Regierung: Sean Duffy, Anwalt, ehemaliger Kongressabgeordneter und Ex-Reality-TV-Star soll den Posten des Verkehrsministers bekommen. Derzeit moderiert Duffy beim Sender Fox Business.
Bildungsministerin: Linda McMahon
Die 76-Jährige Linda McMahon war jahrelang Chefin der Wrestling-Liga WWE, bevor sie in die Politik ging. Zweimal versuchte sie erfolglos, als Republikanerin für Connecticut in den US-Senat einzuziehen, in Trumps letzter Regierung leitete sie die „Small Business Administration“. Im Wahlkampf hatte Donald Trump zeitweise gesagt, er wolle das Bildungsministerium abschaffen. Nun soll McMahon das Ministerium übernehmen.
Chef der Gesundheitssysteme: Mehmet Oz
Der TV-Arzt
soll Chef der Gesundheitssysteme Medicare und Medicaid werden. Über sie werden mehr als 100 Millionen Amerikaner mit medizinischen Leistungen versorgt. Als Moderator der „Dr. Oz Show“ wurde er unter anderem für die Verbreitung umstrittener Ansichten zu Alternativmedizin und paranormaler Fähigkeiten kritisiert.
Entbürokratisierung: Elon Musk/Vivek Ramaswamy
Tech-Milliardär Elon Musk soll soll Trump bei der Kürzung der Regierungsausgaben helfen. Er werde gemeinsam mit dem früheren republikanischen Präsidentschaftsbewerber Vivek Ramaswamy die Führung eines speziell dafür geschaffenen Beratungsgremiums übernehmen, teilte das Team des designierten US-Präsidenten mit.
Stabschefin: Susie Wiles
Mit Susie Wiles hat sich Trump eine enge Vertraute für die einflussreiche Rolle als Stabschefin im Weißen Haus ausgesucht. Die 67-Jährige war Trumps Wahlkampfmanagerin, trat bislang in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung, gilt aber als mächtige Strippenzieherin. Die politische Strategin gilt als extrem loyal und diskret.
Stellvertretender Stabschef: Stephen Miller
Der Berater Stephen Miller, geistiger Urheber der rigiden Einwanderungspolitik Trumps in dessen erster Amtszeit, soll Medienberichten zufolge stellvertretender Stabschef im Weißen Haus mit einem breiten Zuständigkeitsbereich werden. Der 39-Jährige gilt als ultrarechter Scharfmacher.
Sicherheitsberater: Mike Waltz
Der Abgeordnete Mike Waltz soll Trumps Nationaler Sicherheitsberater werden. Der 50-Jährige aus Florida bezeichnete China wenige Tage vor der Wahl in einem Meinungsbeitrag im Magazin „Economist“ als „größten Rivalen“ der USA. Der nächste Präsident müsse rasch die Kriege in der Ukraine und in Nahost zu Ende bringen, um sich auf China zu fokussieren, argumentierte er.
CIA-Chef: John Ratcliffe
Den Auslandsgeheimdienst CIA will Trump seinem langjährigen Weggefährten John Ratcliffe anvertrauen. Er war bereits in Trumps erster Amtszeit als Geheimdienstkoordinator tätig. Der 59-Jährige geriet damals in die Kritik. Die Demokraten warfen ihm unter anderem vor, seine Position für politische Zwecke zu missbrauchen.
US-Geheimdienstkoordinatorin: Tulsi Gabbard
Die frühere demokratische Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard nominierte Trump für den Posten der Geheimdienstkoordinatorin. Die 43-Jährige steht einer weiteren US-Unterstützung für die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland ablehnend gegenüber.
Grenzschutzbeauftragter: Tom Homan
Zu seinem Grenzschutzbeauftragten will Trump den ehemaligen ICE-Chef Tom Homan machen. Der 62-Jährige werde als „Grenz-Zar“ für „alle Abschiebungen illegaler Einwanderer in ihr Herkunftsland“ verantwortlich sein, erklärte der designierte US-Präsident.
UN-Botschafterin: Elise Stefanik
Die republikanische Abgeordnete Elise Stefanik soll Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen in New York werden. In den vergangenen Jahren trat die 40-Jährige immer wieder als loyale Verbündete Trumps in Erscheinung und stellte sich auch hinter Trumps Falschbehauptungen über den angeblichen Betrug bei der Präsidentenwahl 2020.
Chef der Umweltbehörde: Lee Zeldin
Als künftigen Chef der US-Umweltbehörde EPA nominierte Trump den ehemaligen Abgeordneten Lee Zeldin. Der 44-Jährige werde „für faire und rasche Deregulierungsentscheidungen sorgen“, um „die Kraft der amerikanischen Unternehmen freizusetzen“ und zugleich die „höchsten Umweltstandards aufrecht zu erhalten“.