Künstliche Intelligenz
Bei 430 Firmen im Südwesten dreht sich alles um KI
Eine bisher einzigartige Studie beleuchtet den Einsatz künstlicher Intelligenz in der baden-württembergischen Wirtschaft. Erkannt wird eine signifikante Schwachstelle.
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Auch die Wirtschaft in Baden-Württemberg flirtet mit der Künstlichen Intelligenz.
Von Matthias Schiermeyer
Immer mehr Unternehmen in Baden-Württemberg nutzen Künstliche Intelligenz, um neue oder verbesserte Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. Gut 2500 Anbieter soll es geben, die die neuen Technologien entweder in bestehende Geschäftsmodelle integrieren oder zusätzliche Wertschöpfung erzeugen.
Dies ist die zentrale Botschaft einer ausführlichen Analyse des Mannheimer Marktforschungs-Start-ups Istari, die vom Wirtschaftsministerium beauftragt wurde und unserer Zeitung vorliegt. Erstmals gebe eine Studie vertiefte Einblicke in die KI-Wirtschaft, heißt es. Bisher seien nur Teilaspekte beleuchtet worden, ohne die Investitionen in etablierten Unternehmen etwa. Zudem begründeten andere Studien ihre Zukunftsprojektionen auf Annahmen; die neue Erhebung schließe eine Lücke mit realen Daten.
Demnach sind ca. 2100 Unternehmen (83 Prozent) als „KI-integrierend“ erfasst. Weitere 430 werden als „KI-nativ“ eingestuft – bei ihnen steht Entwicklung und Vermarktung dieser Technologien im Zentrum des Geschäftsmodells. Oder so betrachtet: Kleinere und häufig jüngere Firmen richten ihren Fokus eher vollständig auf KI aus, größere Unternehmen integrieren sie schrittweise in Produkte und Dienstleistungen.
Bei Robotik sind die Großen gefragt
Mit Abstand am häufigsten vertreten ist der Bereich Datenmanagement und -analyse –danach folgen Technologien, die auf Interaktion und Kommunikation zielen: Bilderkennung und Bildverstehen, Sprach- und Textverstehen, Mensch-Maschine-Interaktion und Assistenzsysteme sowie Generative KI.
Auffällig ist, dass im Bereich Robotik und autonome Systeme der Anteil KI-nativer Unternehmen mit 14 Prozent am niedrigsten liegt – offenbar weil hier überwiegend etablierte Industrieunternehmen die KI in ihre bestehenden Produkte integrieren.
Der Schwerpunkt liegt insbesondere bei den Leitbranchen Automobil, Maschinenbau, Verarbeitendes Gewerbe und Verteidigung/Rüstung. Der Nachteil: Sollten die klassischen Industrien ins Straucheln geraten, könnte dies die Dynamik im Bereich KI beeinträchtigen. Weitere Anwendungsfelder sind Handel, Handwerk, Bau/Infrastruktur, Gesundheit und Greentech.
Zu viel Euphorie wäre fehl am Platze: Insgesamt habe der Einsatz von KI in der Unternehmenslandschaft noch einen begrenzten Umfang, heißt es in der Studie. Im internationalen Vergleich nehme das Land eine starke Position bei industriebezogenen Technologien ein, doch software- und datengetriebene KI-Anwendungen seien unterrepräsentiert – beim Ausbau neuer KI-Modelle werden noch große Potenziale gesehen.
Dennoch sieht sich Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) bestätigt: „Baden-Württemberg spielt bei der Künstlichen Intelligenz international vorne mit und nutzt seine besondere Stärke: Wir verbinden exzellente Forschung, starke industrielle Leitbranchen sowie innovationsfreudige Unternehmen und Start-ups“. Mit Initiativen wie dem Förderprogramm Invest BW, regionalen KI-Exzellenzzentren sowie dem Mittelstandszentrum im Tübinger Cyber Valley seien für eine schnelle und wirksame Anwendung die Voraussetzungen geschaffen worden. Die Studie zeige aber auch, dass bei der Kommerzialisierung von KI lediglich „die Spitze des Eisbergs“ zu sehen sei. Daher solle die Entwicklung dieser Geschäftsmodelle mit dem Aufbau des Innovationsparks Künstliche Intelligenz (IPAI) „auf eine neue Stufe gehoben werden“.
Auch Flächenkreise haben KI-Firmen
Neben dem Heilbronner IPAI haben sich etliche regionale Hotspots herausgebildet, vor allem in Stuttgart, mit Abstand dann Karlsruhe und Mannheim, Freiburg und Heidelberg, Ulm und Tübingen. Auch in diversen Flächenkreisen existiert – vor allem gemessen an der lokalen Wirtschaftsstruktur – eine signifikante Zahl von KI-Unternehmen.
