Bei 50 Grad in der Pizzeria

Feuerwehr, Bauarbeiter und Co.: Manche Berufsgruppen leiden mehr unter der Sommerhitze als andere

29 Grad im Büro? Gut, das ist vielleicht nicht angenehm, und das Arbeiten fällt schwer. Doch es geht noch viel, viel schlimmer. Die BKZ ist gestern, am bislang heißesten Tag des Jahres, losgezogen und hat Menschen bei der Arbeit besucht, die bei dieser Hitze an ihre Grenzen gehen. Fündig geworden sind wir nicht nur auf der Straße ...

Fast 50 Grad in der Küche muss Koch Antonio Folla bei der Arbeit ertragen.

Fast 50 Grad in der Küche muss Koch Antonio Folla bei der Arbeit ertragen.

Von Silke Latzel und Philip Kearney

BACKNANG. Es riecht lecker, der Appetit kommt trotz Hitze: Pizza und Pasta gehen eigentlich immer. Doch was für den einen ein leckeres Mittag- oder Abendessen, bedeutet für den anderen nur eins: Schwitzen. Und das so richtig. In der Pizzeria „Da Toni“ steht Chef Antonio Folla höchstpersönlich bei 50 Grad Zimmerwärme am Herd und kocht. Der Pizzaofen ist einen Raum weiter. Und das hat auch einen Grund: „Unser Ofen wird auf 380 Grad angeheizt, er gibt so schon sehr viel Wärme ab, auch wenn er nicht direkt in der Küche steht“, erzählt Restaurant-Chefin Anja Folla. Weder Klimaanlage noch Ventilator gibt es in der Küche. „Viel trinken, was anderes hilft einfach nicht“, so die Chefin.

Keine Öfen gibt es am Arbeitsplatz von Sven Lux und Heiko Szarvas. Doch kühl ist es deswegen noch lange nicht, ganz im Gegenteil. Die beiden arbeiten für das Bauunternehmen Lukas Gläser und sanieren zusammen mit ihrem Team derzeit die Plattenwaldallee. Der frische Asphalt kommt mit 140 Grad aus der Maschine, direkt danach geht es für Lux, Szarvas und ihre Männer hinterher: Der Asphalt muss schnell und bevor er auskühlt, verteilt werden. Während um 11.50 Uhr von oben unbarmherzig die Sonne brennt und das Thermometer bereits 39 Grad anzeigt, wärmt der Asphalt von unten fast noch mehr. Die Männer schwitzen, einige haben die T-Shirts ausgezogen. „Ist eigentlich nicht erlaubt, aber sonst ist es kaum auszuhalten“, so Polier Szarvas. „Derzeit ist es wirklich extrem und ziemlich belastend“, ergänzt Lux. Zehn Stunden dauert der Arbeitstag der Bauarbeiter. Sie beginnen zwar schon gegen 6 Uhr, doch um die Mittagshitze kommen auch sie nicht herum. Psychologisch besonders gemein: Nur einen Steinwurf entfernt ist das Backnanger Freibad. Doch von dieser Art der Abkühlung kann zumindest jetzt noch keine Rede sein. „Wir haben ein paar Kisten Wasser im Auto“, sagt Szarvas, „viel trinken ist das oberste Gebot bei dieser Hitze.“ Trotz der hohen Temperaturen sei die Stimmung im Team eigentlich ganz gut, findet Sven Lux. „Aber wir sind trotzdem froh, wenn es wieder kühler wird.“

Keine Klimaanlage, dafür einen

Ventilator und Sommerkleider

Subtropisch und ein bisschen wie im Urlaub auf Florida fühlt man sich bei Carmen Wurst. Und es riecht nicht nach Asphalt, sondern duftet nach frisch gewaschener Wäsche. Wurst ist die Inhaberin des „Wäschelands“ und betreibt eine Heißmangel samt Bügelservice. Kurz vor 12 Uhr hat es in ihren Betriebsräumen genau 30 Grad. „Zum Glück schließen wir dienstags um 13 Uhr“, sagt Wurst lachend. An anderen Tagen hat der Familienbetrieb allerdings länger geöffnet: „Da staut sich die Hitze dann natürlich, sodass wir in den Abendstunden dann auch etwa 37 Grad aushalten müssen.“ Da hilft nur noch Durchzug: Die offene Türe vorne und ein extra für heiße Tage eingebautes Gitter im hinteren Bereich des Gebäudes sorgen permanent für ein laues Lüftchen – gemeinsam mit einem Ventilator. Es ist nicht allein die Hitze, die die Arbeit an der Heißmangel schwer macht. Vielmehr ist es die Feuchtigkeit, denn die Wäsche, die gemangelt oder gebügelt werden muss, wird vorher mit Wasser eingesprüht. Die Mangel selbst wird bis zu 180 Grad heiß, sie strahlt viel Wärme ab. Und frisst viel Strom. Deshalb, und weil die Anschaffung zu teuer wäre, gibt es im „Wäscheland“ auch keine Klimaanlage. Carmen Wurst lässt sich von der Hitze die gute Laune nicht verderben. „Es ist eben Sommer und damit auch heiß. Und ändern kann ich es ja sowieso nicht.“ Sie lacht: „Nur Hosen kann ich derzeit bei der Arbeit nicht tragen, aber dafür habe ich ja meine Sommerkleider.“ Ihr persönlicher Tipp: „Viel Wasser, viel Obst und zum Mittag nur einen Salat und nichts Schweres.“

Ins Schwitzen gerät auch Tobias Grokenberger vom Imbiss „Bleyle“ auf der Bleichwiese. 41 Grad heiß ist es am Nachmittag an seinem Arbeitsplatz. „Die wetterbedingte Hitze spürt man vor allem, wenn man nicht direkt vor der Fritteuse steht, denn da ist es eigentlich immer warm“, so Grokenberger. Über eine Klimaanlage verfügt der Imbiss nicht. Die Kühlung der Lebensmittel funktioniert gerade noch so, allerdings auch nur, weil die Kühlungsgeräte ohne Pause laufen. Wichtig für Grokenberger: Wasser. „Zur Zeit trinke ich fünf Liter am Tag, zwei mehr als normalerweise", sagt der Gastronom. Sein Geheimtipp gegen die Hitze: eine nasse Kopfbedeckung.

Auch die Backnanger Feuerwehr hat mit den hochsommerlichen Temperaturen und deren Auswirkungen zu kämpfen. Jan Kusche, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Backnang, ist zwar hohe Temperaturen am Einsatzort gewohnt, allerdings nicht schon während der Vorbereitung auf den Einsatz und auf dem Weg dorthin. Die Ausrüstung der Feuerwehrleute wiegt in etwa 30 bis 35 Kilogramm. Das fühle sich an, „als läuft man bei diesem Wetter mit einem Skianzug durch die Fußgängerzone", so Kusche. In voller Montur sind Temperaturen von über 40 Grad für die Feuerwehrmänner keine Seltenheit, im Falle eines Brands herrschen sogar Temperaturen um die 800 Grad. Bei sommerlichen Temperaturen jenseits von 30 Grad spielt die körperliche Grundfitness eine wichtige Rolle. Zur Sicherheit der Feuerwehrmänner sei bei den Einsätzen stets der Rettungsdienst vor Ort. Und nach dem Einsatz? „Wir trinken etwas Kühles, und anschließend wird kalt geduscht.“ Wassermangel herrscht bei der Feuerwehr glücklicherweise nicht. Als Durstlöscher dienen Wasser und Säfte, die in kleinen Mengen über den Tag verteilt getrunken werden.

Ist trotz Hitze guter Dinge: Carmen Wurst arbeitet auch im Sommer täglich an der Heißmangel.

Ist trotz Hitze guter Dinge: Carmen Wurst arbeitet auch im Sommer täglich an der Heißmangel.

Hitze und eine schwere Ausrüstung machen Jan Kusche und seinen Feuerwehrkameraden das Leben gerade ziemlich schwer.

Hitze und eine schwere Ausrüstung machen Jan Kusche und seinen Feuerwehrkameraden das Leben gerade ziemlich schwer.

Tobias Grokenbergers Kunden wollen auch im Sommer Frittiertes – und der Gastronom liefert.

Tobias Grokenbergers Kunden wollen auch im Sommer Frittiertes – und der Gastronom liefert.

Sven Lux (links) und Heiko Szarvas haben es dieser Tage noch schwerer als sonst: Hitze von oben, Hitze von unten und der Geruch von frischem Asphalt in der Nase. Die beiden Bauarbeiter sanieren mit ihrem Team die Plattenwaldallee – und kommen dabei sehr ins Schwitzen. Fotos: A. Becher

Sven Lux (links) und Heiko Szarvas haben es dieser Tage noch schwerer als sonst: Hitze von oben, Hitze von unten und der Geruch von frischem Asphalt in der Nase. Die beiden Bauarbeiter sanieren mit ihrem Team die Plattenwaldallee – und kommen dabei sehr ins Schwitzen. Fotos: A. Becher

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Erstellt:
1. August 2018, 06:00 Uhr

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