Beim Trainer-Team zählt auch die Größe
Bei Stuttgart Surge kümmern sich neben Chefcoach Jordan Neuman 22 weitere Spezialisten um Vorbereitung und Form der Footballer.

© Baumann
Ernste Sache für Chefcoach Jordan Neuman (re.) und sein Trainerteam: Bei den Footballern von Stuttgart Surge geht es um alles.
Von Jochen Klingovsky
Stuttgart - Vor jeder Partie in der European League of Football (ELF) gibt es im Gazi-Stadion einen feierlichen Moment. Mit der deutschen Nationalhymne stimmen sich die Teams und ihre Fans auf das ein, was auf sie in den nächsten drei Stunden zukommt. Und gleichzeitig bietet sich den Leuten auf den Tribünen dabei ein durchaus beeindruckendes Bild. Denn am Spielfeldrand stehen, während die Musik läuft, nicht nur die Footballer nebeneinander aufgereiht, sondern auch alle ihre Coaches – und das sind viele. Sehr viele.
„Es ist nicht wie beim Fußball. Wir haben einen Kader von 65 Spielern“, sagt Jordan Neuman, der Cheftrainer von Stuttgart Surge, „es gibt unter der Woche in der Vorbereitung unendlich viel zu tun, um am Ende ein gutes Spiel machen zu können. Deshalb bin ich sehr froh, einen großen Staff zu haben, der gut auf unser Team aufpasst.“ Und einen erheblichen Anteil am Erfolg hat.
Unter Jordan Neuman erreichte Stuttgart Surge 2023 das ELF-Finale, stand 2024 im Halbfinale und peilt in dieser Saison erneut das Endspiel an, das am 7. September in der MHP-Arena in Stuttgart stattfinden wird. Der Start war vielversprechend, vor dem Heimduell am Sonntag (16.25 Uhr) gegen die Cologne Centurions steht Surge bei einer Bilanz von 3:1. „Trotzdem gibt es noch viele Bereiche, in denen wir uns verbessern können“, sagt Coach Neuman – der zuversichtlich ist, dass es gelingt, das vorhandene Potenzial auszuschöpfen. Mit Hilfe seines Trainer-Teams.
Insgesamt umfasst der Surge-Betreuerstab (ohne medizinische Abteilung und Management) 23 Köpfe – 22 Männer und Nadine Nurasyid, die Assistenztrainerin für die Defensive ist. Damit, erklärt der Chef, sei man bestens aufgestellt. „Wir haben eine gute Situation“, sagt Jordan Neuman, und dennoch werde niemandem langweilig: „Jeder Coach hat eine besondere Aufgabe. Und egal, wer was zu tun hat, jeder muss seinen Job großartig erledigen, damit unsere Jungs großartig spielen können.“
Die Besonderheit am Football ist, dass jeder Mannschaftsteil einen eigenen Trainer hat. Neuman selbst ist nicht nur der Kopf, sondern auch der Offensive Coordinator und der Mann, der für die Quarterbacks zuständig ist. Seine wichtigsten Assistenten sind Johannes Brenner und Cody Pastorino, die für den Auftritt der Defensive verantwortlich sind. Dazu kommen unter anderem Trainer für die Special Teams, die Running Backs, die Offensive und die Defensive Line, die Tight Ends, die Wide Receiver, die Cornerbacks und die Fitness, dazu ein Spezialist für die Spielanalyse. Und für alle ist klar: Jedes Rädchen muss ineinandergreifen, um vorwärts zu kommen.
„Ich habe vor jedem Trainer-Team in der ELF großen Respekt, überall wird sehr gute Arbeit geleistet“, sagt Jordan Neuman, „doch zugleich bin ich der Meinung, dass wir den Nummer-eins-Staff stellen. Viele von uns haben selbst auf hohem Niveau gespielt und sind jetzt Coaches auf hohem Niveau. Dazu kommt, dass wir menschlich sehr, sehr gut harmonieren. Wir sind mehr als nur Kollegen, wir leben die selbe Philosophie.“ Was Johannes Brenner nur bestätigen kann. „Jeder von uns ist unterschiedlich“, sagt der Assistant Head-Coach, „aber alle zeigen während der Zusammenarbeit auf ihre Weise, wie sehr sie diesen Sport lieben.“ Der allerdings auch den Trainern viel abverlangt.
Fast alle Surge-Coaches machen ihren Job in Teilzeit, Johannes Brenner zum Beispiel ist Polizist in Schwäbisch Hall. „Jede freie Minute“ steckt der Familienvater in den Footballsport – und das schon seit vielen Jahren. Früher war Brenner bei den Schwäbisch Hall Unicorns einer der Passempfänger des damaligen Quarterbacks Neuman, seit 2017 ist er dessen Defensive Coordinator. Erst in Schwäbisch Hall, nun im dritten Jahr in Stuttgart, wo auch er die Größe des Stabes zu schätzen weiß. „Football ist wahnsinnig geprägt von Vorbereitung und Training, der Anteil ist größer als in jeder anderen Sportart“, sagt Johannes Brenner, „folglich müssen im Hintergrund sehr viele Leute die Fäden ziehen. Es ist allerdings nicht nur wichtig, ein großer Staff zu sein, man muss auch perfekt zusammenarbeiten. Wir machen das.“ Was auch an Jordan Neuman liegt.
Der Cheftrainer hat ein Händchen dafür, Teams zusammenzustellen, die harmonieren. Auf und neben dem Feld. „Er besitzt ein unglaubliches Gespür für Menschen, darin ist er ein wahrer Meister“, sagt Johannes Brenner, „er hat nicht nur eine analytische Seite, sondern er kann auch sehr emotional sein, wenn es darum geht, Menschen für eine Sache zu begeistern. Er ist der perfekte Anführer, ich könnte mir keinen besseren Cheftrainer wünschen. Es ist ein Segen, mit ihm zusammen das tun zu können, was wir alle lieben.“ Im Football erfolgreich zu sein.
Ob es in diesem Jahr vielleicht sogar gelingt, nach Ertönen der Nationalhymne in der MHP-Arena den Titel zu holen? Eine Garantie dafür gibt es nicht. Klar ist für Neuman nur, dass sein Trainer-Team alles dafür tun wird. „Philosophie, Kultur, Sachverstand – bei uns ist alles vorhanden“, sagt der Chef, „natürlich kann man im Football ohne talentierte Spieler nichts gewinnen. Doch der Weg zum Sieg beginnt beim Coaching-Staff.“