Privilegien

Bekommen Beamte „doppelt Kindergeld“?

Von Familienzuschlägen können TvÖD-Beschäftigte und „normale“ Berufstätige nur träumen. Aus einem kuriosen aber wohl unumstößlichen Grund werden Beamte bevorzugt.

Leistung ist für das deutsche Berufsbeamtentum nicht das wichtigste Kriterium, sondern das „Alimentationsprinzip“.

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Leistung ist für das deutsche Berufsbeamtentum nicht das wichtigste Kriterium, sondern das „Alimentationsprinzip“.

Von Michael Maier

Immer wieder hört man, Beamte würden „doppeltes Kindergeld“ erhalten. Das stimmt so allerdings nicht ganz. Der Begriff „doppeltes Kindergeld“ ist etwas irreführend und sorgt für gewisse Missverständnisse. Richtig ist, dass Beamte neben dem regulären Kindergeld - und weiteren Wohltaten - einen sogenannten Familienzuschlag erhalten. Dieser Zuschlag ist jedoch kein zweites Kindergeld, sondern Teil der Beamtenbesoldung und im Besoldungsgesetz verankert.

Was ist der Familienzuschlag für Beamte?

Der Familienzuschlag ist eine zusätzliche Leistung, die Beamten neben ihrem Gehalt ausgezahlt wird. Er soll die besondere Stellung und Verantwortung von Beamten berücksichtigen und dient der finanziellen Unterstützung von Familien. Die Höhe des Zuschlags ist abhängig von der Anzahl der Kinder, der Besoldungsgruppe des Beamten und dem Bundesland oder der Beschäftigung beim Bund. Im Gegensatz zum Kindergeld, welches steuerfrei ist, muss der Familienzuschlag allerdings versteuert werden.

„Doppeltes Kindergeld“ für Beamte?

Die Bezeichnung „doppeltes Kindergeld“ rührt daher, dass Beamte sowohl Kindergeld als auch den Familienzuschlag erhalten. Dies erweckt den Eindruck, sie bekämen die Leistung doppelt. Tatsächlich handelt es sich aber um zwei verschiedene Leistungen mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlicher Besteuerung.

Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass Beamte Anspruch auf beides haben – beim dritten Kind sogar auf wesentlich mehr als früher. Hintergrund ist das sogenannte „Alimentationsprinzip“ für Staatsdiener, bei dem der Gesetzgeber keinerlei Spielraum hat. Die einzige Möglichkeit ist es, die Zahl der Verbeamtungen außerhalb von Polizei und Zoll auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Wie hoch ist der Familienzuschlag?

Die Höhe des Familienzuschlags variiert. Für jedes Kind gibt es einen bestimmten Betrag, der sich nach der Besoldungsgruppe richtet. Für die ersten beiden Kinder ist der Zuschlag in der Regel geringer als für das dritte und jedes weitere Kind. Es gibt auch Unterschiede zwischen den Bundesländern und dem Bund.

Kein doppelter Familienzuschlag und Teilzeit-Abzug

Sind beide Elternteile Beamte, wird der Familienzuschlag nicht doppelt ausgezahlt, sondern aufgeteilt. Jeder Elternteil erhält die Hälfte des Zuschlags.

Bei Teilzeitbeschäftigung wird der Familienzuschlag anteilig zur Arbeitszeit gezahlt. Ein Beamter in Teilzeit erhält also einen entsprechend reduzierten Zuschlag. Eigentlich dürften Beamte aber gar nicht dauerhaft in Teilzeit arbeiten. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Beamtentums gehört eigentlich auch die Hauptberuflichkeit – ein Verfassungsprinzip, das im Gegensatz zur fast schon „heiligen“ Besoldung jedoch in der Praxis oft mit Füßen getreten wird.

Beamte sind privilegiert – TvÖD-Angestellte nicht

Klar ist indes, dass Beamte gegenüber anderen Berufsgruppen privilegiert sind – etwa auch im Vergleich zu Angestellten im Öffentlichen Dienst. Diese erhielten zu Zeiten des früheren BAT-Tarifvertrags ebenfalls einen Familienzuschlag, hatten aber kein Recht, zusätzlich noch Kindergeld zu beantragen. Immer wieder gab es deswegen Urteile wegen Betrugs gegen vermeintlich „Clevere“, die es trotzdem beim Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) in Fellbach oder anderswo versuchen wollten.

Treueverhältnis statt Dienstvertrag

Inzwischen ist das Problem „gelöst“: Der BAT wurde durch den TvÖD ersetzt – dieser erhält keinerlei Familienzuschläge mehr, und das Alimentationsprinzip gilt wirklich nur noch für Beamte. Die etwas kuriose rechtliche Begründung dafür: Beamte würden eigentlich „nicht arbeiten“, sondern in einem lebenslangen gegenseitigen Treueverhältnis zum Staat stehen, und zwar unabhängig von der erbrachten Dienstleistung.

Im Übrigen haben Beamte auch Anspruch auf eine private Krankenversicherung sowie auf wesentlich höhere Pensionen als DRV-Rentner – und sie bekommen erhebliche Zusatzleistungen für den Aufenthalt im Seniorenheim. Auf „normale“ Berufstätige oder auf dem Amt mal wieder von oben herab behandelte Antragsteller mag das Ganze in der Tat wie ein Popanz wirken – oder auch wie ein rotes Tuch.

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Erstellt:
18. September 2025, 11:02 Uhr
Aktualisiert:
18. September 2025, 14:24 Uhr

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