Betriebsrat befürchtet Schließung des Knorr-Werks

dpa/lsw Heilbronn. Knorr steht für Gewürzmischungen, Tütensuppen - und auch für Heilbronn. Hier wurde die Marke im Jahr 1838 erfunden. Doch den Gründungsstandort ereilt womöglich bald das Aus.

Der Schriftzug von "Knorr" steht an einem Gebäude. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Der Schriftzug von "Knorr" steht an einem Gebäude. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Angesichts einer befürchteten Schließung der traditionsreichen Knorr-Fabrik in Heilbronn hofft der Betriebsrat auf ein Einlenken der Unternehmensleitung. Der niederländisch-britische Konsumgüterkonzern Unilever, zu dem die Marke Knorr gehört, hatte am Montag verkündet, dass in Heilbronn ein „radikaler Umbau“ nötig sei, um auf „große Kostenprobleme“ zu reagieren. Der Betriebsratschef des Knorr-Standortes, Thilo Fischer, sagte am Dienstag auf Anfrage: „Heilbronn ist Knorr-Gründungsstandort. Für die Stadt Heilbronn und die Region wäre ein Aus unseres Werks ein enormer Rückschlag.“

Knorr ist vor allem für Gewürzmischungen und Tütensuppen bekannt - das Geschäft mit diesen sogenannten Trockenprodukten ist allerdings rückläufig. Das Unilever-Management hatte bei einer Beschäftigtenversammlung nach Angaben eines Unternehmenssprechers klargemacht, dass ein Stellenabbau auf keinen Fall auszuschließen sei. Unilever wies Berichte zurück, wonach konkret von einer Schließung des Werks die Rede gewesen sei. Betriebsratschef Fischer sagte indes, Unilever-Produktionschef Marc Engel habe deutlich gemacht, dass er aktuell kaum eine Zukunftschance für das Werk sehe. Es sei durchaus von einer „sukzessiven Schließung“ die Rede gewesen.

Der Unilever-Sprecher sagte, eine Entscheidung über die Zukunft des Standorts solle im ersten Quartal 2020 getroffen werden. „Wir haben bewusst keine genaue Deadline genannt, aber wir haben gesagt, dass relativ großer Handlungsdruck besteht.“ Die Werksleitung, der Betriebsrat sowie Belegschafts- und Gewerkschaftsvertreter müssten sich nun zusammensetzen und Lösungswege aufzeigen. Der Unilever-Konzernbetriebsratsvorsitzende Hermann Soggeberg zitierte Engel mit den Worten, jetzt müsse ein radikaler Wandel her, ansonsten gebe es „keine Chance“ für den Standort.

Unternehmensangaben zufolge arbeiten in Heilbronn im Werk und im Lager rund 570 Menschen. Betriebsratschef Fischer sprach von insgesamt knapp 700 Mitarbeitern, die inklusive der Logistiker und einiger kleinerer Segmente in Heilbronn beschäftigt seien.

Fischer sagte weiter, um das Werk in Heilbronn zu erhalten, müssten aus seiner Sicht Produktionsteile zurückgeholt werden, die bisher an externe Firmen vergeben seien. So könne das Werk seine Auslastung steigern und wesentlich kostengünstiger als aktuell produzieren. Dem Südwestrundfunk sagte Fischer, der Heilbronner Knorr-Standort strotze vor Know-how, man könne das Werk durch eine gute Auslastung hocheffizient machen. „Jedes Gramm, das wir verlieren, macht uns natürlich teurer.“

Unilever-Konzernbetriebsratschef Soggeberg forderte, in Heilbronn müsse die Produktion neuer Knorr-Produkte angesiedelt werden, um wieder besser dazustehen. Ein reiner Lohnverzicht der Beschäftigten könne keine Lösung sein. „Wenn es ausschließlich darum gehen sollte, Geld bei der Belegschaft einzusammeln, wird das nicht dafür sorgen, dass der Standort eine nachhaltige Zukunft hat. Dazu braucht es zunächst einmal erhebliche Investitionen in neue Technologie.“

Heilbronn ist der Knorr-Gründungsstandort - 1838 hatte Carl Heinrich Theodor Knorr dort sein „Specereiwaaren-Geschäft“ eröffnet. Kurze Zeit später, im Oktober 1838, folgten der Großhandel mit Landesprodukten sowie die Herstellung von Kaffee-Surrogaten. Aus den Anfängen entwickelte sich die Marke zu einem Begriff für industriell hergestellte Suppenerzeugnisse und Nahrungsmittel.

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Erstellt:
22. Oktober 2019, 15:22 Uhr

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