Bewährungsstrafe für Porsche-Fahrerin

Unfalltod eines zweijährigen Mädchens im Dezember 2017 hätte nach Auffassung des Amtsgerichts verhindert werden können

Prozess - Eine 45-Jährige hat beim Rückwärtsausparken ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Deshalb ist sie vom Amtsgericht verurteilt worden – zu einer Bewährungsstrafe.

Stuttgart Das Stuttgarter Amtsgericht hat am Donnerstag eine Frau wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe von sieben Monaten verurteilt, die Strafe aber zur Bewährung ausgesetzt. Die 45-Jährige muss darüber hinaus ihren Führerschein für drei Monate abgeben und 200 000 Euro an verschiedene Institutionen überweisen, darunter verschiedene Kreisverkehrswachten.

Die Angeklagte hatte im Dezember 2017 auf einem Parkplatz beim Tennisclub Doggenburg mit ihrem Porsche Cayenne rückwärts ausgeparkt und dabei ein zweijähriges Mädchen angefahren, das seinen schweren Kopfverletzungen noch am Unfallort erlag. Das Mädchen war mit seinem älteren Bruder und seinem Großvater über den Parkplatz gelaufen. Dieser wollte die beiden gerade an die Hand nehmen, als das Kind die fatalen Schritte hinter den Porsche machte.

Die Vorsitzende Richterin sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte ihre Sorgfaltspflicht verletzt hat. „Ich bin davon überzeugt, dass Sie gesehen haben, dass der Großvater seine Enkel nicht an der Hand hatte“, erklärte sie in der Urteilsbegründung. Zwar zeigte ein Gutachter am Donnerstag mittels 3-D-Simulation, dass die Frau das Kind aus dem Auto heraus nicht sehen konnte. Das jedoch spreche sie nicht von der Schuld frei, so die Richterin.

Die Angeklagte hätte sich „positiv versichern“ müssen, dass der Bereich hinter ihrem Auto frei ist oder sich von jemandem einweisen lassen – so schreibt es die Straßenverkehrsordnung explizit vor. Über weite Strecken des dritten und letzten Verhandlungstages stritten Anklage und Verteidigung auf Grundlage der Ausführungen eines Gutachters über die Frage, ob der Unfall mithilfe eines Einweisers hätte verhindert werden können.

Ein tödlicher Ausgang hätte nach Meinung des Gerichts außerdem vermieden werden können, wenn sich die Frau aus der Parklücke „herausgetastet“ hätte, sagte die Richterin. Stattdessen fuhr sie im Schritttempo heraus, laut Gutachten höchstens fünf Kilometer pro Stunde schnell.

Zu ihren Gunsten legte das Amtsgericht der Angeklagten aus, dass sie nicht vorbestraft sei. Die Frau, selbst Mutter zweier Kinder, zeigte sich bei ihrem Schlusswort aufgewühlt. Seit dem Unfall sei kein Tag vergangen, an dem sie nicht mit ganzem Herzen bei der betroffenen Familie sei, beteuerte die 45-Jährige.

Die Vorsitzende Richterin glaubte ihr zwar, sagte aber gleichzeitig, sie habe im Verlauf des Prozesses „richtige Reue und Einsicht nicht gesehen“. Als Beleg dafür nannte sie die Tatsache, dass die Angeklagte wenige Wochen nach dem Unfall mit dem Handy am Steuer erwischt worden war. Der Staatsanwaltschaft und dem Anwalt der Nebenklage stieß das übel auf.

„Da fehlen mir ehrlich gesagt die Worte“, so der Anwalt. Die Oberstaatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer eine Strafe von neun Monaten gefordert. Die Angeklagte habe ihre „allerhöchste Sorgfaltspflicht“ auf dem Parkplatz verletzt. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Die Frau sei davon ausgegangen, dass sich die Kinder in der Obhut des Großvaters befänden. Dessen Verhalten – die Kinder nicht an der Hand zu halten – sei „vernunftwidrig und außerhalb des Lebenserfahrung“ und somit für die Angeklagte nicht vorhersehbar gewesen.

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Erstellt:
23. April 2019, 10:17 Uhr

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