Bierige Genüsse in der Alten Schmiede

Für die Weissacher Familie Huber geht mit der eigenen Brauerei ein Traum in Erfüllung – Tälesbräu eröffnet am Samstag

Neugierige können schon seit einer Weile verfolgen, wie Andreas Huber im Weissacher Tälesbräu seine Biere herstellt. Denn die Fenster an dem sanierten historischen Gebäude an der Welzheimer Straße sind ganz bewusst so belassen worden, dass jeder Einblick in die Produktion nehmen kann. Mit der Eröffnung des Bräustübles Alte Schmiede am Samstag nimmt das im Jahr 2015 angestoßene Projekt endgültig Fahrt auf.

Sensorische Probe: Andreas (links) und Günter Huber prüfen beim Zwickeln Farbe, Geruch und Geschmack des Bieres im Gärtank. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Sensorische Probe: Andreas (links) und Günter Huber prüfen beim Zwickeln Farbe, Geruch und Geschmack des Bieres im Gärtank. Fotos: J. Fiedler

Von Armin Fechter

WEISSACH IM TAL. Mit der eigenen Brauerei erfüllen sich Andreas Huber und sein Vater Günter einen Traum. Erste Versuche mit der Bierherstellung in den heimischen vier Wänden, für den Hausgebrauch, wurden bereits in den 1990er-Jahren unternommen. Am Hobby des Vaters fand der Sohn Gefallen, er schrieb sich schließlich für ein einschlägiges Studium ein: Brauwesen und Getränketechnologie an der Technischen Universität München. Gelehrt wird der Studiengang im berühmten Weihenstephan. Den Bachelor hat Andreas Huber längst in der Tasche, derzeit schreibt der 28-Jährige an der Masterarbeit, in der es um die Frage geht, wie sich die Hopfenausbeute beim Brauen verbessern lässt. Zusätzlich zum Masterabschluss erwirbt er auch einen Titel als Diplom-Ingenieur.

Sein Augenmerk liegt aber zugleich auf dem Aufbau der Brauerei in Unterweissach. Technische Unterstützung leistet dabei Vater Günter Huber: Der studierte Maschinenbauer hat die Flaschenabfüllanlage konstruiert. Mit dem halbautomatischen System können vier Flaschen auf einmal gefüllt und mit Kronkorken verschlossen werden. Bei einer Stundenleistung von 300 bis maximal 400 Flaschen lassen sich täglich an die 2000 Flaschen erzielen. Aber, so Andreas Huber, „in der Regel“ werde der Ausstoß eher die Hälfte betragen – schließlich sind noch andere Arbeiten zu bewältigen. Und die verlangen bisweilen vollen Körpereinsatz. So muss er regelmäßig mit 25-Kilogramm-Säcken voll Malz hantieren. Mehrere Sorten dieses Grundstoffs lagern im Vorratsraum. Das Malz wird im Sudhaus in einem großen Behälter mit Wasser vermischt – 95 Kilo braucht es für 500 Liter Bier. Beim Wasser setzt Huber eine Enthärtungsanlage ein, um die Härte von den in Weissach üblichen rund 20 Grad auf 8 zu senken.

Die Wasser-Malz-Mischung wird stufenweise erhitzt und anschließend abfiltriert. In diese Würze gibt Huber nun den Hopfen dazu – auch davon gibt es eine große Auswahl an Sorten, die je nach Geschmacksziel zum Einsatz kommen. Im nächsten Schritt wird der Sud erneut abfiltriert und stark abgekühlt, um anschließend in die Gärtanks geleitet zu werden. Dort kommt Hefe dazu. Sie wandelt den im Sud enthaltenen Zucker in Alkohol um. Rund um die Hefe entwickelt sich derzeit, wie Huber berichtet, eine neue Diskussion, die das unter den Experten inzwischen ausgereizte Thema Hopfen abzulösen beginnt. Hefen seien für 70 Prozent des Geschmacks im Bier verantwortlich, Hopfen hingegen sei nur zu 20 und Malz gar nur zu 10 Prozent beteiligt. Daher habe die richtige Auswahl an Hefen entscheidende Bedeutung.

Woiza, Schnätterle und so manche Spezialitäten reifen in den Tanks

An einem Tag kann der Brauer zwei Sude à 500 Liter herstellen – genug für einen der drei 1000-Liter-Tanks, in denen das Bier am Ende etwa eine Woche lang reift. Zwei der Behälter sind für die Standardsorten – das „Schnätterle“, ein Helles, und das „Weissacher Woiza“ – reserviert. In den dritten kommen Spezialitäten, die „Saisonbiere“. Daneben braut Huber auch Raritäten wie das „Reformator“, ein naturtrübes Doppelbockbier, das er anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums zu den ökumenischen Kirchentagen im Weissacher Tal kreiert hat.

Um den Produktionsprozess im Auge zu behalten, benutzt Huber eine Tanksteuerung, die die Temperaturen überwacht und Gärprotokolle und Chargenbegleitscheine erstellt. Zudem leistet er sich zur Qualitätssicherung ein eigenes kleines Labor, in dem er mikrobiologische Messungen vornehmen kann. Ergänzt wird dies noch durch eine Versuchsanlage, die dem Braumeister zum Experimentieren dient, wo aber auch Brauseminare abgehalten werden sollen.

Aber Gerstensaft ist nicht das einzige Wertvolle, was beim Brauen entsteht: Auch die Malzrückstände – der Treber – können sinnvoll weiterverwertet werden. Ein Teil davon wird als Futter an die Landwirtschaft abgegeben, ein Teil bildet eine Zutat im Treberbrot, wie es die Weissacher Bäckerei Trefz herstellt.

Diese würzige Brotvariante soll es auch in der Gaststätte geben, kündigt Günter Huber an, der zusammen mit seiner Ehefrau die Küche im Bräustüble übernimmt. Deftige Vesper und einfache warme Gerichte – Bratwürste, Schnitzel und dergleichen – stehen auf der schwäbischen Karte, sonntags auch mal Braten. Dabei setzt die Familie Huber auf regionale Produkte: Fleisch und Wurstwaren von der Oberweissacher Metzgerei Höfer, Kaffee von einer Rösterei in Schorndorf, Rebensaft von einem Weingut in Schwaikheim und Spirituosen von der Brennerei Friz auf dem Reichenberg.

In der Gaststätte ist Platz für 52 Gäste. 75 Plätze kommen im Biergarten zwischen Kamin, Kalthalle und Brauerei dazu. Das Ambiente im Inneren mit Backsteinen und alten Holzbalken erinnert an die Vergangenheit des Gebäudes, das der Tonwarenfabrik Rombold als Schmiede und Schlosserei diente. 2015 haben die Hubers ihre Firma Weissacher Tälesbräu gegründet. Im Team dabei ist die ganze Familie: neben Günter und Andreas auch Christian, Gabriele, Martina, Tobias, Sarah und Antonia Huber. Andreas’ Freundin Jessica hilft ebenfalls mit.

Im Frühjahr 2017 wurden Grundstück und Gebäude erworben. Kurz darauf begannen die Bauarbeiten. Die originale Bausubstanz sollte dabei möglichst weitgehend erhalten bleiben. Die Fassadengestaltung mit Kacheln geht auf eine Idee des Weissacher Architekten Herbert Häußer zurück: Die weißen Tafeln sollen den Bierschaum, die Krone, symbolisieren.

Die Eröffnung findet am Samstag, 24. November, ab 13 Uhr statt. Mit dabei sind die Weissacher Dorfmusikanten und am Abend die Kerbholz-Combo. Die erste Halbe zapft Bürgermeister Ian Schölzel. Für Interessierte gibt es den Nachmittag über Brauereiführungen.

Kisten mit Flaschen stehen bereit: Tälesbräu-Biere gibt es in drei verschiedenen Flaschengrößen.

© Jörg Fiedler

Kisten mit Flaschen stehen bereit: Tälesbräu-Biere gibt es in drei verschiedenen Flaschengrößen.

Schmuckkästchen an der Welzheimer Straße: Die hellen Kacheln symbolisieren Bierschaum.

© Jörg Fiedler

Schmuckkästchen an der Welzheimer Straße: Die hellen Kacheln symbolisieren Bierschaum.

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Erstellt:
23. November 2018, 06:00 Uhr

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